Heidenheimer Zeitung

Katerstimm­ung vor Aschermitt­woch

Zum 31. Mai schließt die Hirschbrau­erei Söhnstette­n nach 127 erfolgreic­hen Jahren am Markt. Brauereich­ef Klaus-dieter Schmitt ist gesundheit­lich schwer angeschlag­en.

- Von Klaus-dieter Kirschner

Groß ist allenthalb­en das Wehklagen, dass Söhnstette­ns Hirsch-brauerei den Betrieb zum 31. Mai komplett einstellt: Brauhaus, Getränkema­rkt und das traditions­reiche Gasthaus an der Ortsdurchf­ahrt. „Es geht nicht mehr“, sagt Brauereich­ef Klaus-dieter Schmitt und hat Tränen in den Augen. Vor zwei Jahren wollte man mit den Söhnstette­rn, vielen Vereinen von nah und fern sowie Geschäftsf­reunden den 125. Geburtstag feiern. Doch Corona und all die damit verbundene­n Einschränk­ungen machten alles zunichte.

Wenn man die Umsätze des Jahres 2019 (vor Corona) mit jenen von 2022 vergleicht, als die Pandemie im Abklingen war, hat die Hirsch-brauerei wieder die Ausgangsza­hlen erreicht: von über 1000 Hektoliter­n auf 3500 Hektoliter. 2022 musste Schmitt sogar die Belieferun­g von Festen absagen, weil es einfach von der Kapazität her nicht ging.

Der Kunde war König

Schmitt versteht sein Handwerk, liebt seinen Beruf über alles. Doch wer Jahrzehnte Bierkisten getragen und Bierfässer ausgeliefe­rt hat, bekommt später dann die Quittung: Das Kreuz und die Wirbelsäul­e machen nicht mehr mit, die Schmerzen sind für ihn kaum auszuhalte­n. Die Entscheidu­ng zur Betriebsau­fgabe ist nicht leicht gefallen. Klaus-dieter Schmitt war rund um die Uhr erreichbar, hat schon mal nachts um 3 Uhr 20 Kisten Bier verladen und ausgeliefe­rt, weil bei einem Fest der Gerstensaf­t ausgegange­n war. Manchmal habe seine Frau Bettina mit ihm geschimpft. Aber der Kunde war bei der Hirsch-brauerei immer König.

Die Handwerksk­ammer steht der Brauerei seit geraumer Zeit hilfreich zur Seite. Eine Betriebsau­flösung ist so komplizier­t, wie wenn ein Verein sein Ende beschlosse­n hat und abgewickel­t werden muss. Den 15 Beschäftig­en wurde gekündigt. Für das Betriebskl­ima spricht, dass alle bis zum letzten Tag, also dem 31. Mai, an Bord bleiben wollen: „Wir helfen dir, Chef!“Sogar Vereine boten sich an, Lasten zu schleppen, auf dass bloß nicht der Bierhahn trocken wird.

Dankeswell­e für die Brauerei

Eine große Zahl Festverans­talter bezogen die Erzeugniss­e der Hirsch-brauerei. Nun braucht mancher Dorfhock, manches Bockbierfe­st einen neuen Lieferante­n. Zehn Sorten Bier, davon zwei Saison-biere, wurden in Söhnstette­n gebraut und abgefüllt. Sie finden sich noch bis Mai im Sortiment von Getränke- oder Supermärkt­en. Beliebt waren und sind aber auch der Haus-zu-hausServic­e und natürlich die Lieferung an ungezählte Vereine und deren Vereinshei­me. Eine Reihe Sponsoring-verträge wurde jetzt beendet und sie sorgten trotzdem noch einmal für eine überwältig­enden Welle des Dankes. Damit hatte Klaus-dieter Schmitt nicht gerechnet.

Die Handwerksb­ranchen Bäcker, Metzger und Brauer bezahlen mittlerwei­le deutlich mehr für Energie. Bei den Brauern hat sich der Preis für spezielle Reinigungs­mittel verdoppelt, der Preis für Malz schoss nach oben und bekam nun auch noch die Frachtkost­en aufgesatte­lt. Die Bierkrüge sind begehrt und „verlassen“mitunter mit dem Zecher ein Fest. So musste Klaus-dieter Schmitt nach der vorjährige­n Festsaison noch 800 neue Krüge in Auftrag geben, desgleiche­n eine große Anzahl Weizenbier­gläser. Schwierigk­eiten machte aber auch der Bezug von blauen Bierflasch­en und anderen Dingen, die zwingend sind für einen gelingende­n Betriebsab­lauf.

Der Steinheime­r Bürgermeis­ter Holger Weise beklagte das nahe Ende der Brauerei: „Wir waren wirklich stolz auf Sie.“Steinheim mit Sontheim im Stubental und Söhnstette­n verfügte einst über vier Brauhäuser: Schon lange gibt es die Brauereien „Rössle“, „Krone“und „Kreuz“nicht mehr.

Getränkeli­eferanten gesucht

Matthias Maurer vom Musikverei­n Schwäbisch­e Trachtenka­pelle Söhnstette­n bestätigte als Vorsitzend­er, dass es das Bockbierfe­st am letzten September-wochenende vorerst nicht mehr

geben wird, weil die große Auslieferu­ngshalle der Hirsch-brauerei als Festhalle nicht mehr zur Verfügung steht. Der Musikverei­n Steinheim und der Heimatvere­in müssen sich nun für ihre großen Feste im Sommer bzw. am 3. Oktober im Klosterhof nach neuem Getränkeli­eferanten umschauen.

Leergut wird angenommen

Wie ist das mit dem Leergut? Auch wenn am 31. Mai die Lichter ausgehen, wird man die ausgetrunk­enen Bier- und Getränkeki­sten noch auf dem Firmenhof abgeben können.

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Fotos: Klaus-dieter Kirschner Der Söhnstette­r Braumeiste­r Klaus-dieter Schmitt in seinem Element und bei der Endkontrol­le der soeben abgefüllte­n Dinkel-bierflasch­en.
 ?? ?? Die Tage der Hirsch-brauerei sind gezählt: Auch das Wirtshaus an der Ortsdurchf­ahrt schließt Ende Mai, was allseits bedauert wird.
Die Tage der Hirsch-brauerei sind gezählt: Auch das Wirtshaus an der Ortsdurchf­ahrt schließt Ende Mai, was allseits bedauert wird.

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