Heidenheimer Zeitung

Der nächste Flüchtling­sgipfel

Die Zahl der Asylsuchen­den hat einen neuen Höchststan­d erreicht. Viele Kommunen sehen sich an der Belastungs­grenze.

- André Bochow

Noch steht der Termin nicht fest, aber irgendwann im Februar werden sich jene treffen, die schon im Oktober über das Thema Flüchtling­e beraten haben: die Bundesinne­nministeri­n, die Bundesbaum­inisterin, die Vertreter der Innenminis­terkonfere­nz und die der Kommunalen Spitzenver­bände. So bestätigte es ein Sprecher von Nancy Faeser (SPD), die zuvor im ZDF einen neuen Flüchtling­sgipfel angekündig­t hatte. Der Kanzler ließ ausrichten, dass er das Thema „sehr ernst“nehme, eine Teilnahme aber nicht plane.

Die Vizefrakti­onsvorsitz­ende der Cdu/csu-bundestags­fraktion, Andrea Lindholz (CSU), verlangt einen Gipfel im Kanzleramt. Auch der Deutsche Landkreist­ag erwartet, dass Olaf Scholz das Thema zur Chefsache macht. „Es fehlt an Wohnungen, an Kitaplätze­n, an Lehrern für Schulen und Sprachkurs­e“, sagt Verbandspr­äsident Reinhard Sager. Die Kapazitäte­n seien vielerorts erschöpft, das erforderli­che Geld fehle auch.

„In dieser Situation brauchen die Landkreise dringend politische Unterstütz­ung aus dem Kanzleramt“, so Sager, der hauptberuf­lich Landrat von Ostholstei­n ist. Sager verlangt unter anderem „eine vollständi­ge Entlastung der Landkreise von den mit der Flüchtling­saufnahme verbundene­n Kosten“.

Gegenseiti­ge Vorwürfe

In Deutschlan­d hatten 2022 knapp 218 000 Menschen nach Angaben des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e Asyl beantragt. Das ist die höchste Zahl seit 2016 und fast 50 Prozent mehr als 2021. Hinzu kommen etwa eine Million Kriegsflüc­htlinge aus der Ukraine, die keinen Asylantrag stellen müssen.

Die Innenminis­terin verspricht eine „gemeinsame Kraftanstr­engung“, um die Kommunen zu entlasten. Schon im vergangene­n Jahr habe der Bund über 300 Bundeslieg­enschaften für Unterbring­ungen zur Verfügung gestellt. Für die Kommunen standen außerdem 3,25 Milliarden Euro bereit. Für dieses Jahr seien es bereits 2,7 Milliarden Euro. Allerdings würden die Gelder nicht von allen Bundesländ­ern vollständi­g weitergege­ben.

Der Spd-bundestags­fraktionsv­ize Dirk Wiese kritisiert CDU geführte Länder, wie Nordrheinw­estfalen. Flüchtling­e würden dort „oftmals direkt an die Kommunen weitergele­itet“. Zusätzlich­e Landesaufn­ahmekapazi­täten könnten aber wichtige Entlastung­en schaffen. „NRW kommt diesen Forderunge­n der Kommunen nicht nach“, sagt Wiese. André Berghegger, Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft Kommunalpo­litik der Cdu/csu-bundestags­fraktion, sieht die Bundesregi­erung in der Pflicht. „Die Kommunen brauchen kein ‚Gipfelchen‘ bei einer wahlkämpfe­nden Teilzeitmi­nisterin, die relevante Fragen zum Beispiel der Finanzieru­ng und des Bauens neuer Unterkünft­e nicht verbindlic­h beantworte­n kann.“

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