„Ein gutes Lebensmittel“
Die
Eva-maria Endres vom Büro für Agrarpolitik und Ernährungskultur forscht über kulturelle und soziale Aspekte des Essens. Sie erklärt, warum die Deutschen ein besonderes Verhältnis zu Milch haben – und wie gesund sie wirklich ist.
Ernährungswissenschaftlerin Wie erklären Sie sich den Mythos Milch? Eva-maria
Endres: Milch war in Deutschland schon immer ein ganz zentrales Lebensmittel. In der Nachkriegszeit war Milch für ärmere Haushalte, die sich nicht jeden Tag Fleisch leisten konnten, eine wichtige Proteinquelle. Das waren dann relativ simple und schnell zubereitete Gerichte: Morgens gab es Getreidebrei mit Milch. Mittags vielleicht eine Brotsuppe mit Milch darin.
Doch das Verhältnis hat sich geändert.
Ja, die Debatten über Schulmilch zeigen das ganz gut. Die Kritik hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Bei der Milch geht es da dann häufig um Allergien und Unverträglichkeiten. Dazu gibt es Mythen um Krebs und Hautkrankheiten – ich sage bewusst Mythen, denn dafür gibt es keine wissenschaftlichen Beweise.
Der Werbeslogan „Milch macht müde Männer munter“wurde zum geflügelten Wort in Westdeutschland. Welchen Einfluss hatte diese Kampagne?
Die Milchwirtschaft war in Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg einer der landwirtschaftlichen Bereiche, die sich früh professionalisiert hatte und im industriellen Maßstab produzieren konnte. Doch in der Nachkriegszeit sind viele Milchbetriebe Pleite gegangen. Dazu gab es hygienische Bedenken, weil es damals noch keine vergleichbaren Standards wie heute gab. Die Milchwirtschaft hatte ein Imageproblem – das sie mit dieser Kampagne erfolgreich bekämpfte. Auch mit Blick darauf, dass Milch nicht nur ein Produkt für Frauen und Kinder ist. Das machte auch die extreme Subventionierung in den 1970er und 80er Jahren erst möglich – Stichwort Butterberge.
Wie gesund ist Milch jetzt eigentlich?
Vorausgesetzt, es liegt keine Unverträglichkeit vor, ist Milch ein gutes Lebensmittel. Sie liefert Menschen Mineralstoffe und Vitamine, von denen viele sonst nicht genug hätten. Mit bis zu 300 Gramm an Milchprodukten pro
Tag ist man auf der sicheren Seite. Das Schöne ist: Da Milch dazu gedacht ist, ein Säugetier alleine zu ernähren, sind die wichtigsten Nährstoffe in einer guten Zusammensetzung enthalten.