Wenn Gesten Klangräume neu öffnen
Der Pianist Ralf Schmid setzt auf „ZAS“sensorische Handschuhe ein, um intensive Klangwelten zu schaffen.
Im Sommer des vergangenen Jahres konnte man beim Münchner „Out of the Box“-festival in der 70-minütigen Komposition „The Human Touch“live erleben, wie der Pianist Ralf Schmid mit seinen Datenhandschuhen und gestischen Choreografien programmierte Soundeffekte live bearbeitete. Diese Technik nutzt der Pianist, den Jazzfans seit vielen Jahren als unverzichtbaren Tastenkünstler auf den Alben und in den Bands des Trompeters Joo Kraus kennen, nun auch auch auf dem Album „ZAS“(Neue Meister/edel).
Basierend auf dem Timbre des Flügels, nutzte er in seinem Projekt „Pyanook“die sensorische Technik im Studio, um unmittelbar mit seinem Körper verbundene Klangwelten schaffen zu können. Was live sehr spektakulär wirkt, wenn Schmid mit sich weitenden Armen einen gewaltigen Hallraum öffnet oder als Luftschlagzeuger tatsächlich Akkorde vom Klavier herbeizaubert, ist mit dem Wissen um den Entstehungsprozess beim reinen Hören nur zu erahnen. Macht nichts, denn die elf Kompositionen, die von der Plattenfirma in die Genre-schubladen Electronic und Minimal Classic gesteckt wurden, funktionieren auch ganz wunderbar als reines Hörvergnügen.
Joo Kraus ist dabei
Nach dem von Loops in Schwingung gebrachten „Digital Dervish“geht es hinein in den „Glove Dance“, dessen Groove etwas von Reggae hat, um mit „Soil Music“mit in Pastellfarben ausgebreiteten Panoramen die Zeit stillstehen zu lassen. Natürlich darf auf „ZAS“Joo Kraus nicht fehlen. In „Ultrabright“werden Trompetensounds und Bläsersätze entfremdet, verschachtelt und mit Afrobeats verquickt. Stücke wie „Earthloop“oder das kontemplative, fast schon meditativ dahintreibende „Neptune Blue“zeigen dann auf, welch ein Füllhorn der Klänge allein am Flügel ausgeschöpft werden kann.
Wenn dann in „Eaglefeather“noch die Trondheim Voices ihre vokalistischen Schwingen ausbreiten oder der Violinist Etienne Abelin in „Night Prayer“sein Jazzgefühl einbringt und im Unisono mit dem Piano zum Leuchten bringt, strahlt dieses Album von Ralf Schmid in all seinen Facetten. Eine musikalische Entdeckungsreise, die eine technische Innovation mit zeitlos schönen Kompositionen zu verknüpfen weiß.