Ein schlechter Witz
Kaum ist die Pandemie Geschichte, schreiben sich wichtige Protagonisten bereits ihre Rolle schön. So räumt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zwar ein, dass man die Schulen zu lange geschlossen gehalten habe. Grundsätzlich allerdings sei das meiste, was die Politik an Maßnahmen ergriffen habe, richtig gewesen. Und Deutschland sei besser durch die Corona-zeit gekommen als andere Länder. Den „Schwachsinn“allerdings, also etwa Verbote, sich in Parks aufzuhalten, den habe der Bund gar nicht zu verantworten. Da seien die Länder schuld.
Dass sich ausgerechnet der ewige Härteste-maßnahmen-befürworter jetzt hinstellt und auf die Länder zeigt, ist ein schlechter Witz. Natürlich war Lauterbach zunächst nicht Minister. Aber als Talkshow-dauergast trieb er doch einen Großteil der
Politik mit seinen Studien-interpretationen und Forderungen vor sich her. Kein Wunder, dass der Virologe Hendrik Streeck darauf verweist, dass Schweden mit seinem liberalen Kurs die gesellschaftliche Spaltung verhindern konnte, die die Maßnahmen in der Bundesrepublik erzeugten.
Lauterbach, der gerne von „wissenschaftsbasierter Politik“spricht, unterschlägt, dass es die eine Wissenschaft nicht gibt. Bei der Vorbereitung von politischen Entscheidungen dürfen also nicht nur die Lauterbachs und Drostens, sondern müssen auch die Streecks und Stöhrs gehört werden. Und unabhängigere Beratung muss man institutionell absichern. Indem etwa das Robert-koch-institut nicht mehr zum Bundesgesundheitsministerium gehört, sondern autonom agiert. Mit solchen Maßnahmen könnte man sich einen positiven Platz in den Geschichtsbüchern sichern.