Aufstieg aus dem Helferstatus
Auch für ungelernte Arbeitskräfte gibt es diverse Möglichkeiten zur beruflichen Qualifizierung. Schulabschlüsse können nachgeholt, eine Ausbildung absolviert werden. Ab Juli winkt sogar Weiterbildungsgeld.
Kein Schulabschluss, keine Berufsausbildung: Trotzdem gibt es für Ungelernte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Sie arbeiten etwa im Lager, am Fließband, im Reinigungsbereich oder als Helfer in der Küche oder im Büro. Im Handwerk gibt es in bestimmten Bereichen ebenfalls Jobs für Ungelernte.
Gut 5,5 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte in Deutschland hatten nach einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit zum Stichtag 31. März 2022 den beruflichen Status „Helfer“. Am 30. Juni 2013 waren es rund 4,03 Millionen gewesen.
Auch wenn die Zahl der Helfer über die Jahre gestiegen ist: Unter allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – 34,3 Millionen gab es zum Stichtag 31. März 2022 deutschlandweit – machen sie nah wie vor nur einen geringen Anteil aus. Tätigkeiten, für die keine besonderen Qualifikationen erforderlich sind, werden besonders häufig von Leiharbeitsfirmen ausgeschrieben. „Dies beschleunigt die Jobsuche“, sagt Olaf Craney vom Deutschen Verband für Bildungs- und Berufsberatung. „Es heißt aber auch, dass ein Dritter mitverdient.“
Man kann zu Helferjobs auch über Beziehungen, Kontakte oder Initiativbewerbungen kommen. Die erste Kontaktaufnahme erfolgt in aller Regel formlos. „Man geht zu einem potenziellen Arbeitgeber und spricht vor“, erklärt Craney. Ansprechpartner sind in der Gastronomie etwa die Restaurantbesitzerin oder im Baubereich der Maurermeister. „Bei solchen Gesprächen ist es aufgrund feh
lender Qualifikationen immer besser, bisherige berufliche Erfahrungen und persönliche Stärken in den Vordergrund zu stellen“, rät Christian Ludwig von der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.
Wer ohne formale berufliche Qualifikationen einen Job bekommen hat, kann sich allerdings in beruflicher Hinsicht nicht unbedingt in Sicherheit wähnen. Erstens ist die Bezahlung oft vergleichsweise schlecht. Zweitens sind die Tätigkeiten von Ungelernten oft solche, die sonst niemand machen möchte. Und drittens sind Ungelernte nicht selten
die ersten, die die Kündigung erhalten, wenn ein Unternehmen in eine Krise gerät. „Das sind alles gute Gründe für Ungelernte, möglichst schnell Abschlüsse nahzuholen oder wenigstens Qualifizierungen anzugehen“, sagt Olaf Craney.
Ein Weg kann sein, den Arbeitgeber, bei dem man gerade beschäftigt ist, gezielt anzusprechen und um Unterstützung zu bitten bei dem Vorhaben, einen Schulabschluss und eine Ausbildung zu absolvieren. Der Arbeitgeber kann sich wiederum an die Agentur für Arbeit wenden und drauf hinweisen, dass er einen engagier
ten und motivierten Helfer im Huse hat, aus dem er gerne eine Fachkraft machen möchte. Für solche Fälle gibt es von der Agentur für Arbeit Zuschüsse zum Arbeitsentgelt. „Oft ist es sogar möglich, dass die Ausbildung verkürzt werden kann, wenn der Helfer durch die Tätigkeit praktische und theoretische Erfahrungen aufweisen kann“, sagt Olaf Craney.
„Ungelernte können sich aber auch selbst von der örtlichen Arbeitsagentur beraten lassen und sich dort über Fördermöglichkeiten informieren“, erklärt Christian Ludwig. Wichtig im Vorfeld:
Betroffene sollten sich über ihre eigenen Stärken und Interessen in Ruhe Gedanken machen und sie klar benennen können.
Mit dem Bürgergeldgesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, werden die Möglichkeiten zur Qualifizierung, vor allem von Geringqualifizierten, weiter gestärkt. Im Fokus sind hierbei unter anderem abschlussorientierte Weiterbildungen. „Zudem ist der Erwerb eines Berufsabschlusses auch über Teilqualifizierungen möglich, die über einen längeren Zeitraum laufen“, sagt Christian Ludwig. Teilqualifizierung bedeutet: Die Ausbildung wird in Etappen absolviert. Diese bauen aufeinander auf, jede einzelne Etappe führt zu einem Zertifikat.
Um Ungelernte zu motivieren und ihr Durchhaltevermögen bei einer abschlussorientierten Weiterbildung zu stärken, gibt es ab 1. Juli 2023 ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro. Zudem winken Weiterbildungsprämien für bestandene Zwischen- und Abschlussprüfungen. Bei einer bestandenen Zwischenprüfung beträgt die Prämie 1000 Euro, nach einer erfolgreich absolvierten Abschlussprüfung gibt es 1500 Euro.
Wer an einer Weiterbildung teilnimmt, die nicht auf einen Berufsabschluss zielt und länger als acht Wochen dauert, hat ebenfalls ab Juli 2023 Anspruch auf den sogenannten Bürgergeldbonus: Er beträgt für die Dauer der Qualifizierung 75 Euro monatlich. Olaf Craney zieht insgesamt ein positives Fazit: „Für Ungelernte gibt es gute Optionen, einen Schulund Berufsabschluss zu erlangen.“