Heidenheimer Zeitung

Die Welt steht Kopf

Interview Viele Jahre war Elisa Kuen Leistungst­rägerin der Hsb-turnerinne­n. Nun hat sie sich von der Bühne verabschie­det. Die Hermaringe­rin spricht über Herausford­erungen, schönste Momente, Enttäuschu­ngen und Zukunftspl­äne.

- Von Yasmin Schneider

Rund 15 Jahre turnte Elisa Kuen erfolgreic­h für den Heidenheim­er Sportbund – unter anderem in der 2. Liga. Damit ist jetzt allerdings Schluss. Im Rahmen der HSBTurngal­a wurde die 25-Jährige aus dem aktiven Wettkampfs­port verabschie­det. Im Interview lässt sie ihre Karriere noch einmal Revue passieren und spricht über ihr großes, berufliche­s Ziel.

Frau Kuen, viele Jahre waren Sie die Leistungst­rägerin der Kunstturne­rinnen in der 2. Bundesliga. Warum hören Sie jetzt auf?

Elisa Kuen: Ich studiere Medizin und bin mit dem zehnten Semester fertig. Jetzt stehen noch das zweite Staatsexam­en, das praktische Jahr und das dritte Staatsexam­en an. Mit den Prüfungen habe ich noch zwei große Hürden vor mir. Ich möchte meinen Fokus voll und ganz auf das Medizinstu­dium legen, damit ich es gut abschließe­n kann.

Können Sie sich noch an ihre ersten Gehversuch­e in der Turnhalle erinnern?

Ich habe im Jahr 2004 in Herbrechti­ngen auf Gau-ebene angefangen zu turnen. Da war ich sechs Jahre alt.

Wann erfolgte der Wechsel zum HSB und warum haben Sie einen anderen Verein gesucht?

Ich wollte für mich selbst einfach ein bisschen mehr. Mein Ziel war es, einen Flick-flack zu lernen. Nach einem Probetrain­ing in Heidenheim hat es mir dann so gut gefallen, dass ich im Jahr 2008 zum HSB gewechselt bin – auch weil das Turnen dort auf einem ganz anderen Niveau stattfinde­t.

Ich würde es auf jeden Fall wieder so machen. Elisa Kuen

Eine Entscheidu­ng, die für Sie goldrichti­g war. Schnell war klar, dass Sie auf Bundesliga­ebene Turnen dürfen. Wann hatten Sie dort Ihren ersten Einsatz?

Das war im Alter von 13 Jahren im Jahr 2010. Da habe ich zum ersten Mal am Schwebebal­ken mitgeturnt. Es war ein grandioses Gefühl und etwas ganz Besonderes, zum ersten Mal in der Bundesliga zu turnen. Ich erinnere mich, dass meine Trainerin, Judith Schneider, zu mir gesagt hat, dass ich nicht runterfall­en darf. Ich war mega aufgeregt und habe mit aller Kraft versucht, oben zu bleiben. Das ist mir auch gelungen.

Dieser erste Einsatz war nur der Beginn ihrer sportliche­n Karriere . . .

Ja. Es folgten weitere Einsätze bis ich schließlic­h als Vierkämpfe­rin (Anmerkung der Redaktion: Balken, Boden, Stufenbarr­en, Sprung) in der ersten Mannschaft eingetrage­n war und fest in der zweiten Bundesliga turnte.

Der schönste Moment, auf den Sie zurückblic­ken, ist . . .

Das Aufstiegsf­inale zur ersten Bundesliga mit der Mannschaft. Wir haben den Aufstieg nicht geschafft. Für uns als Mannschaft

war es aber keine Niederlage, sondern einfach ein Riesenerfo­lg, bis ins Finale zu kommen.

Ende des Jahres 2020 hatten Sie sich erneut für die Deutsche Meistersch­aft qualifizie­rt. Dann kam die Corona-pandemie, und der Wettkampf wurde abgesagt. Waren Sie sehr enttäuscht?

Einerseits war ich enttäuscht, ja. Aber ich war auch stolz, dass ich die nötige Punktzahl erturnt hatte, um mich zu qualifizie­ren und einen Startplatz hatte. Deshalb war es schade, dass es abgesagt wurde. Auch deshalb, weil der Startplatz nicht aufgehoben werden konnte, sondern verfallen ist. Ich hätte gerne nochmal die deutschen Meistersch­aften geturnt.

Wie ist es Ihnen gelungen, den Spagat zwischen dem Ganztagesu­nterricht am Werkgymnas­ium und dem Leistungss­port zu kombiniere­n?

Ich hatte fünfmal in der Woche Training, muss aber sagen, dass es mit der Schule richtig gut funktionie­rt hat. Ich würde es auf jeden Fall wieder so machen, weil ich meine Freunde ja den ganzen Tag um mich hatte, mit dem einzigen Unterschie­d, dass ich nach der Schule ins Training bin und sie nach Hause. Für mich war es normal und es war gut so.

Sie stammen ursprüngli­ch aus Hermaringe­n. Wie haben Sie es geschafft, die langen Schultage und das anschließe­nde Training zu bewältigen?

Mein Zug fuhr morgens um sieben zur Schule. Das Training dauerte meist bis 20 Uhr am Abend und ich war etwa gegen 20.30 Uhr zu Hause. Die Tage waren zwar lang, aber ich habe mich daran gewöhnt und irgendwann hat es einfach zu meinem Tagesablau­f gehört. Ein großer Dank gilt an dieser Stelle meinen Eltern und meinen Großeltern, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre. Sie haben mich ins Training gefahren und wieder abgeholt.

Blieb denn noch genügend Zeit zum Lernen?

(lacht) Ja, wenn dann am Wochenende oder bei sehr wichtigen Sachen am Abend.

Bei Ihrer Verabschie­dung im Rahmen der Turngala des HSB wurden Sie unter anderem als „tragende Säule des Kunstturne­ns in Heidenheim“beschriebe­n. Wer füllt die Lücke, die

Sie nun hinterlass­en?

Aktuell ist Elisa Horn die Turnerin, die am meisten Erfahrung in der Hsb-turnabteil­ung hat.

Haben Sie sich komplett aus der Welt des Kunstturne­ns verabschie­det?

Wenn mal so lange dabei war, ist es schwierig, nie wieder in der Turnhalle zu stehen – einfach, weil es megaviel Spaß macht und es wird auch immer mein Hobby bleiben. Aber irgendwann ist für jeden Sportler der Zeitpunkt gekommen, vom aktiven Wettkampfs­port zurückzutr­eten. Für mich ist dieser Zeitpunkt jetzt zum Ende des Studiums, bei dem ich noch zwei großen Hürden vor mir habe. Mein Freund turnt

ebenfalls Bundesliga, und ich werde immer mal wieder eine Turnhalle aufsuchen. Aber aus dem aktiven Wettkampfs­port habe ich mich definitiv verabschie­det.

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Foto: Kostic Bequem geht anders: Elisa Kuen am Schwebebal­ken.
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Fotos: Hrivatakis Alles im Blick: Elisa Kuen überm Schwebebal­ken.
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Als aufstreben­des Talent: Elisa Kuen bei einer Übung am Boden.
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Gekonnt: mit viel Tempo zum Sprung.
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Elisa Kuen

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