Schon wieder Grabungen?
Bevor die freie Fläche im Gerstetter Zentrum bebaut werden kann, muss sie von Archäologen untersucht werden. Wie kommt es zur erneuten Begegnung zwischen Gemeinde und Landesdenkmalamt?
Scherben, eine Straße, Siedlungsspuren aus der Bronzeund Jungsteinzeit. Was Archäologen auf der Fläche rund um den Gardena-standort bei Heuchlingen gefunden haben, ist sicherlich alles andere als uninteressant. Die Worte teuer und langwierig sind aus Sicht der Gemeinde Gerstetten aber wohl ebenso zutreffend. Schließlich muss sie die Kosten für die Grabungsarbeiten in dem neuen Gewerbegebiet übernehmen.
Und nicht nur dort: Auch im Baugebiet Vordere Gasse in Heldenfingen sollen archäologische Grabungen Aufschluss über die Vergangenheit bringen. Veranschlagt sind dafür im aktuellen Haushaltsplan 150.000 Euro und darüber hinaus vermutlich auch einiges an Zeit. Weiter geht es jetzt mit einer freien Fläche zwischen Seeplatz und Bismarckstraße im Zentrum Gerstettens. Das Areal misst insgesamt circa 6600 Quadratmeter und wurde in den vergangenen Jahren sukzessive von der Gemeinde erworben. Auch dort, so war im Gemeinderat zu hören, müssen jetzt die Archäologen ran.
Häufung von Ausgrabungen
Wie es zu dieser zumindest gefühlten Häufung von archäologischen Grabungen in und um Gerstetten kommt? Im Gerstetter Rathaus vermutet man – abgesehen vom Gardena-areal, wo sich die Notwendigkeit archäologischer Untersuchungen eher überraschend ergeben hat – den Grund darin, dass in der Gemeinde in jüngster Zeit eine zunehmende
innerörtliche Entwicklung betrieben wurde bzw. wird. Heißt: Die Flächen und Baugebiete befinden sich dort, wo das Landesdenkmalamt in seinem Kartenmaterial archäologische Prüfflächen vermerkt hat. Und die wiederum
sind in aller Regel dort zu finden, wo aufgrund einer Quelle eine historische Siedlungstätigkeit bekannt ist oder doch zumindest vermutet wird. Logisch, dass das auf die historischen Ortskerne der Albgemeinde Gerstetten und
deren Teilorte besonders häufig zutrifft.
Dass auf den Prüfflächen überhaupt etwas gebaut werden soll, erfährt das Landesdenkmalamt von der Gemeinde. Und zwar in der Regel dann, wenn der Ge
meinderat ein Bebauungsplanverfahren auf den Weg bringt. Gehört werden müssen im Zuge dessen auch die sogenannten Träger öffentlicher Belange. Die Polizei schaut also auf den Bebauungsplan und prüft, ob aus ihrer Sicht alles in Ordnung geht. Genauso Naturschutzbehörden, das Landratsamt und nicht zuletzt eben auch die Denkmalschützer. Auch sie prüfen also, sichten das Kartenmaterial und geben eine Stellungnahme ab. Hat die Gemeinde selbst Anhaltspunkte dafür, dass eine Fläche archäologisch relevant sein könnte, kann sie darüber hinaus auch selbst Kontakt mit dem Landesdenkmalamt aufnehmen – unabhängig von einem Bebauungsplanverfahren.
Befunde aus Voruntersuchungen
Im Fall der jetzt betroffenen Fläche zwischen Seeplatz und Bismarckstraße haben die Voruntersuchungen des Landesdenkmalamts Befunde einer früh- bis hochmittelalterlichen Besiedlung ergeben. Das Amt hält also Grabungen zur Dokumentation der Befunde für notwendig. Kurz gesagt: ohne Grabung keine Bebauung. Auch der Gemeinderat kennt dieses Vorgehen inzwischen. Einstimmig hat das Gremium daher beschlossen, die notwendigen archäologischen Grabungen auf der Fläche auszuschreiben. Rechnen muss die Gemeinde mit einem finanziellen Aufwand im unteren sechsstelligen Bereich sowie einer Grabungsdauer von drei bis fünf Monaten.
Noch etwas warten müssen also die Pläne der Gemeinde. Genaueres dazu will man im Gerstetter Rathaus noch nicht verraten. Nur so viel: Man wolle zwischen Seeplatz und Bismarckstraße weitere Flächen für den innerörtlichen Wohnungsbau bereitstellen.