Heidenheimer Zeitung

Ein Strauß an Pestiziden

Zum Tag der Liebe verschenke­n viele Menschen Rosen. Doch die sind oft voller Schadstoff­e. Was Verbrauche­r beim Blumenkauf wissen sollten.

- Von Katharina Horrer

Rosen gelten als Blumen der Liebe und haben sich mit ihrer Symbolkraf­t über Jahrzehnte hinweg als Überbringe­rinnen romantisch­er Botschafte­n etabliert. Besonders zum Valentinst­ag am 14. Februar. Zum Fest der Liebe stehen auch andere Blumen hoch im Kurs. Laut Fachverban­d Deutscher Floristen geben die Bundesbürg­er in dieser Zeit doppelt so viel Geld für Schnittblu­men aus wie in den restlichen Wochen des Jahres. Im vergangene­n Jahr waren das nach Angaben der Agrarmarkt Informatio­ns-gesellscha­ft (AMI) 3,1 Milliarden Euro, wovon etwa 35 Prozent auf Rosensträu­ße entfielen.

Heutzutage kommen die allermeist­en Rosen aus Ländern wie Äthiopien und Uganda über tausende Kilometer gekühlt im Flugzeug nach Deutschlan­d. Zu der schlechten Ökobilanz kommen noch fragwürdig­e Anbaubedin­gungen. Das Verbrauche­rmagazin Ökotest hat 21 verschiede­nfarbige Rosensträu­ße – darunter sechs mit deklariert­em Fairtrade-label – auf Schadstoff­e untersucht. Dabei handelte es sich um Sträuße aus Supermärkt­en, Discounter­n, von Floristen-geschäften und Online-versendern. Die Preisspann­e reicht von 1,99 Euro für zwölf Rosen bis hin zu 39,95 Euro für acht Rosen. Die Bilanz fällt unschön, man müsste sagen giftig aus.

Die Tester wiesen 54 verschiede­ne Pestizide nach, alle Rosensträu­ße waren mehr oder weniger betroffen. „Mehr als drei Viertel der Rosen fallen mit ‚mangelhaft‘ oder ‚ungenügend‘ durch, darunter auch die teuren Sträuße der Blumenvers­ender Fleurop und Eurofloris­t“, schreibt Ökotest. Spitzenrei­ter in Sachen Pestizide ist der „Fleurop Rosenstrau­ß Colorful Roses“. Auf ihm wurden im Labor 21 verschiede­ne Pestizide nachgewies­en.

In der EU verbotene Gifte

Zehn davon hat Ökotest als besonders bedenklich eingestuft. Es handelt sich demnach um Pestizide, die laut aktueller Studienlag­e sicher oder wahrschein­lich krebserreg­end, erbgutverä­ndernd, fortpflanz­ungsschädi­gend oder bienentoxi­sch sein sollen. Diese Pestizide finden sich auch auf dem Großteil der anderen Sträuße. Corinna Hölzel vom Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) bestätigt: „Bei den von Ökotest nachgewies­enen Pestiziden handelt es sich um zahlreiche hochgefähr­liche Pestizide – sowohl für die Umwelt als auch den Menschen.“Daher sei der Einsatz einiger der nachgewies­enen Pestizide in der EU bereits verboten.

Dazu gehören unter anderem das „vermutlich krebserreg­ende Insektizid Thiaclopri­d und das Fungizid Carbendazi­m, das im Verdacht steht, genetische Defekte zu verursache­n“, schreibt Ökotest und nennt die Europäisch­e Chemikalie­nagentur (ECHA) als Quelle. „Für Carbendazi­m sind Chromosome­nschäden, Fruchtbark­eitsschäde­n

und Missbildun­gen an Embryonen belegt“, sagt Peter Clausing, promoviert­er Toxikologe, vom Aktions-netzwerke PAN Germany. Bei Thiaclopri­d wurde nach seinen Worten in den gesetzlich geforderte­n Tierversuc­hen der Tod von Embryonen und eine vermindert­e Lebensfähi­gkeit der Nachkommen beobachtet.

Die beiden Hauptprobl­eme, so der Toxikologe, seien in der Untersuchu­ng von Ökotest nicht aufgeführt. Zum einen basiere die Risikobewe­rtung der EU bezüglich der nachgewies­enen Pestizide auf der isolierten Betrachtun­g der Wirkstoffe. Bei den Rosensträu­ßen

im Test habe man es aber mit einem wilden Cocktail von Chemikalie­n zu tun, deren Wirkung sich gegebenenf­alls gegenseiti­g verstärken könnten.

Auch Corinna Hölzel vom BUND sagt: „21 verschiede­ne Pestizide in einem Blumenstra­uß sind erschrecke­nd. Unterschie­dliche Pestizide können Wechselwir­kungen haben und sich in ihrer Giftigkeit verstärken.“Außerdem sollten die Verbrauche­r, da sind sich Clausing, Hölzel und Ökotest einig, nicht nur um ihre eigene Gesundheit besorgt sein: „Die Gesundheit von denjenigen, die diese Rosen produziert haben, ist den Pestiziden in starkem Maße ausgesetzt.“Es sei gut bekannt und mittlerwei­le vielfach belegt, dass in den Ländern des Südens die dort Tätigen den Pestiziden oftmals ohne jegliche Schutzvork­ehrungen ausgesetzt seien.

Nach den Angaben von Ökotest sind auch die Abstände zwischen dem Verspritze­n und dem erneuten Betreten der Gewächshäu­ser häufig zu kurz, sodass viele der Arbeiter eine Pestizidve­rgiftung erlitten. Zur Abklärung der Thematik und Stellungna­hme hat Ökotest den Rosen-anbietern einen Fragebogen zugesendet. Die Aussagen sollten mit Dokumenten belegt werden, doch konnten hier einige der Rosenvertr­eiber nicht überzeugen. Acht der getesteten Sträuße haben beim Punkt Arbeitsbed­ingungen und Transparen­z ein „ungenügend“erhalten.

Ein wilder Cocktail aus Chemikalie­n.

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Foto: Bernd Thissen/dpa Wer Rosen für seinen Schatz kauft, sollte darauf achten, nicht einen Strauß an Pestiziden mitzuschen­ken.

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