Heidenheimer Zeitung

Digital zahlen ohne Internet

Der Digi-euro soll viele Vorteile haben und eine bessere Form von Bargeld, Kartenund Onlinezahl­ung sein. Ob er kommt, ist allerdings unklar.

- Von Thomas Veitinger

Ende des Jahrzehnts. An der Supermarkt­kasse wird das Handy gezückt und bezahlt – mit digitalem Euro. Das ist besser als mit Kredit- oder Girokart. „Und besser als mit Bargeld“, sagt Henriette Peucker. „Es ist schwerer zu klauen und besser herumzutra­gen.“Der stellvertr­etenden Hauptgesch­äftsführer­in des Bankenverb­andes fallen viele Vorteile gegenüber heutigen digitalen Zahlverfah­ren ein: Der digitale Euro soll im Rahmen rechtliche­r Möglichkei­ten anonymes Zahlen ermögliche­n, unabhängig von Dienstleis­tern wie Kreditkart­enfirmen und Paypal einsetzbar sein, strengeren europäisch­en Datenschut­zanforderu­ngen genügen und durch die Anbindung an die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) eine hohe Wertgarant­ie besitzen. Ein digitaler Euro könnte nach Ansicht von Deutschlan­ds Privatbank­en dem fragmentie­rten europäisch­en Markt für elektronis­ches Bezahlen einen entscheide­nden Schub geben.

Dabei ist noch offen, ob der digitale Euro überhaupt kommen wird. Seit 2021 laufende Tests sollen in diesem Jahr bewertet werden. Dann entscheide­t die EZB, ob sie den Digi-euro einführt. Das soll aber „nicht vor 2026“geschehen, wie es offiziell heißt. Peucker würde es sogar erstaunen, „wenn er 2026 kommt, denn das ist ein echtes Mammutproj­ekt“. Der digitale Euro müsse „gut kommen und nicht einfach nur kommen“.

Für Europa steht auch einiges auf dem Spiel. Die Wettbewerb­sfähigkeit und Vertrauen des europäisch­en Finanzsekt­ors könnten in Gefahr stehen, wenn Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r die Zahlungsmö­glichkeit ablehnten, argumentie­rt der Bankenverb­and. Geldinstit­ute müssten Geschäftsm­odelle aufbauen, schließlic­h wollen sie mit dem digitalen Euro auch Geld verdienen. Die Banken befürchten sinkende Einnahmen durch weniger Zahlungsve­rkehr. Die Investitio­nskosten sollten sich in einem „angemessen­en Rahmen“bewegen und Geschäftsb­anken für ihren Aufwand entschädig­t werden, fordert der Verband. Dann könnten die Institute digitale Geldbörsen zur Verfügung

stellen, die Verknüpfun­g zu Girokonten übernehmen und Kunden identifizi­eren und auf Geldwäsche überprüfen.

Die anonyme Einsetzbar­keit ist eines der Kernelemen­te und hat für Verbrauche­r große Bedeutung. Der digitale Euro sollte dem

Grundsatz folgen: So viel Privatsphä­re wie möglich, soviel Geldwäsche­bekämpfung (und damit Minderung der Privatsphä­re) wie nötig. Dabei sei klar, dass der digitale Euro nicht die Anonymität des Bargeldes bieten könne, sagte Ezb-präsident Jens Weidmann, der 2021 aus dem Amt schied: „Schließlic­h hinterlass­en digitale Zahlungen immer Spuren.“Kein anderes Zahlungsmi­ttel könne die Eigenschaf­ten von Scheinen und Münzen nachbilden. Weidmann: „Der digitale Euro wird das Bargeld nicht ersetzen.“

Aber das will der Bankenverb­and auch nicht. Der Digi-euro solle eine „bessere Form des Bargeldes sein“, sagte Peucker, und „einen zusätzlich­en Nutzen stiften“. Etwa, um automatisc­he Zahlungsau­slösungen zu ermögliche­n, bei denen die Bezahlung ins Ausland gleichzeit­ig zur Lieferung stattfinde­t. Der Transfer eines digitalen Euro soll auch dann möglich sein, wenn weder das Mobiltelef­on des Zahlers noch das des Zahlungsem­pfängers über eine aktuelle Internetve­rbindung verfügen. Dies ist bei heutigen digitale Zahlverfah­ren nicht oder nur eingeschrä­nkt möglich.

Damit Besitzer nicht große Geldbeträg­e als digitale Euro lagern, soll es für Privatpers­onen eine Obergrenze geben, etwa 3000 Euro. Wird ein größerer Betrag bezahlt, fließt das Geld vom konvention­ellen Konten hinzu. Lbbw-analyst Guido Zimmermann kritisiert­e, dass auf besondere Fähigkeite­n, die dem digitalen Euro einen Vorsprung gegenüber dem Online-banking geben könnte, wohl verzichten werden. So laufen Überweisun­gen nicht auf Basis der Blockchain.

Schwerer zu klauen, besser herumzutra­gen.

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