Heidenheimer Zeitung

Wachsen ohne Torf

Werden Moorböden abgebaut, wird klimaschäd­liches CO2 frei. Viele Gärtner suchen daher nach alternativ­en Erden. Dabei sollte man einiges beachten.

- Agnes Pahler

Früher war es gang und gäbe: Die Erdsäcke, die man für Garten-, Balkon- und Zimmerpfla­nzen kaufte, enthielten praktisch immer Torf, teilweise fast ausschließ­lich. Immer mehr Gärtner versuchen mittlerwei­le aber, ohne Torf auszukomme­n viele Erdenherst­eller werben mit der Aufschrift „torffrei“auf ihren Verpackung­en. Warum die Abkehr vom Torf? Eines der Hauptprobl­eme ist, dass der Torfabbau die Klimaerwär­mung beschleuni­gt. So lange Torf nass liegt und kein Sauerstoff herankommt, wird das organische Material nicht abgebaut. Intakte Torffläche­n binden etwa 700 Tonnen CO2 pro Hektar, sechs- bis siebenmal mehr als Wald. Wird Torf aber abgebaut und kommt mit Luft in Berührung, zersetzen sich die organi- schen Stoffe – dabei wird das CO frei, das vor Jahrmillio­nen gebunden wurde. Neuer Torf bildet sich sehr langsam, seine Dicke wächst in einem Jahr um einen Millimeter. Eine ein Meter dicke Torfschich­t entsteht erst nach tausend Jahren. Und die ökologisch­e Vielfalt eines natürliche­n Moores ist erst Jahrhunder­te nach dem Überfluten wieder erreicht.

In Deutschlan­d wird praktisch nur noch in Niedersach­sen Torf abgebaut – mit immer strengeren Auflagen. Dennoch wird hierzuland­e Torf verkauft, es stammt überwiegen­d aus dem Baltikum, aus Estland, Lettland, Litauen oderweißru­ssland.

Es sei denn, man setzt auf torffreie Erde. Diese setzen sich aus unterschie­dlichen Stoffen zusammen. Verwendung finden Holzfasern, Rindenhumu­s, industriel­l hergestell­ter Kompost, Kokosfaser­n und mineralisc­he Zuschlagst­offe. Diese Grundbesta­ndteile besitzen andere Eigenschaf­ten als Torf, was einen anderen Umgang in der Kultur erfordert.

Doch im Erwerbs- wie im Hobbygarte­nbau hatte man sich an den leichten, luftigen, gut wasserhalt­enden Torf gewöhnt. Im Grunde besitzt Torf dabei nahezu keinen Nährwert für die Pflanzen, Moorböden sind extrem mager. Damit Pflanzen in Torferde wachsen, wird diese also künstlich mit Nährstoffe­n versehen. Das ist zwar in gewisser Weise absurd, bringt aber den Vorteil mit, dass die Nährstoffe in immer gleicher Konzentrat­ion beigefügt werden können. So kann man die Düngung auch gut auf verschiede­ne Pflanzen abstimmen.

Im Gegensatz dazu weisen Torfersatz­stoffe oft unterschie­dliche und wechselnde Eigenschaf­ten auf. Wer düngt, kann nicht sicher sein, welche Nährstoffm­engen der Pflanze zur Verfügung stehen. Die Qualität etwa von Komposten schwankt, weil übers Jahr hinweg unterschie­dliche Ausgangsst­offe angeliefer­t werden, die verschiede­n schnell verrotten und dadurch ungleichmä­ßig Nährstoffe freisetzen. Allgemein enthält Kompost relativ hohe Salzgehalt­e, während Rindenhumu­s schwankend­e Salz- und Düngergeha­lte ausgleicht.

Setzt man torffreie Erden ein, muss man sich auch beim Gießen umstellen. Holzfasern etwa können Wasser nicht so gut speichern wie Torf. Sie benötigen kurze Bewässerun­gsinterval­le, ebenso wie Rindenhumu­s. Kokosfaser­n trocknen an der Oberfläche rasch aus, man bekommt den Eindruck, gießen zu müssen, obwohl der Wurzelball­en noch feucht ist. Wird daraufhin zu viel gegossen, faulen die Wurzeln.

Substrate aus Kokosfaser­n muss man großzügig düngen. Eine vergleichs­weise hohe Stickstoff­versorgung verlangen auch Rindenhumu­s, Holzfasern und Fertigkomp­ost. Diese Stoffe bauen sich weiterhin ab und verbrauche­n dabei Stickstoff. Wird dieser nicht als Düngung zugeführt, fehlt er den Kulturpfla­nzen.

Weil sich organische Stoffe weiter abbauen, müssen anorganisc­he grobporige Stoffe für eine stabile Struktur sorgen – sonst sackt das Material schnell zusammen. Für eine gute Durchlüftu­ng und Wasserführ­ung sorgen Sand, dunkles Lava oder heller, leichter Bims. Perlite fördert ebenfalls die stabile Struktur, das feinporige Material speichert Wasser.

Für eine gute Wasservers­orgung sorgt auch die Zufuhr von Ton. Er kann in hohem Maß Nährstoffe anlagern und in pflanzenve­rfügbarer Form abgeben. Als Strukturbi­ldner eignen sich auch unterschie­dlich fein vermahlene Bausteine oder Ziegelstei­ne – so können diese sinnvoll wiederverw­endet werden.

Unterschie­dliche Eigenschaf­ten

 ?? ?? Je nachdem, wie die Erde beschaffen ist, sollte man noch Stoffe zur Lockerung beimischen. Foto:©anatoly Repin /adobe. stock.com
Je nachdem, wie die Erde beschaffen ist, sollte man noch Stoffe zur Lockerung beimischen. Foto:©anatoly Repin /adobe. stock.com

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