Digital zahlen ohne Internet
Der Digi-euro soll viele Vorteile haben und eine bessere Form von Bargeld, Kartenund Onlinezahlung sein. Ob er kommt, ist allerdings unklar.
Ende des Jahrzehnts. An der Supermarktkasse wird das Handy gezückt und bezahlt – mit digitalem Euro. Das ist besser als mit Kredit- oder Girokart. „Und besser als mit Bargeld“, sagt Henriette Peucker. „Es ist schwerer zu klauen und besser herumzutragen.“Der stellvertretenden Hauptgeschäftsführerin des Bankenverbandes fallen viele Vorteile gegenüber heutigen digitalen Zahlverfahren ein: Der digitale Euro soll im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten anonymes Zahlen ermöglichen, unabhängig von Dienstleistern wie Kreditkartenfirmen und Paypal einsetzbar sein, strengeren europäischen Datenschutzanforderungen genügen und durch die Anbindung an die Europäische Zentralbank (EZB) eine hohe Wertgarantie besitzen. Ein digitaler Euro könnte nach Ansicht von Deutschlands Privatbanken dem fragmentierten europäischen Markt für elektronisches Bezahlen einen entscheidenden Schub geben.
Dabei ist noch offen, ob der digitale Euro überhaupt kommen wird. Seit 2021 laufende Tests sollen in diesem Jahr bewertet werden. Dann entscheidet die EZB, ob sie den Digi-euro einführt. Das soll aber „nicht vor 2026“geschehen, wie es offiziell heißt. Peucker würde es sogar erstaunen, „wenn er 2026 kommt, denn das ist ein echtes Mammutprojekt“. Der digitale Euro müsse „gut kommen und nicht einfach nur kommen“.
Für Europa steht auch einiges auf dem Spiel. Die Wettbewerbsfähigkeit und Vertrauen des europäischen Finanzsektors könnten in Gefahr stehen, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher die Zahlungsmöglichkeit ablehnten, argumentiert der Bankenverband. Geldinstitute müssten Geschäftsmodelle aufbauen, schließlich wollen sie mit dem digitalen Euro auch Geld verdienen. Die Banken befürchten sinkende Einnahmen durch weniger Zahlungsverkehr. Die Investitionskosten sollten sich in einem „angemessenen Rahmen“bewegen und Geschäftsbanken für ihren Aufwand entschädigt werden, fordert der Verband. Dann könnten die Institute digitale Geldbörsen zur Verfügung
stellen, die Verknüpfung zu Girokonten übernehmen und Kunden identifizieren und auf Geldwäsche überprüfen.
Die anonyme Einsetzbarkeit ist eines der Kernelemente und hat für Verbraucher große Bedeutung. Der digitale Euro sollte dem
Grundsatz folgen: So viel Privatsphäre wie möglich, soviel Geldwäschebekämpfung (und damit Minderung der Privatsphäre) wie nötig. Dabei sei klar, dass der digitale Euro nicht die Anonymität des Bargeldes bieten könne, sagte Ezb-präsident Jens Weidmann, der 2021 aus dem Amt schied: „Schließlich hinterlassen digitale Zahlungen immer Spuren.“Kein anderes Zahlungsmittel könne die Eigenschaften von Scheinen und Münzen nachbilden. Weidmann: „Der digitale Euro wird das Bargeld nicht ersetzen.“
Aber das will der Bankenverband auch nicht. Der Digi-euro solle eine „bessere Form des Bargeldes sein“, sagte Peucker, und „einen zusätzlichen Nutzen stiften“. Etwa, um automatische Zahlungsauslösungen zu ermöglichen, bei denen die Bezahlung ins Ausland gleichzeitig zur Lieferung stattfindet. Der Transfer eines digitalen Euro soll auch dann möglich sein, wenn weder das Mobiltelefon des Zahlers noch das des Zahlungsempfängers über eine aktuelle Internetverbindung verfügen. Dies ist bei heutigen digitale Zahlverfahren nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Damit Besitzer nicht große Geldbeträge als digitale Euro lagern, soll es für Privatpersonen eine Obergrenze geben, etwa 3000 Euro. Wird ein größerer Betrag bezahlt, fließt das Geld vom konventionellen Konten hinzu. Lbbw-analyst Guido Zimmermann kritisierte, dass auf besondere Fähigkeiten, die dem digitalen Euro einen Vorsprung gegenüber dem Online-banking geben könnte, wohl verzichten werden. So laufen Überweisungen nicht auf Basis der Blockchain.
Schwerer zu klauen, besser herumzutragen.