Kasperle-theater mit Orchester
Von Urenkeln bis Urgroßeltern: Begeisterter Beifall für „Der Räuber Hotzenplotz“.
„997, 998, 999 – Hilfe!“Das Publikum zählt und schreit mit, das kleine und das große. Dann bläst die Klarinette „Tatütata“. Aber es geht gut aus, natürlich, und zwar sehr gut! „Der Räuber Hotzenplotz“, das von Sebastian Schwab im Auftrag der Jungen Oper der Staatsoper Stuttgart komponierte Singspiel nach dem Kinderbuch Otfried Preußlers, ist ein Spaß für die ganze Familie.
Eine Großmutter (Maria Theresa Ullrich), der die Kaffeemühle gestohlen wird. Ein Zauberer, der keine Kartoffeln mehr schälen will. Ein abgerissener Räuber, eine zur bunten Unke verwunschene Fee mit Primadonnensopran (Clare Tunney), ein dienstbeflissener Wachtmeister (herrlich aufgeblasen Torsten Hofmann) und zwei liebe Jungs, der schlaue Kasperl und der nicht so helle Seppel. Mehr ist nicht: klassisches Kasperle-theater.
Aber genau so läuft das Stück auch ab in der Regie von Elena Tzavara (die mit Anne X. Weber und Sanne Lüthje Libretto und Liedtexte geschrieben hat): nicht als filmisch-realistisches Märchen, sondern als ein mit viel Augenzwinkern gespieltes Kasperle-theater. Noch genauer: Tzavara spielt geradezu mit dem Genre des Kasperle-theaters. Ob nun die Akteure fast wie Puppen mit übertriebenen Grimassen und Gesten auftreten. Oder ob als
Bühnenbild eine Reihe von kleinen und großen Vorhangkulissen von Bühnenarbeitern in bunten Mützen je nach Bedarf herumgeschoben werden. Dazu Hokuspokus, Feuer, Knalleffekte. Und die Kinder sind begeistert, wenn Kasperl die Namen von Hotzenplotz und Zwackelmann verulkt.
Bunte Musik
Aber es ist allemal Oper, Sebastian Schwab komponierte ein stilistisches Potpourri: eingängig, musicalhaft, mit rhythmischem Witz und gerne die Tradition plündernd bis zu PucciniSchmachtfetzen – aber alles leicht schräg. Auch die in der Uraufführung vom (knapp 30-köpfigen)
Staatsorchester unter Leitung von Florian Ziemen gespielte Musik des „Räuber Hotzenplotz“klingt holzschnittartig theatralisch, nie anbiedernd versoßt für die Ohren.
Ein Erfolgsgarant: Die Besetzung ist klasse, große Oper. Der alte Bass-haudegen Franz Hawlata als herumprotzender Räuber Hotzenplotz; Heinz Göhrig macht aus dem Zwackelmann die Charakterfigur fast eines traurigen Bajazzo, Dominic Große grient rührend kindisch als Seppel, Elliott Carlton Hines ist ein ungemein sympathischer Kasperl. Riesenapplaus nach zweieinhalb Stunden, von Urenkeln bis Uromas.