Bald Wolfsrudel im Südschwarzwald?
Der Wolf, der seit Jahren im Südschwarzwald residiert, und die erste eingewanderte Wölfin in Baden-württemberg haben sich offenbar gefunden. Experten erwarten bald Nachwuchs.
Was nur eine Frage der Zeit war, scheint nun geschehen zu sein: Eine Fotofallen-kamera im Südschwarzwald hat zwei Wölfe aufgenommen. Ob es sich um den schon seit Jahren bei Schluchsee lebenden Wolf mit der Bezeichung GW1129M und um die im Januar im Münstertal (Kreis Breisgau-hochschwarzwald) entdeckte Wölfin GW2407F handelt, ist nach Auskunft der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg (FVA) unklar. Die Experten halten es aber für sehr wahrscheinlich.
„Da zuvor im Schwarzwald lediglich einzelne territoriale Rüden bestätigt wurden, ist es wahrscheinlich, dass sich eine zugewanderte Wolfsfähe nun einem der Rüden angeschlossen hat. Mit einer dauerhaften Paarbildung und der Reproduktion im Jahr 2023 in dieser Region muss gerechnet werden“, schreibt die FVA in einer Pressemitteilung.
Damit bekommt die Diskussion um die Wölfe im Schwarzwald eine neue Dimension. Als im April 2018 ein Wolf bei Bad Wildbad eine Schafherde attackierte und der Schäfer auf einen Schlag über 40 Schafe verlor, brach eine wilde Diskussion los. Schafzüchter und andere Viehhalter gingen auf die Barrikaden, forderten vom Land eine Abschuss-erlaubnis für das Raubtier. Das Umweltministerium setzt bis heute auf den Herdenschutz, unterstützt die Viehhalter darin finanziell.
Drei Wölfe leben im Land
Lange war der Wolf bei Bad Wildbad der einzige im Land. Inzwischen leben drei Wölfe dauerhaft in Baden-württemberg: einer im Nordschwarzwald, der seine Spuren immer wieder bei Forbach im Kreis Rastatt hinterlässt, und zwei im Südschwarzwald. Einer der südlich residierenden Wölfe ist GW1129M (GW steht für Grauwolf, m für männlich). Er steht seit dem 27. November 2019 in der Tabelle des Umweltministeriums für die C1-nachweise. Das sind die eindeutigen Nachweise, die zum Beispiel durch genetische
Spuren, Lebendfang, Fotos oder Videos belegt sind.
Ob ein Rind, das am Dienstag auf der Gemarkung Schluchsee tot aufgefunden wurde, von einem Wolf gerissen worden ist, ist nach Auskunft des Umweltministeriums noch nicht geklärt. Die Experten der FVA seien vor Ort gewesen, „um die Situation zu dokumentieren und genetische Proben zu nehmen“, heißt es vom Ministerium. Die Proben werden am Senckenberg-zentrum für Wildtier-genetik untersucht. Erst danach werde feststehen, ob es sich bei dem Angreifer um einen Wolf handelt „und ob der Tod des Rindes möglicherweise dem Wolfsrüden GW1129M zuzuordnen ist“.
Mehr als drei Jahre musste GW1129M auf eine Gefährtin warten. Nun scheint das Warten ein
Ende zu haben. „Das Paar auf dem Foto überrascht mich nicht, das war nicht anders zu erwarten“, sagt Markus Rösler, Naturschutzexperte der baden-württembergischen Grünen und Wolfsbotschafter des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu).
Sollten sich die zwei Wölfe verpaaren, was Wölfe im Februar/
März tun, kommen im April/anfang Mai vier bis sechs Welpen zur Welt. „Es ist folglich damit zu rechnen, dass es im Südschwarzwald in diesem Jahr zu einer Rudelbildung kommt“, informiert die FVA.
Schafzüchter und andere Viehhalter sind nach Auskunft der FVA und des Umweltministeri
ums informiert. Eine Stellungnahme des Landesschafzuchtverbands war nicht zu bekommen. Nach Auskunft der FVA sind Weidetiere von einem Wolfsrudel nicht stärker bedroht als von einem einzelnen Wolf. „Ob in einem Wolfsterritorium ein einzelner Wolf, ein Paar oder ein Rudel lebt, entscheidet nicht ausschlaggebend darüber, welche Auswirkung die Wolfspräsenz auf die Nutztierhaltung hat“, informiert die FVA auf Anfrage. Entscheidender seien andere Faktoren. „Wenn einzelne Wölfe gelernt haben, Nutztiere zu erbeuten, ist es möglich, dass weitere Wölfe des Rudels dieses Verhalten ebenfalls zeigen.“Deshalb sei es wichtig, dass in Wolfs-gebieten der geeignete Herdenschutz umgesetzt werde, so die FVA.