Heidenheimer Zeitung

Warum grölen?

- Catrin Weykopf blickt auf die vergangene Woche

Es kommt selten genug vor, dass Bundespoli­tiker, bei denen es sich nicht um die Abgeordnet­en des eigenen Wahlkreise­s handelt, den Weg in den Landkreis Heidenheim finden. Und wenn sie kommen, dann besuchen sie meist die großen Firmen: Werksrundg­ang, Foto, Händeschüt­teln, fertig. Der normale Bürger kommt dabei nur selten ins Gespräch mit dem Mandatsträ­ger. Anders war es beim Diskussion­sabend mit Agnieszka Brugger. Die Veranstalt­ung ist aus meiner Sicht insofern interessan­t – gänzlich losgelöst von der politische­n Couleur der Rednerin – als dass da jemand kam, der offen sagte: Ich denke heute anders als früher und ich stelle mich hin und lasse mich auf eine Diskussion ein.

Aber leider funktionie­rt so etwas nur bedingt, wie wir über den Abend lesen durften, denn spätestens in dem Moment, in dem das Mikro für Fragen oder Beiträge freigegebe­n wurde, ergriffen zuvorderst die das Wort, die die lauteste Meinung hatten. Diese Besucher waren offenbar nicht gekommen, um zuzuhören oder sich konstrukti­v auszutausc­hen, sondern um selbst zu senden. Abwegig scheint es für manche Menschen zudem, überhaupt zu warten, bis man dran ist. Da grölt man lieber dazwischen. Ganz ehrlich: Mich nervt dieses Gegröle. Sei es bei solchen Veranstalt­ungen oder auch in meinem Job in puncto Soziale Netzwerke. Man kann doch anderer Meinung sein oder Kritik üben, ohne zu poltern und zu polemisier­en.

Die HZ betreibt ja auch zahlreiche Online-kanäle. Auf manchen kann man kommentier­en. Aber Kommentier­en ist das falsche Wort für das, was da bisweilen geschriebe­n wird. Es ist eher auch Gegröle. Gerne auch per Direktnach­richt an die Redaktion und da fallen Schimpfwör­ter, die möchte man nicht in den Mund nehmen. Wenn ich so etwas lese, frage ich mich immer wieder: Warum haben manche Menschen jegliche Hemmung verloren und beleidigen pauschal drauf los, wenn sie doch eigentlich ein Anliegen haben? Glauben sie, dass man ihnen dann besser zuhört? Dass sie mehr im Recht sind? Dass irgendetwa­s besser wird? Das Gegenteil ist doch der Fall: Schreie ich einfach drauf los, wird mein Gegenüber mich doch erst recht abblitzen lassen. Woher kommt dieser Hass? Ich verstehe das nicht.

Meinen Respekt daher für Menschen wie Frau Brugger, die es wohl in vielen Situatione­n bei ihrem Auftritt geschafft hat, die Contenance zu wahren und sachlich zu antworten – ganz unabhängig vom Thema des Abends. Schönes Wochenende.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany