Klassentreffen auf dem Schlossberg
Beim Heimspiel des FCH gegen den 1. FC Nürnberg kommt es zum Wiedersehen der Fußballlehrer. Frank Schmidt, Markus Weinzierl und Bernhard Raab drückten 2011 gemeinsam die Schulbank.
Wiedersehen macht Freude. Das gilt bei Fch-trainer Frank Schmidt gleich auf mehreren Ebenen. Als Nachwuchskicker und später als Profi lernte er zahlreiche Fußballer kennen – als Mit- und Gegenspieler. In seiner über 15-jährigen Trainer-amtszeit auf dem Schlossberg kamen zahlreiche Schützlinge hinzu, mit denen sich die gemeinsamen Wege immer wieder kreuzen. Natürlich trifft das auch auf zahlreiche seiner Trainer-kollegen zu.
Wenn es zum Beispiel zum Treffen mit Darmstadts Coach Torsten Lieberknecht kommt, nehmen sich die beiden nach getaner Arbeit noch Zeit für ein Schwätzchen, das mit einer herzlichen Umarmung endet. Die Pressekonferenzen mit Ksccoach Christian Eichner und Braunschweig-trainer Michael Schiele glichen zeitweise Plaudereien, bei denen die gegenseitige Wertschätzung nicht zu übersehen war.
Zehn Monate im Klassenzimmer
Morgen Nachmittag kommt es für Schmidt beim Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg quasi zu einem kleinen Klassentreffen. Mit Club-trainer Markus Weinzierl drückte der 49-Jährige vor rund zwölf Jahren die Schulbank. Und das nicht im übertragenen Sinne. „Wir waren über zehn Monate lang Banknachbarn, das verbindet natürlich“, sagt Frank Schmidt.
Am Spielfeldrand trafen sich die fast gleichaltrigen Trainer im Ligabetrieb nach dem Lehrgang nur noch zweimal. Wie bei den vier Duellen zuvor in der 3. Liga coachte Weinzierl Jahn Regensburg und hat im direkten Vergleich die Nase leicht vorn. Von den sechs Drittliga-partien gewann der gebürtige Straubinger zwei, einmal jubelte Schmidt mit dem FCH (bei drei Remis).
Das letzte sportliche Treffen gab es im Rahmen eines Testspiels im September 2021. Weinzierl gewann das Duell als Cheftrainer des FC Augsburg mit 2:1. „Da haben wir die Zeit genutzt, um auch mal wieder etwas länger zu reden“, blickt der Fch-coach zurück. Am Rande von Pflichtspielen bleiben für private Gespräche wenige Minuten.
„Da geht es darum, Leistung zu bringen und Ergebnisse einzufahren. Und so wird das auch am Sonntag sein, unser Wiedersehen wird sehr unromantisch ablaufen“, betont der 49-Jährige. Gelegenheiten für ausgedehntere Unterhaltungen mit Trainer-weggefährten böten vor allem Trainertagungen. „Da gibt es auch mal das eine oder andere längere Gespräch“, erzählt Frank Schmidt. Die Karrieren der beiden Trainer
kumpels begannen ähnlich, um dann vollkommen unterschiedliche Verläufe zu nehmen. Wie Schmidt gelang Markus Weinzierl mit dem Underdog aus Regensburg der Aufstieg in die 2. Bundesliga (2012). Nach seinem Karriereende in Regensburg als Spieler – das nur 15 Kilometer von Weinzierls Geburtsstadt Straubing entfernt liegt – begann er 2007 seine Laufbahn neben dem Platz erst als Co-trainer, ehe er
eineinhalb Jahre später zum Cheftrainer aufstieg.
Mit dem FCA in der Bundesliga
Doch statt mit dem Jahn um den Klassenverbleib zu kämpfen, wechselte der ehemalige Libero zum FC Augsburg in die 1. Bundesliga. Nach vier erfolgreichen Saisons, in denen er die Fuggerstädter sogar einmal in die Europa League führte, endete die Zusammenarbeit.
In der Folge wurden die Amtszeiten Weinzierls, der zuvor fünf Jahre beim Jahn und dann vier in Augsburg arbeitete, deutlich kürzer. Ein Jahr auf Schalke, ein halbes in Stuttgart und 14 Monate dauerte sein zweites Engagement beim FCA.
Da liegt die Frage nahe: Was wäre gewesen, wenn er bei Jahn Regensburg geblieben wäre? Vielleicht wäre der 48-Jährige nach Frank Schmidt der Trainer mit der zweitängsten Amtszeit deutschen Profifußball.
In der Realität steht er jetzt aber bei den Nürnbergern in Amt und Würden und wird morgen versuchen, die nächsten wichtigen Punkte im Abstiegskampf einzusammeln.
Roger Schmidt coacht Benfica Raab ebenfalls Absolvent
im
Die weiteren 23 Fußballlehrerinnen und -lehrer, die gemeinsam mit Schmidt und Weinzierl ihren Abschluss machten, schlugen ganz unterschiedliche Karrierewege ein. Prominentester Absolvent der Abschlussklasse 2011 ist sicherlich der Namensvetter des Heidenheimer Trainers: Roger Schmidt.
Am Mittwochabend holte der derzeitige Trainer von Benfica Lissabon mit seinem Team einen 2:0-Sieg im Champions-leagueachtelfinale gegen den FC Brügge. Vor seinem Amt in der portugiesischen Hauptstadt trainierte er in Salzburg, Leverkusen, Peking und Eindhoven. Insgesamt schafften es acht Trainer und mit Verena Hagedorn eine Trainerin in die höchste deutsche Spielklasse. „Wir hatten einen sehr erfolgreichen Jahrgang“, blickt Frank Schmidt zurück.
Einige Absolventen nutzten den Fußballlehrer in anderer Funktion und wirkten nicht als Chefcoach von Profifußballern. Stefan Hofmann arbeitet im Nachwuchsbereich des FSV Mainz 05 und ist mittlerweile Vorstandsvorsitzender bei dem Bundesligisten. Sven Mislintat, der als „Diamantauge“bei Borussia Dortmund, Arsenal London und dem VFB Stuttgart zahlreiche Toptalente verpflichtete, kümmerte sich hauptsächlich um die Kaderzusammenstellung seiner Arbeitgeber. Fernab vom Profifußball blieb Michael Mohs, der sich beim Niedersächsischen Fußballverband um den Nachwuchs kümmert und nebenbei einen Bezirksligisten trainiert.
Auf einen ehemaligen „Klassenkameraden“zählt Frank Schmidt fast tagtäglich. Sein Co-trainer Bernhard Raab, der in dieser Woche seinen Vertrag auf dem Schlossberg verlängerte, war ebenfalls ein „Mitschüler“in der 2011er-abschlussklasse. „Ich habe mich extrem gefreut, dass Bernhard seinen Vertrag verlängert hat“, betont Schmidt.
Und ohne die gemeinsame Lehrzeit wäre es wohl nicht zu der erfolgreichen Zusammenarbeit gekommen – was auch Frank Schmidt bestätigt. „Da habe ich schon mitgeholfen, dass das damals auch geklappt hat“, sagt er. Und Raab, der 2014 zum FCH kam und seit 2018 Schmidts Co ist, hat das Vertrauen in den fast neun Jahren mehr als zurückgezahlt.