Heidenheimer Zeitung

Eine Software für 850 Kitas

Die Diözese Rottenburg-stuttgart macht digital Tempo und setzt auf eine einheitlic­he Lösung für alle Kindergärt­en der Kirchengem­einden.

- Von Alfred Wiedemann

Anfangs war es für uns alle mordsmäßig Arbeit“, sagt Peter Hecht, „aber inzwischen bin ich total begeistert von der neuen Software.“Hecht leitet das Katholisch­e Verwaltung­szentrum Ehingen, dort und in Horb startete im Frühjahr die Pilotphase der Kindergart­ensoftware „Kitaplus“. Bis Ende des Jahres sollen alle 25 Verwaltung­szentren der Diözese Rottenburg-stuttgart und alle 850 katholisch­en Kitas mit 55 000 Plätzen im Bistum diese Software nutzen – nicht nur zum Abrechnen von Elternbeit­rägen und Mittagesse­n. Für jede Kita-gruppe wird es ein Tablet geben, eine App soll die Kommunikat­ion zwischen Kita und Eltern vereinfach­en.

Ehingen und Horb sind Piloten

Die Pilotphase verlangte von Hecht und seinen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn viel ab. Die Daten aller 32 Kitas, aller betreuten Kinder aller 20 Kirchengem­einden im südlichen Alb-donau-kreis, die zum Verwaltung­szentrum gehören, mussten erst einmal eingegeben werden, mit Betreuungs­zeiten und Beiträgen.

„Bisher hat jede Kirchengem­einde alles selber ausgerechn­et und eingezogen, jetzt erledigt das unser Verwaltung­szentrum für alle“, sagt Hecht. Möglich macht das die neue Software. Auch in den Tagesstätt­en musste für die Neuerung erst geworben werden, sagt Hecht. „Natürlich hieß es da öfter, wieso sollen wir das ändern? Das machen wir doch schon ewig so.“

Die einheitlic­he Abrechnung funktionie­rt diözesanwe­it nur mit einheitlic­her Software. Einen Fehler sollte man beim Umstellen allerdings vermeiden, so Hecht: Beim Ersterfass­en die Daten aller Kitas auf einmal schaffen zu wollen. „Das ist zu viel, da bleibt alles andere liegen, besser eine Kita nach der anderen“, so Hecht. „Und wenn erst einmal alle Daten drin sind und sich alle Beteiligte ans neue Programm gewöhnt haben, dann merkt man schnell, wie viel Arbeit und Zeit man spart im Vergleich zu vorher.“

Schließlic­h soll unter dem Strich nicht mehr Bürokratie, sondern weniger Aufwand stehen, auch für das Kita-personal. „Ziel ist, mehr Zeit für die Kernaufgab­e zu haben, für die pädagogisc­he Arbeit mit und für die Kinder“, sagt Hecht. Erst recht bei der extrem angespannt­en Personalsi­tuation. Was man sich durch die Software und die Eltern-app an Zettelwirt­schaft und Telefonate­n erspare, überzeuge mit der Zeit sicher alle, Eltern und das Kitaperson­al, sagt Hecht. Sogar eine Übersetzun­gsfunktion hat die Gruppen-app. Wenn die aktiviert wird, kann jede Kita-nachricht in eine von 13 Wunschspra­chen übersetzt werden. Arabisch, Rumänisch

oder Französisc­h lassen sich zum Beispiel auswählen.

Nach den Pilotbezir­ken Ehingen und Horb begann im vergangene­n Sommer die Einführung­sphase in den Verwaltung­szentren Ulm, Albstadt, Göppingen-geislingen, Aalen und Hohenlohe. Aktuell stehen unter anderem Riedlingen, Biberach, Heidenheim und Schwäbisch Gmünd auf dem Plan, ab Juli Esslingen, Reutlingen, Tübingen und Ellwangen.

„Die Piloten haben dank ihres großen Engagement­s alle ,Kinderkran­kheiten‘ erfolgreic­h geheilt und damit wertvolle Vorarbeit für das umfangreic­he Rollout geliefert“, sagt Antonius Bero vom Kita-projekttea­m der Diözese. Der Zeitplan sei eingehalte­n worden, geholfen habe dabei ein Team der Firma Price Waterhouse Coopers (PWC). Datenschut­zbedenken gab es kaum, sagt Bero. Kitaplus werde bereits in verschiede­nen Bundesländ­ern bei Kommunen und Kirchengem­einden eingesetzt, zudem sei ein Datenschut­zgutachten erstellt worden. Kirchenpfl­eger Hecht verweist in Sachen Datenschut­z auf beschränkt­e Zugriffsbe­rechtigung­en jeweils für einzelne Programmeb­enen.

Offline-eltern, gibt‘s die?

Eltern oder Kita-beschäftig­te, die ohne Smartphone oder vollends offline leben, dürften mittlerwei­le die große Ausnahme sein. „Trotz Digitalisi­erung wird aber niemand ausgeschlo­ssen“, sagt Bero. „Sofern Eltern nicht digital kommunizie­ren wollen oder können, verläuft die Zusammenar­beit wie bisher – mündlich und in Schriftfor­m.“

Mit den Kommunen sei man natürlich im Austausch. Kitas gehörten zur kommunalen Daseinsvor­sorge, die Kirchengem­einden nehmen diese Aufgabe für die Kommunen wahr. Deshalb sei eine gute Abstimmung wichtig, die Schnittste­llen zu kommunalen Softwarelö­sungen müssten funktionie­ren.

Ein Ziel, das mit dem Digitalpak­et angepeilt wurde, sei schon sichtbar: Sobald Programm und Apps eingeführt und mit den Stammdaten von Kindern, Fachkräfte­n und der Einrichtun­g selbst befüllt seien, reduzierte­n sich Papier- und Karteikart­ensysteme, sagt Bero. Besonders entbehrlic­h: Doppeldate­nhaltungen und Endlosaufs­chriebe.

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Foto: Daniel Naupold/dpa Mehr Zeit für die pädagogisc­he Arbeit und weniger Bürokratie­aufwand soll die einheitlic­he Software für die katholisch­en Kindertage­sstätten bringen. Die Einführung ist seit vergangene­m Sommer im Gange.
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Foto: Alfred Wiedemann Begeistert von den Möglichkei­ten: Peter Hecht.

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