Den Winter überleben
Zu dunkel, zu warm, zu trockene Luft – die Bedingungen für Gewächse sind gerade denkbar schlecht. Man kann ihnen aber helfen.
Der Winter ist eine schwere Zeit für unsere Zimmerpflanzen. Zwar stehen sie geschützt im Warmen – genau das aber kann zum Problem werden. Denn im Winterhalbjahr bekommen die Pflanzen widersprüchliche Signale, die sie aus dem Rhythmus bringen und ihre Gesundheit erheblich beeinträchtigen können. Grundsätzlich gilt: „Der Standort einer Zimmerpflanze definiert sich aus der Raumtemperatur und der Lichtsituation“, sagt Olaf Beier, Gärtnermeister aus Siek und Vorstandsmitglied im Bundesverband der Einzelhandelsgärtner (BVE). Nur passen diese beiden Faktoren im Winter oft nicht mehr zusammen: Das Zimmer, in dem sich ja meist auch Menschen aufhalten wollen, wird hochgeheizt – die Lichtmenge aber nicht angepasst. Die Pflanze bekommt also durch die Temperatur den Impuls, weiterhin zu wachsen. Dazu fehlt ihr aber die Energie: Die müsste sie mithilfe der Photosynthese herstellen – wozu sie Licht benötigt. Und genau daran mangelt es in unseren Breitengraden im Winter. Das sind die Zimmerpflanzen, die sehr oft aus den Tropen oder Subtropen stammen, nicht gewöhnt.
Mit Dünger künstlich nachzuhelfen, ist keine gute Idee. Dieser enthält zwar Mineralstoffe, kann aber die Photosynthese nicht ersetzen – mit ihrer Hilfe bildet die Pflanze lebenswichtige Zuckermoleküle. Wird die Pflnze gedüngt, bekommt sie Wachstumsimpulse, die sie durch den fehlenden Zucker jedoch nicht umsetzen kann. Daher ist im Winter für die meisten Arten Düngepause angesagt – Ausnahme sind solche, die gerade blühen.
Optimale Bedingungen wird man den exotischen Zimmergenossen im Winter schwerlich bieten können. Aber man kann versuchen, der Pflanze so gut wie möglich ausgewogene Bedingungen zu bieten. Entweder also, man verändert die Lichtmenge. Die einfachste Methode ist, die Pflanzen so nah wie möglich ans Fenster zu rücken – schließlich kann schon ein Abstand von einem Meter oder etwa ein Vorhang die Lichtmenge empfindlich reduzieren. Wer auf Nummer Sicher gehen will, schafft sich einen Luxmeter an und misst nach: Liegt der Wert unter 500, ist es auf jeden Fall zu dunkel, die Pflanze wird über kurz oder lang eingehen, sagt die Floristmeisterin Ute Kersting. Ab einem Wert von 1000 Lux wachsen die Pflanzen zwar nicht, manche Arten überleben aber. Das Optimum liegt für die meisten Arten bei etwa 10 000 Lux – im Winter erreicht ein bedeckter Himmel in unseren Breiten lediglich 3500 Lux.
Selbst am Fenster kann es da also für anspruchsvolle Arten zu dunkel sein. Orientieren kann man sich auch an der Größe der Blätter: Je mehr Fläche sie haben, desto mehr Licht können sie auffangen – in der Natur leben die dazugehörigen Pflanzen oft in den unteren Schichten eines Regenwaldes, wie etwa Philodendron, Monstera oder Efeutute.
Reicht das Licht nicht aus, sind die Fensterplätze belegt oder ist die Pflanze zu groß, kann man mit Pflanzenlampen nachhelfen, Led-leuchten brauchen vergleichsweise wenig Strom. Angesichts der aktuellen Energiepreise muss man sich aber überlegen, ob man sich diese zusätzliche Beleuchtung leisten kann und will.
Die Energiesparbemühungen kann man gut mit der zweiten Möglichkeit der Pflanzen-überwinterung kombinieren: Statt die Lichtmenge zu erhöhen, kann man im Gegenzug die Raumtemperatur reduzieren, um der Pflanze keine Wachstumsimpulse zu geben – das verringert ihren Energiebedarf. Die Pflanze braucht dann auch weniger Wasser – gießt man zu viel, faulen die Wurzeln.
Tropische Pflanzen sind eine Winterpause aus ihrer Heimat zwar nicht gewöhnt, können sich aber bis zu einem gewissen Grad damit arrangieren. Manche Pflanzen, beispielsweise einige Orchideenarten, bekommen durch die kühleren
Temperaturen sogar einen Impuls, um neue Blüten anzusetzen.
Optimalerweise weiß man also über die Herkunft seiner Zimmerpflanzen Bescheid und verteilt sie im Winter so in den Räumen, dass Lichtverhältnisse und Temperatur möglichst gut zu den Gewächsen passen. Für die Kandidaten im wärmeren Wohnzimmer sollte man allerdings einen weiteren Faktor beachten: die Luftfeuchtigkeit. Sie ist im beheizten Zimmer fast immer zu niedrig – tropische Pflanzen etwa sind in ihrer Heimat rund 90 Prozent gewohnt. Diesen Wert kann man in der Wohnung alleine wegen der Schimmelgefahr nicht bieten. Ein Kompromiss sind aber um die Pflanzen herum aufgestellte Wasserschalen, Zimmerbrunnen und eine regelmäßige Dusche mit der Sprühflasche.