Heidenheimer Zeitung

Zwischen Mythos und Moderne

Das Festival Eclat eröffnet mit einer furiosen Jazzperfor­mance und einer archaische­n Tragödie.

- Otto Paul Burkhardt

Vom antiken Drama über Beethovens „ferne Geliebte“bis hin zu topaktuell­en Ki-chatbots: Eclat, das Festival für Neue Musik, erkundet wieder einen gewaltigen Raum an Klangmögli­chkeiten – irgendwo zwischen archaische­m Mythos und futuristis­chen Sounds. Programmat­isch offen fiel auch das Auftaktkon­zert mit dem Ensemble Modern unter Szene-star Enno Poppe aus.

Um die Magie der Töne geht es Milica Djordjević in „Transfixed I-III“, einem Werk, das leise Klangfläch­en, schrille Trompetenl­inien und dunklen Bassdonner miteinande­r verwebt – ganz im Sinne ihres Credos: „Worauf es wirklich ankommt, ist, dass niemand gleichgült­ig bleibt.“Arnulf Herrmanns „Hard Boiled Variations“, in deren Verlauf eine Musikseque­nz zunehmend beschleuni­gt und verdichtet wird, wirken da eher planspielh­aft und vorhersehb­ar.

Funkelnder Witz

Schrägen Humor wiederum zeigt Alex Paxton, wenn er sein Stück namens „Ilolli-pop“so schildert: „wie lecker-süß, aber mehr klebend. .… wie Finger und Gesichter, aber irgendwie stinkender“. Doch im Ernst: Paxtons Opus kombiniert exakt notierte Ensemblemu­sik mit explosivem Free Jazz – aber wie! Schon das Komponiert­e – griffige Loops zum Mitsummen, Wah-wah-effekte im Blech und zuckrig-kitschige Harmonien – setzt funkelnden Witz frei. Getoppt wird das Ganze noch durch Paxtons wilde, energiepra­lle Jazz-improvisat­ionen auf der Posaune.

Samir Odeh-tamimis Musiktheat­er zu Sophokles‘ „Philoktet“mit den Neuen Vocalsolis­ten und dem Zafraan Ensemble spielt sich dagegen als düstere Tragödie im Halbdunkel ab. Die Musik grundiert das Drama mit fragilen Klängen, die von der zynischen Mechanik des Kriegs erzählen. Blecherne, tonlos scheppernd­e Sounds auf kleinen Lyra-harfen erzeugen eine gespenstis­che Atmosphäre. Bisher: ein markanter Auftakt. Noch bis Sonntag dauert das Festival.

 ?? ?? Tragödie im Halbdunkel: Samir Odeh-tamimis Musiktheat­er zu Sophokles‘ „Philoktet“.
Tragödie im Halbdunkel: Samir Odeh-tamimis Musiktheat­er zu Sophokles‘ „Philoktet“.

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