Viel Wirbel um eine fragwürdige Studie
Eine Untersuchung schürt Zweifel am Sinn des Maskentragens – auf höchst wackeliger Basis.
Die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen ist hierzulande soeben entfallen, da sorgt eine Studie des renommierten Forschungsnetzwerks Cochrane für Zündstoff. In dem Papier bündeln die Autoren Studienergebnisse zur Wirksamkeit etwa von Quarantäne, Händewaschen und Maskentragen gegen die Ausbreitung von Viren.
Dafür untersuchten die Wissenschaftler 78 Studien, darunter Arbeiten zum Influenza-virus, zum Covid-erreger Sars-cov-2 oder zum schweren akuten respiratorischen Syndrom (Sars). Die Mehrzahl der Erhebungen bezieht sich auf Infektionszeiträume bis ins Jahr 2016, also nicht auf die Corona-pandemie.
Auf Basis der Unterlagen schreiben die Verfasser, dass das Tragen von Masken in der Bevölkerung wahrscheinlich einen geringen oder keinen Einfluss auf das Auftreten von Atemwegserkrankungen hat, schränken allerdings ein: „Das hohe Risiko von Verzerrungen, die Unterschiede bei der Messung der Ergebnisse und das relativ geringe Befolgen der Maßnahmen während der Untersuchungszeiträume machen es schwer, eindeutige Schlüsse zu ziehen.“Wie gut Masken tatsächlich vor dem Corona-virus schützen, müsse deshalb dringend weiter untersucht werden.
„Weitreichenden Deutungen“in sozialen Medien entgegnen die Cochrane-verfasser: Zu bedenken sei, dass die meisten der begutachteten Studien Eingriffe wie etwa das Bereitstellen von Masken untersuchten. Ob und in welchem Umfang diese dann auch von den Menschen getragen worden seien, sei jedoch nicht sicher.
„Wenig aussagekräftig“
„Die Cochrane-studie ist wenig aussagekräftig“, erklärt auch Eberhard Bodenschatz, Professor für Physik und Direktor am Maxplanck-institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen: Es sei problematisch, dass die Untersuchung verschiedene Atemwegserkrankungen wie etwa Corona und normale Grippe zusammenführe. „Unsere Studien haben eindeutig gezeigt, dass
Masken physikalisch ein wunderbarer Schutz sind“, sagt Bodenschatz. Sie verbesserten den Infektionsschutz mindestens um den Faktor 10 bis 100.
Bodenschatz äußert auch Kritik an den Cochrane-autoren: „In einem Satz schreiben sie, Masken wirken nicht, und einen Absatz später räumen sie ein, dass sie es eigentlich nicht sagen können.“Diese Art der Kommunikation sei unglücklich.
Diverse wissenschaftliche Analysen belegen, dass Masken vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen. Eine Studie, die 2020 in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“veröffentlicht wurde, ergab beispielsweise, dass Schutzmasken das Infektionsrisiko deutlich senken können.
Eine Ende 2021 im Fachblatt „PNAS“veröffentlichte Untersuchung, an der Bodenschatz beteiligt war, ergab ebenfalls, dass Masken das Infektionsrisiko reduzieren können: Tragen eine nicht-infizierte und eine infizierte Person Ffp2-masken, beträgt das Ansteckungsrisiko nach 20 Minuten demnach selbst auf kurze Distanz in einem Raum kaum mehr als ein Promille.
Die Cochrane-studie taugt daher nicht als Beleg für die häufig von Maskengegnern vorgetragene Behauptung, dass Masken kaum oder gar nicht vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen.