Liebe Altersfreigabe,
Du bist seit Langem ein Hemmnis auf dem Weg zum Kinobesuch. Irgendwann kamen die Wächter von Sitte und Moral zu der Erkenntnis, dass die Betrachtung eines filmischen Werkes anscheinend gewisser Regelungen bedarf, so entstanden der Hays Code in den USA oder die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft in Deutschland. Diese FSK versieht die Filme mit mehr oder minder streng befolgten „ab soundso viel Jahren-stempeln“.
Der Verfasser dieser Zeilen erlebte Zeiten, in denen heutzutage im normalen Fernsehprogramm laufende Filme wie „Der weiße Hai“oder „Ein Mann sieht rot“im Kino konsequent erst ab 18 Jahren geschaut werden durften. Und das wurde damals streng eingehalten. Das Internet war noch Zukunftsvision und so blieb nur der sehnsüchtige Blick auf die ausgedruckten Bilder im Schaukasten der Lichtspielhäuser.
Später knickte die FSK dann angesichts der mit großem Aufwand gedrehten Blockbuster etwas ein und ließ so manch schaurige Riesenspinne in Harry Potter zunächst auch „ab 6 Jahren“über die Leinwand krabbeln.
Nun kam kürzlich mit Babylon ein vielversprechender und gut besprochener Film über die 1920er-jahre ins Kino und der genannte Schreiber freute sich schon auf ein Epos über diese derzeit so oft beleuchtete und ja in der Tat hochinteressante Epoche – wenn auch zur Abwechslung mal in Sachen Hollywood statt Weimarer Republik. Der Titelzusatz „im Rausch der Ekstase“irritiert zwar etwas, aber egal, da ist doch mal wieder ein Kinobesuch angesagt.
Doch, oh Schreck, ein Blick in die Annonce zeigt: Dieser Film ist erst ab 116 Jahren!
Mal abgesehen davon, dass dies den Kundenkreis doch erheblich einschränkt, warum um alles in der Welt, sollte man so alt sein, um Babylon anschauen zu dürfen? Die Antwort liegt auf der Hand: Man muss diese Zeit selbst miterlebt haben, um die filmische Würdigung wirklich genießen zu können. Da hast Du doch recht, liebe Altersfreigabe. Wir freuen uns schon auf den nächsten Film übers alte Rom. Ganz nach der Devise: Ich schau das ja eh nicht.