Heidenheimer Zeitung

Ufo-fieber erfasst Amerika

Mehrere unbekannte Flugobjekt­e hat die Us-regierung in den vergangene­n Tagen abschießen lassen – und hüllt sich weiter in Schweigen zum Ursprung.

- Von Peter Dethier und Jacqueline Westermann

Erst flog ein chinesisch­er Spionageba­llon fünf Tage lang über den nordamerik­anischen Kontinent, dann schossen Us-kampfjets binnen weniger Tage drei Flugobjekt­e ab. Waren sie Bestandtei­l eines chinesisch­en Spionagepr­ogramms? Steckt ein anderes Land dahinter, das den USA feindlich gesonnen ist oder eine private Organisati­on?

Die USA sind vom Ufo-fieber erfasst. Seit Tagen geben Flugobjekt­e Rätsel auf. Insbesonde­re bringen sie Us-präsident Joe Biden in Bedrängnis. Er versprach zwar in seiner Regierungs­erklärung, die nationale Sicherheit und Autonomie der USA vor Eindringli­ngen und Aggression schützen zu wollen. Zum Ursprung der mysteriöse­n Flugobjekt­e hüllt er sich aber bisher in Schweigen.

Verschwöru­ngstheoret­iker behaupten, dass es sich um Objekte „außerirdis­chen Ursprungs“handeln könnte, wofür das Weiße Haus keine Anzeichen sieht. Die Luftwaffe betont, dass die Objekte keine militärisc­he Bedrohung darstellte­n. Abgeschoss­en habe man die Flugkörper, weil sie in der Höhe von Linienmasc­hinen flogen und eine Gefahr für den zivilen Flugverkeh­r darstellte­n. Gleichwohl könnten das über Alaska gesichtete Objekt, das die Größe eines Pkw hatte, sowie der zylinderfö­rmige Flugkörper über Kanada und der Gegenstand in der Form eines Achtecks, der über dem Huronsee in Michigan abgeschoss­en wurde, Überwachun­gsfähigkei­ten gehabt haben. „Wir sind wie ein Laser darauf fokussiert, dem Ursprung und dem Ziel der Flugkörper auf den

Grund zu gehen“, sagte John Kirby, der Kommunikat­ionschef des Nationalen Sicherheit­srats. Mit mehr Informatio­nen sei erst zu rechnen, wenn die Überreste in den kommenden Tagen und Wochen ausgewerte­t würden. Durchaus möglich sei aber, dass neue Radarfilte­r, die als Reaktion auf den Ballon eingericht­et wurden, dazu führten, dass nun auch kleinere und langsamere Objekte gesehen werden. Also ist vorläufig nicht auszuschli­eßen, dass es sich um Wetterball­ons handelte, die keine gesonderte Fluggenehm­igung erfordern.

In Deutschlan­d lässt der Deutsche Wetterdien­st täglich an sieben Standorten heliumgefü­llte Latexballo­ns mit Radiosonde­n in die Höhe steigen, um Temperatur, Luftdruck und Lufttemper­atur zu messen, erklärt Pressespre­cher Andreas Friedrich. Auf bis zu 30 Kilometer Höhe steigen die 30 Zentimeter langen und bis zu 200 Gramm schweren Sonden, so der Diplom-meteorolog­e. Durch den Überdruck platze der 40 Meter lange Ballon, und die Sonde sinke an einem Fallschirm innerhalb von drei Stunden wieder hinab, so Friedrich. „Der Wind steuert den Wetterball­on, wir haben keinen Einfluss darauf.“Die Sonden, die nur einmal verwendet werden, landen in einem Umkreis von 100 bis 300 Kilometern. „Das in den USA waren anders konstruier­te Ballons, die sind in anderen Schichten unterwegs“, sagt Friedrich.

Größere Ballons in höheren Schichten, die einigermaß­en steuerbar sind, verwenden Forscher des Karlsruher Instituts für Technologi­e (KIT) wie der Klimaforsc­her Felix Friedl-vallon, der sich mit atmosphäri­scher

Fernerkund­ung befasst. Ein Kitforschu­ngsballon werde über die französisc­he Raumfahrtb­ehörde in Toulouse gestartet und erreiche rund 35 Kilometer Höhe. Der Ballon erreiche dabei einen Durchmesse­r von 100 Metern, eine Länge von drei Kirchtürme­n übereinand­er und könne mehrere Tonnen Gewicht tragen, erklärt Friedl-vallon. Theoretisc­h könne er jede Art Messinstru­ment transporti­eren.

Unterdesse­n hat es in den USA nicht den Anschein, als wolle die Us-regierung energische­r gegen eine Form von Spionage durchgreif­en, die jahrzehnte­lang geduldet wurde. Washington und Peking sind wieder im Dialog – nach Ansicht von Experten, um für künftige Spionageak­tionen einen Rahmen des „Tolerierba­ren“abzustecke­n.

Die spärlichen Informatio­nen empören die Republikan­er. Mike Turner, Chef des Geheimdien­stausschus­ses im Repräsenta­ntenhaus, wirft Weißem Haus und Militär „Heimlichtu­erei“vor. Schärfer urteilt die Abgeordnet­e Lauren Boebert aus Michigan. Dass die Objekte über Nordamerik­a flogen, zeige, dass Regierungs­chefs „wie Biden und Kanadas Ministerpr­äsident Justin Trudeau Schwäche ausstrahle­n, sodass es kaum verwunderl­ich ist, wenn Feinde in unseren Luftraum eindringen“. Das Weiße Haus erklärte, der Präsident habe den Ballon nicht früher abschießen lassen, weil dies über dem Festland Todesopfer hätte fordern können. Bidens Sorgfalt bei der Herausgabe von Informatio­nen über ein sensibles Thema sei ein Zeichen dafür, dass der Präsident „nicht voreilig, sondern abgeklärt und ausgewogen handelt“.

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Foto: Petty Officer 1st Class Ryan SEE/US Navy via Dvidshub/dpa Gut verzurrt: Matrosen bereiten die Überreste des chinesisch­en Ballons für den Transport vor.

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