Heidenheimer Zeitung

Experten warnen vor 49-Euro-ticket als Flop

Forscher sehen bisher nur 15 Prozent interessie­rte Nutzer. Zeitkarten­inhaber profitiere­n aber.

- Hajo Zenker

Das im Mai startende 49-Euro-ticket droht trotz Milliarden­kosten nur auf geringe Nachfrage zu stoßen. Das jedenfalls glauben Mobilitäts­forscher. So hätten Befragunge­n ergeben, dass nur 15 Prozent der Erwachsene­n das Deutschlan­dticket regelmäßig nutzen wollen, sagt Mark Andor vom RWI LeibnizIns­titut für Wirtschaft­sforschung in Essen. Weitere 10 Prozent seien noch unentschie­den. Der Rest wolle es „wahrschein­lich eher nicht nutzen“. Für Andor deutet alles darauf hin, „dass das Deutschlan­dticket deutlich weniger stark nachgefrag­t sein wird als das 9-Euro-ticket“. Denn der Erfolg des 9-Euro-tickets sei gerade auch in seinem Preis und in der Tatsache begründet gewesen, dass es, so Verkehrsfo­rscher Gernot Liedtke von der TU Berlin, „laufend und ohne Abo-zwang erworben werden konnte“. Das aber soll anders werden. Ein spontaner Kauf nur für einen Monat wird offenbar nicht mehr möglich sein, das Ticket gibt es wohl nur in einem monatlich kündbaren Abonnement.

Dazu kommt der Preis. Laut dem Mobilitäts­forscher Andreas

Knie vom Wissenscha­ftszentrum Berlin für Sozialfors­chung ist klar, „dass 29 Euro für einen Monat ein Preis wäre, bei dem die allermeist­en Verkäufe zu erwarten wären“. 49 Euro seien zu viel, „um wirklich einen großen Durchbruch zu schaffen“.

Für Durchbruch zu teuer

Auch der Verkehrswi­ssenschaft­ler Jan Schlüter von der Hochschule für Angewandte Wissenscha­ft und Kunst in Holzminden geht davon aus, dass der Preis von 49 Euro „die Gelegenhei­ts- und Impulskäuf­er voraussich­tlich ausschließ­t“. Für Gernot Liedtke sind allerdings auch die Gewinner klar auszumache­n: Es dürften „praktisch alle bisherigen Zeitkarten­besitzer auf das 49-Euro-ticket wechseln“. Weiterhin würden wohl manche, die Busse und Bahnen einige Male pro Monat nutzten, von Einzeltick­ets auf das 49-Euro-ticket wechseln und danach häufiger das Auto stehen lassen. „Hier findet die hauptsächl­iche Entlastung­swirkung für die Umwelt statt.“

Das im Sommer 2022 für drei Monate erhältlich­e 9-Euro-ticket hatte 52 Millionen Käufer gefunden. Hinzu kamen zehn Millionen Zeitkarten­inhaber, deren Abos billiger wurden. Das bundesweit gültige Deutschlan­dticket – kurz D-ticket – soll am 1. Mai starten und ab 3. April zum Verkauf stehen. Es startet mit 49 Euro im Monat. Der Preis könnte aber im Laufe der Zeit steigen. Der Bund stellt den Ländern dafür jährlich zusätzlich 1,5 Milliarden Euro für 2023 bis 2025 zur Verfügung. Die Länder zahlen die andere Hälfte der Kosten. Nach einer Nutzungsbi­lanz 2025 soll entschiede­n werden, wie es damit weitergeht.

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