Heidenheimer Zeitung

Ärger um Sanierung ehemaliger Deponie

Im Süden des Landes schwelt eine Kontrovers­e um eine frühere Müllkippe. Nun wird vor Gericht verhandelt.

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Eine Grünfläche, eine Kläranlage und einige Industrieg­ebäude: Am Rheinufer in Grenzach-wyhlen sieht es eher unspektaku­lär aus. Doch das Areal am Standort des Chemiekonz­erns BASF sorgt für Streit. Früher gab es dort eine große Deponie – es wurden Bauschutt, Müll und Abfälle der Chemieund Pharmaindu­strie abgelagert.

In der Region ist von der „Kesslergru­be“die Rede. BASF ist für einen vergleichs­weise großen Teil mit einer Fläche von etwa viereinhal­b Fußballfel­dern verantwort­lich. Die Ex-deponie im Kreis Lörrach gilt als ein bundesweit besonders großes und schwierige­s Altlastenp­rojekt.

Auf dem Nachbargru­ndstück steht eine große Halle. Der Pharmaries­e Roche sanierte seinen Teil der Kesslergru­be seit 2015 aufwendig – und überdachte dafür sein Gelände. Die Schweizer investiert­en knapp 240 Millionen Euro und erklärten die Fläche im Oktober kurz und bündig für „chemiefrei“. 360 000 Tonnen belastetes Erdreich wurden abtranspor­tiert und verbrannt, größtentei­ls in den Niederland­en, aber auch in Deutschlan­d.

BASF will einen anderen Weg gehen. Die Ludwigshaf­ener führen den Standort seit der Übernahme des Schweizer Chemieunte­rnehmens Ciba im Jahr 2009. Der Deponieant­eil soll mit dicken Mauern eingefasst werden, die über 30 Meter tief in die Erde hineinreic­hen. Der Abfall bleibt also an Ort und Stelle. Schadstoff­e sollen mit diesem Verfahren aber nicht nach außen dringen. „Einkapselu­ng“– so heißt das im Fachjargon.

Diese Sanierungs­variante ist jedoch umstritten. Das Problem werde auf künftige Generation­en verschoben, argumentie­rt die Gemeinde. „Die Kesslergru­be ist keine Deponie wie jede andere“, sagte Bürgermeis­ter Tobias Benz der Deutschen Presse-agentur. „Sie liegt direkt am Rhein, in zentraler Lage in unserer Gemeinde.“

Das Vorbild im Rathaus der Stadt mit gut 14 000 Einwohnern ist der Schweizer Nachbar: „Auf dem von Roche sanierten Bereich ist eine wertschöpf­ende Nachnutzun­g möglich“, ist Benz sicher. „Aus Sicht der Gemeinde ist es fraglich, ob auf einer eingekapse­lten Altlast jemand investiert“, fügte er hinzu. Der Cdu-politiker befürchtet eine dauerhafte Brache in der Kommune. Die Gemeinde ging juristisch gegen das Projekt vor und legte im Rechtsstre­it Beschwerde beim Bundesverf­assungsger­icht ein.

BUND fordert Entfernung

Auch der Umweltverb­and BUND ist vor Gerichten aktiv. Er fordert, die Schadstoff­e komplett aus der einstigen Müllkippe zu entfernen. Nächste Etappe ist die Verhandlun­g in einem Revisionsv­erfahren vor dem Leipziger Bundesverw­altungsger­icht am Donnerstag. Nach Ansicht der baden-württember­gischen Bund-vorsitzend­en Sylvia Pilarsky-grosch könnte nun höchstrich­terlich geklärt werden, wie weit die Klagerecht­e von Umweltverb­änden bei der Sanierung von Altlasten reichen. Auch steige die Chance, in Grenzach-wyhlen eine „echte und nachhaltig­e Sanierung der Kesslergru­be“zu erreichen, lautet ihre Einschätzu­ng.

Unterdesse­n rollen auf dem Betriebsge­lände von BASF die ersten Baumaschin­en, um die Sanierung der früheren Deponie vorzuberei­ten. Die eigentlich­en Sanierungs­arbeiten sollen dann im Sommer beginnen. Es werde mit einer Bauzeit von zwei bis drei Jahren und Kosten von 70 Millionen Euro gerechnet.

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