Warum grölen?
Es kommt selten genug vor, dass Bundespolitiker, bei denen es sich nicht um die Abgeordneten des eigenen Wahlkreises handelt, den Weg in den Landkreis Heidenheim finden. Und wenn sie kommen, dann besuchen sie meist die großen Firmen: Werksrundgang, Foto, Händeschütteln, fertig. Der normale Bürger kommt dabei nur selten ins Gespräch mit dem Mandatsträger. Anders war es beim Diskussionsabend mit Agnieszka Brugger. Die Veranstaltung ist aus meiner Sicht insofern interessant – gänzlich losgelöst von der politischen Couleur der Rednerin – als dass da jemand kam, der offen sagte: Ich denke heute anders als früher und ich stelle mich hin und lasse mich auf eine Diskussion ein.
Aber leider funktioniert so etwas nur bedingt, wie wir über den Abend lesen durften, denn spätestens in dem Moment, in dem das Mikro für Fragen oder Beiträge freigegeben wurde, ergriffen zuvorderst die das Wort, die die lauteste Meinung hatten. Diese Besucher waren offenbar nicht gekommen, um zuzuhören oder sich konstruktiv auszutauschen, sondern um selbst zu senden. Abwegig scheint es für manche Menschen zudem, überhaupt zu warten, bis man dran ist. Da grölt man lieber dazwischen. Ganz ehrlich: Mich nervt dieses Gegröle. Sei es bei solchen Veranstaltungen oder auch in meinem Job in puncto Soziale Netzwerke. Man kann doch anderer Meinung sein oder Kritik üben, ohne zu poltern und zu polemisieren.
Die HZ betreibt ja auch zahlreiche Online-kanäle. Auf manchen kann man kommentieren. Aber Kommentieren ist das falsche Wort für das, was da bisweilen geschrieben wird. Es ist eher auch Gegröle. Gerne auch per Direktnachricht an die Redaktion und da fallen Schimpfwörter, die möchte man nicht in den Mund nehmen. Wenn ich so etwas lese, frage ich mich immer wieder: Warum haben manche Menschen jegliche Hemmung verloren und beleidigen pauschal drauf los, wenn sie doch eigentlich ein Anliegen haben? Glauben sie, dass man ihnen dann besser zuhört? Dass sie mehr im Recht sind? Dass irgendetwas besser wird? Das Gegenteil ist doch der Fall: Schreie ich einfach drauf los, wird mein Gegenüber mich doch erst recht abblitzen lassen. Woher kommt dieser Hass? Ich verstehe das nicht.
Meinen Respekt daher für Menschen wie Frau Brugger, die es wohl in vielen Situationen bei ihrem Auftritt geschafft hat, die Contenance zu wahren und sachlich zu antworten – ganz unabhängig vom Thema des Abends. Schönes Wochenende.