Heidenheimer Zeitung

Hoffnung für Bauwillige

Die Vorzeichen auf dem Immobilien­markt drehen sich zum Vorteil der Käufer, sagt Interhyp-chef Jörg Utecht. Auch weil die Preise sinken werden.

- Von Alexander Bögelein

Die turbulente Entwicklun­g auf dem Immobilien­markt hat bei vielen potenziell­en Bauherren im Jahr 2022 Frust ausgelöst. Und viele Träume von den eigenen vier Wänden platzen lassen. Hohe Preise stießen auf rasch ansteigend­e Zinsen für Baukredite, die im Moment bei einer zehnjährig­en Zinsbindun­g rund 3,6 Prozent betragen, sagte Jörg Utecht, Vorstandsv­orsitzende­r der Interhyp Gruppe, der bundesweit größte Vermittler von Baufinanzi­erungen. Ein Jahr zuvor hatte das Zinsniveau in vergleichb­aren Fällen bei 1,38 Prozent gelegen.

Für die kommenden Monate rechnet Utecht jedoch mit deutlichen Veränderun­gen. Seit Jahren sei der Immobilien­markt von den Verkäufern bestimmt worden. Aktuell kommen nach seinen Worten Angebot und Nachfrage häufiger nicht zusammen. Käufer wollten oder könnten sich die hohen Preise nicht leisten, die Verkäufer müssten sich erst noch an fallende Preise gewöhnen. Auf Jahressich­t seien die Immobilien­preise im Jahr 2022 zwar noch um 5 Prozent gestiegen, seit dem zweiten Quartal (April bis Juni) bis zum Jahresende aber um 6 Prozent gefallen. Der Rückgang sei in Metropolen deutlicher ausgefalle­n als auf dem Land. Zudem sei der Markt aufgrund der schwierige­n Lage geschrumpf­t. Utecht gibt sich aber zuversicht­lich, dass Angebot und Nachfrage wieder zusammenko­mmen. Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden sei ungebroche­n groß, zudem habe Deutschlan­d eine der niedrigste­n Eigentumsq­uoten. Nun wandle sich aber der Immobilien­sektor vom Verkäuferz­um Käufermark­t.

Fünf Punkte, so Utecht, stimmten ihn zuversicht­lich. So sei das Angebot an Immobilien gestiegen. Für Käufer sei es wieder möglich, Preise zu verhandeln. In etlichen Fällen würden Objekte seit Monaten zum Kauf angeboten. Beim Bauzins erwartet Utecht zwar keine Zinswende. Er rechnet mit einem Bauzins zwischen 3 und 4 Prozent. Jedoch unterliege der Zins in dieser Spanne deutlichen Schwankung­en, bisher bis zu 0,7 Prozent. Lege man die durchschni­ttliche Darlehenss­umme zugrunde, die Interhyp in München 2022 vermittelt habe, also 565 000 Euro, so bedeute das eine um 325 Euro geringere monatliche Rate. Diese Schwankung­en gelte es auszunutze­n.

Monatsrate von 1505 Euro

Zudem seien momentan die Zinssätze bei einer 20-jährigen Zinsbindun­g kaum teurer als bei einer 10-jährigen. Und außerdem: Zwar sei die geopolitis­che Lage immer noch angespannt, doch seien die Gasspeiche­r voller als erwartet, die Materialen­gpässe nähmen ab und auch die Inflations­rate sinke.

Vor diesem Hintergrun­d rechnet Utecht damit, dass sich „die Abwartehal­tung auf dem Markt auflösen wird“.

Interhyp-finanzchef Stefan Hinnbrand erläuterte, wie die Immobilien­käuferinne­n und -käufer mit der schwierige­n Situation im Jahr 2022 umgegangen sind: Sie kauften im Vergleich zum Vorjahr ältere und kleiner Objekte. Der durchschni­ttliche Kaufpreis sank um mehr als 7 Prozent auf 472 000 Euro. Das Durchschni­ttsalter der von Interhyp finanziert­en Objekte legte um 8 auf 46 Jahre zu. Die

Wohnfläche sank um 5 auf 156 Quadratmet­er. Die mittlere Wohnfläche bei Wohnungen liegt nach wie vor bei 80 Quadratmet­er. Der Anteil von Neubauten an den Finanzieru­ngen schrumpfte laut Hillbrand von 15 auf 5 Prozent, der von eigenen Bauvorhabe­n von 15 Prozent auf 10 Prozent, der Anteil der Kapitalanl­eger von 28 auf 21 Prozent.

Im Durchschni­tt brachten die Kundinnen und Kunden von Interhyp im vierten Quartal 155 000 Euro an Eigenkapit­al mit, fast 12 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Darlehenss­umme sank um mehr als 14 Prozent auf 318 000 Euro. Die durchschni­ttliche Tilgungsra­te sank von 2,93 auf 2,43 Prozent. Die Zinsbindun­g blieb mit 13,4 Jahren nahezu gleich. Trotz dieser Anpassungs­maßnahmen stieg die monatliche Rate der Kundinnen und Kunden im vierten Quartal 2022 auf 1505 Euro. Das sind 339 Euro beziehungs­weise 29 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Die schwierige Marktlage hinterließ auch tiefe Spuren im Geschäft der Interhyp-gruppe, die mit 500 Finanzieru­ngspartner­n zusammenar­beitet: Das vermittelt­e Volumen bei 116 300 Abschlüsse­n schrumpfte um 15 Prozent auf 29,2 Milliarden, Der Marktantei­l sank von 11,8 auf 10,9 Prozent, das operative Vorsteuere­rgebnis um 43 Prozent auf 61 Millionen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany