Hoffnung für Bauwillige
Die Vorzeichen auf dem Immobilienmarkt drehen sich zum Vorteil der Käufer, sagt Interhyp-chef Jörg Utecht. Auch weil die Preise sinken werden.
Die turbulente Entwicklung auf dem Immobilienmarkt hat bei vielen potenziellen Bauherren im Jahr 2022 Frust ausgelöst. Und viele Träume von den eigenen vier Wänden platzen lassen. Hohe Preise stießen auf rasch ansteigende Zinsen für Baukredite, die im Moment bei einer zehnjährigen Zinsbindung rund 3,6 Prozent betragen, sagte Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender der Interhyp Gruppe, der bundesweit größte Vermittler von Baufinanzierungen. Ein Jahr zuvor hatte das Zinsniveau in vergleichbaren Fällen bei 1,38 Prozent gelegen.
Für die kommenden Monate rechnet Utecht jedoch mit deutlichen Veränderungen. Seit Jahren sei der Immobilienmarkt von den Verkäufern bestimmt worden. Aktuell kommen nach seinen Worten Angebot und Nachfrage häufiger nicht zusammen. Käufer wollten oder könnten sich die hohen Preise nicht leisten, die Verkäufer müssten sich erst noch an fallende Preise gewöhnen. Auf Jahressicht seien die Immobilienpreise im Jahr 2022 zwar noch um 5 Prozent gestiegen, seit dem zweiten Quartal (April bis Juni) bis zum Jahresende aber um 6 Prozent gefallen. Der Rückgang sei in Metropolen deutlicher ausgefallen als auf dem Land. Zudem sei der Markt aufgrund der schwierigen Lage geschrumpft. Utecht gibt sich aber zuversichtlich, dass Angebot und Nachfrage wieder zusammenkommen. Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden sei ungebrochen groß, zudem habe Deutschland eine der niedrigsten Eigentumsquoten. Nun wandle sich aber der Immobiliensektor vom Verkäuferzum Käufermarkt.
Fünf Punkte, so Utecht, stimmten ihn zuversichtlich. So sei das Angebot an Immobilien gestiegen. Für Käufer sei es wieder möglich, Preise zu verhandeln. In etlichen Fällen würden Objekte seit Monaten zum Kauf angeboten. Beim Bauzins erwartet Utecht zwar keine Zinswende. Er rechnet mit einem Bauzins zwischen 3 und 4 Prozent. Jedoch unterliege der Zins in dieser Spanne deutlichen Schwankungen, bisher bis zu 0,7 Prozent. Lege man die durchschnittliche Darlehenssumme zugrunde, die Interhyp in München 2022 vermittelt habe, also 565 000 Euro, so bedeute das eine um 325 Euro geringere monatliche Rate. Diese Schwankungen gelte es auszunutzen.
Monatsrate von 1505 Euro
Zudem seien momentan die Zinssätze bei einer 20-jährigen Zinsbindung kaum teurer als bei einer 10-jährigen. Und außerdem: Zwar sei die geopolitische Lage immer noch angespannt, doch seien die Gasspeicher voller als erwartet, die Materialengpässe nähmen ab und auch die Inflationsrate sinke.
Vor diesem Hintergrund rechnet Utecht damit, dass sich „die Abwartehaltung auf dem Markt auflösen wird“.
Interhyp-finanzchef Stefan Hinnbrand erläuterte, wie die Immobilienkäuferinnen und -käufer mit der schwierigen Situation im Jahr 2022 umgegangen sind: Sie kauften im Vergleich zum Vorjahr ältere und kleiner Objekte. Der durchschnittliche Kaufpreis sank um mehr als 7 Prozent auf 472 000 Euro. Das Durchschnittsalter der von Interhyp finanzierten Objekte legte um 8 auf 46 Jahre zu. Die
Wohnfläche sank um 5 auf 156 Quadratmeter. Die mittlere Wohnfläche bei Wohnungen liegt nach wie vor bei 80 Quadratmeter. Der Anteil von Neubauten an den Finanzierungen schrumpfte laut Hillbrand von 15 auf 5 Prozent, der von eigenen Bauvorhaben von 15 Prozent auf 10 Prozent, der Anteil der Kapitalanleger von 28 auf 21 Prozent.
Im Durchschnitt brachten die Kundinnen und Kunden von Interhyp im vierten Quartal 155 000 Euro an Eigenkapital mit, fast 12 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Darlehenssumme sank um mehr als 14 Prozent auf 318 000 Euro. Die durchschnittliche Tilgungsrate sank von 2,93 auf 2,43 Prozent. Die Zinsbindung blieb mit 13,4 Jahren nahezu gleich. Trotz dieser Anpassungsmaßnahmen stieg die monatliche Rate der Kundinnen und Kunden im vierten Quartal 2022 auf 1505 Euro. Das sind 339 Euro beziehungsweise 29 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Die schwierige Marktlage hinterließ auch tiefe Spuren im Geschäft der Interhyp-gruppe, die mit 500 Finanzierungspartnern zusammenarbeitet: Das vermittelte Volumen bei 116 300 Abschlüssen schrumpfte um 15 Prozent auf 29,2 Milliarden, Der Marktanteil sank von 11,8 auf 10,9 Prozent, das operative Vorsteuerergebnis um 43 Prozent auf 61 Millionen.