Lithium made in Germany?
In Schweden wurden jüngst Seltene Erden entdeckt. Auch hierzulande wird wieder über Bergbau gesprochen. Deutschland will unabhängiger von Ländern wie China werden.
Die Meldung aus Nordschweden hat viele, nun ja, elektrisiert. Das Bergbauunternehmen LKAB teilte vor einigen Wochen mit, es habe im Kiruna-gebiet mehr als eine Million Tonnen an Seltenerdoxiden entdeckt. Das wäre die größte bisher bekannte Lagerstätte in Europa. Seltene Erden sind Metalle, die nicht zuletzt für Elektrofahrzeuge und Windkraftanlagen unerlässlich sind. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass die Nachfrage nach Seltenen Erden zwischen 2020 und 2040 um das Siebenfache und nach Lithium sogar um das 42-fache steigen könnte.
Für die Bundesrepublik könnte der Fund ein Glücksfall sein. Denn: „Bei der Gewinnung und vor allem der Verarbeitung von Metallen sind Deutschland und die EU bereits jetzt sehr stark von einzelnen Ländern abhängig“, heißt es in dem Rohstoff-eckpunktepapier der Bundesregierung. Vor allem China steht hier im Mittelpunkt. 80 Prozent der Seltenen Erden werden im Reich der Mitte gefördert. Manche Quellen sprechen von 90 Prozent der Förderung und Verarbeitung. Kein Wunder, dass der Fund von Kiruna in Europa mit Begeisterung aufgenommen wurde. Experten sind allerdings zurückhaltend.
„Dieser Fund in Schweden wird für uns in Deutschland kurzfristig von geringer Bedeutung sein“, sagt Sören Henning von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Mit dem Abbau des Vorkommens sei „frühestens in 10 bis 15 Jahren zu rechnen“. Immerhin, die Wirtschaftsbeziehungen zu Schweden sind sehr gut „und die langfristige Nutzung der Vorkommen in Skandinavien könnte uns helfen, die Abhängigkeit von China in diesem Punkt zu verringern“, sagt Henning, der unter anderem Koordinator für den Rohstoffsituationsbericht der BGR ist.
Seltene Erden werden in Europa derzeit nur in Frankreich und Estland gefördert. Andererseits gibt es immer wieder neue Funde. Gerade meldet Norwegen
Vorkommen auf dem Meeresboden vor seiner Küste. Und in Deutschland? „In den Bundesländern wird immer mal wieder untersucht, ob es nennenswerte Vorkommen gibt“, sagt Sören Henning. „Gerade hat man in Bayern danach geforscht. Allerdings lassen die Ergebnisse bislang keine wirtschaftliche Gewinnung zu.“
Bei welchen Rohstoffen lohnt sich dann die Förderung in Deutschland? „Heimischer Bergbau hilft uns zum Beispiel bei
Baurohstoffen sowie bei einzelnen Industriemineralen (Kaliund Magnesiumsalze, Quarz, Flussspat)“, heißt es seitens des Bundeswirtschaftsministeriums. Aber es gelte auch „die Rohstoffgewinnung bei kritischen Rohstoffen (insbesondere bei Metallen) zusätzlich zu befördern“. Hier kommt Lithium ins Spiel. Das ist „von allen Metallen, die wir in Deutschland gewinnen können, das mit dem größten Potenzial“, sagt Sören Henning. Lithium ist neben Kobalt der wichtigste Bestandteil von Batterien, die unter anderem in Elektrofahrzeugen verbaut werden. Vor allem im Oberrheingraben sind in den geothermalen Wässern höhere Gehalte von Lithium gefunden worden. Im nordbadischen Bruchsal testet ENBW die Förderung des „Weißen Goldes“.
Bergbau ist allerdings in Deutschland nicht sehr beliebt. In einer Stellungnahme für den Bundestag spricht der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) von einer „Nimby-mentalität“ (Nimby: Not in my backyard – Nicht in meiner Nachbarschaft), der man entgegentreten müsse. Und tatsächlich bedeutet die Verweigerung heimischen Bergbaus das stillschweigende Einverständnis mit Importen. „Es ist aber schwierig, wenn man für die E-mobilität ist und sich nicht fragt, woher die Rohstoffe für die Batterien kommen“, sagt Bgr-experte Sören Henning. „Hierzulande könnten Rohstoffe unter Einhaltung unserer hohen Arbeitsund Umweltbedingen gefördert werden. Hier gäbe es eine verlässliche Kontrolle.“
Der Geologe setzt da vor allem auf Sachsen und das Erzgebirge, ein historisches Bergbaugebiet. „Hier besteht noch ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Rohstoffgewinnung.“Und dort gibt es bei Zinnwald ein großes Lithiumvorkommen. Nach den Angaben der Deutschen Lithium Gmbh ist es zwar kaum vergleichbar mit Lagerstätten in Australien und Chile, aber wenn die Förderung so läuft, wie geplant, dann könnte pro Jahr Lithium für 300 000 Elektro-autobatterien gefördert werden – aus Tiefen von bis zu 500 Metern. Überhaupt hat das Erzgebirge viel Potenzial. Für Wolfram, Flussspat, Zinn oder Zink gibt es schon Pilotanlagen. Bei einem anderen Projekt geht es um Zinn, Zink und Indium.
Insgesamt sind die förderwürdigen Mengen von strategisch wichtigen Metallen in Deutschland überschaubar. Deswegen ist eine europäische Zusammenarbeit mehr als sinnvoll. Dazu wurde das Projekt GEOERA entwickelt, um herauszufinden, welche Rohstoffe in Europa wirklich oder möglicherweise vorhanden sind.