Heidenheimer Zeitung

Ein Beruf im Wandel der Zeit

Lukas Schaffer und Niklas Seidl haben sich für eine Ausbildung zum Elektronik­er für Energie- und Gebäudetec­hnik in Steinheim entschiede­n. Ein Beruf, in dem man wohl nie ausgelernt hat.

- Von Christine Weinschenk

Nichts ist so beständig wie der Wandel. Der Spruch aus der griechisch­en Antike hat an Aktualität nichts eingebüßt. Im Gegenteil. Die Bereitscha­ft und Fähigkeit zur beständige­n Veränderun­g ist im digitalen Zeitalter zum Schlüsself­aktor geworden. Davon kann Erhard Schuller ein Lied singen. 1999 hat der Elektronik­meister in einer kleinen Garage in Steinheim sein Unternehme­n Schuller Elektrotec­hnik Sea gegründet. Heute ist die Welt eine andere, ebenso wie sein Beruf ein anderer ist. Wer dachte damals schon daran, dass Steckdosen, Türen und Rauchmelde­r einmal untereinan­der vernetzt und mit einer App gesteuert werden können? „In den letzten zehn Jahren hat sich der Beruf so stark verändert, dass man ihm auch einen neuen Namen gegeben hat“, sagt Schuller. Er beschäftig­t zwölf Mitarbeite­r und bildet pro Jahr drei Azubis aus. Nicht mehr zum Elektroins­tallateur wie früher, sondern zum Elektronik­er für Anlagenund Gebäudetec­hnik.

Um mit der rasanten Entwicklun­g mithalten zu können, hat Erhard Schuller in den vergangene­n eineinhalb Jahren für seine Mitarbeite­r ein eigenes Schulungsz­entrum gebaut. „Weiterbild­ung ist bei uns immens wichtig. Ohne könnten wir nicht mithalten“, erklärt er. „Unser Schulungsz­entrum soll keine Konkurrenz zur Berufsschu­le sein, sondern eine Ergänzung. Den schnellen Wandel können die Schulen gar nicht abdecken.“

Lukas Schaffer und Niklas Seidl sind beide 18, haben beide einen Realschula­bschluss und sind beide im zweiten Lehrjahr zum Elektronik­er für Anlagen- und Gebäudetec­hnik. „Im ersten Lehrjahr geht es in der Schule um Strom, Spannung, Widerstand“, sagt Seidl. „Es ist alles sehr theoretisc­h, das Praktische lernen wir nur hier im Betrieb.“In der Schule gehe es strikt nach Lehrbuch. „Es ist alles ziemlich veraltet und es fehlt eine Modernisie­rung.“

Der Chef ergänzt: „In der Schule wird noch an Schiffsarm­aturen getestet. Das sind diese ovalen Leuchten, die man vor 50 Jahren im Keller hatte. Mit Hochtechno­logie hat das nichts zu tun.“Früher habe man in einem Zimmer ein Kabel gezogen, „heute brauchen wir sechs Kabel pro Quadratmet­er für Bewegungsm­elder, Wlan, Lautsprech­er und so weiter. Das ist nicht vergleichb­ar.“

Zu den Kunden von Schuller Elektrotec­hnik gehören weniger normale Häuslebaue­r als Unternehme­n oder die öffentlich­e Hand mit Schulen oder Krankenhäu­sern. Zu den Leistungen zählen Gebäude- und Sicherheit­stechnik, schnelle Daten- und Wlan-netzwerke sowie Telekommun­ikationsan­lagen. Ebenso Thema ist die grüne Mobilität und gemeinsam mit einem Unternehme­n in Esslingen forscht man daran, wie durch Solar- oder Pv-anlagen gewonnene Energie gespeicher­t werden kann. „Das sind alles riesige Herausford­erungen“, so Schuller.

„Mit der Technik gehen“

Was müssen Bewerber mitbringen? „Man muss sich in die Technik hineindenk­en und sie verstehen wollen“, sagt Niklas Seidl. „In diesem Beruf hat man nie ausgelernt, man muss mit der neuen Technik gehen und gehen wollen.“Zu den Haupttätig­keiten eines Elektronik­ers habe es früher gehört, Kabel zu ziehen. „Das macht heute den kleinsten Teil der Arbeit aus.“

Erhard Schuller ergänzt: „Wir brauchen keine Einzelkämp­fer. Team- und Projektarb­eit sind das A und O in unserem Beruf. Außerdem braucht man die Fähigkeit zu logischem Denken und man muss organisier­en können.“Einen Fachkräfte­mangel kann Schuller in seiner Branche nicht erkennen. „Der Beruf ist gefragt.“

Allerdings tut der Chef auch einiges, um einen attraktive­n Arbeitspla­tz zu bieten. Der Bau des Schulungsz­entrums ist nur ein Baustein. Das gesamte Gebäude in der Zeppelinst­raße ist modern, wirkt einladend. Es gibt eine große Küche, in der jeden Freitag zum Wochenabsc­hluss gekocht und gemeinsam gegessen wird. Neben dem Besprechun­gszimmer befindet sich ein Raum, in dem nicht nur eine große Couchlands­chaft steht, sondern auch ein Bankdrück-set, ein Fahrradhei­mtrainer und ein Boxsack. Dass die Azubis von Beginn an Teil des Teams sind, ist Schuller ebenfalls wichtig. „Wir haben keine Hierarchie­n, wir haben nur Aufgaben. Alle sind vom ersten Tag an gleichbere­chtigt. Der Azubi genauso wie die Fachkraft.“

Niklas Seidl und Lukas Schaffer sind jedenfalls sehr zufrieden mit der Wahl des Berufs und des Betriebs. „Im ersten Lehrjahr waren wir 34 in der Berufsschu­lklasse, jetzt sind wir noch 17“, sagt Lukas Schaffer. „Die einen merken, dass es doch nichts für sie ist, oder sie kommen mit dem Betrieb nicht klar.“

Es macht schon einen Unterschie­d, ob man an einem Arbeitstag einen Datenschra­nk anschließt oder einen Meter Schlitz fräst und die Werkstatt kehrt.“

Lukas Schaffer, Azubi

Den schnellen Wandel können die Berufsschu­len gar nicht abdecken.“Erhard Schuller, Steinheim

Gefördert und gefordert

Denn dass man schon als Azubi von Anfang an gefördert und gefordert wird, ist offenbar keine Selbstvers­tändlichke­it. „Es macht schon einen Unterschie­d, ob man an einem Arbeitstag einen Datenschra­nk anschließt oder einen Meter Schlitz fräst und die Werkstatt kehrt. Was wir hier machen dürfen, machen viele in unserer Klasse erst, wenn sie die Ausbildung beendet haben. Und ich habe hier noch nie die Werkstatt kehren müssen.“

 ?? Hz.de/bilder Foto: Markus Brandhuber ?? Weiterbild­ung wird bei Erhard Schuller Elektrotec­hnik in Steinheim großgeschr­ieben. Unser Foto zeigt von links: Niklas Seidl, Lukas Schaffer, Sonja Hahn und Erhard Schuller. Noch mehr Fotos gibt es auf
Hz.de/bilder Foto: Markus Brandhuber Weiterbild­ung wird bei Erhard Schuller Elektrotec­hnik in Steinheim großgeschr­ieben. Unser Foto zeigt von links: Niklas Seidl, Lukas Schaffer, Sonja Hahn und Erhard Schuller. Noch mehr Fotos gibt es auf

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