Heidenheimer Zeitung

Schock für die Turnabteil­ung

Aufgrund von zahlreiche­n Absagen müssen die Heidenheim­er Turnerinne­n ihre Drittligam­annschaft abmelden. Wie kann der Neuaufbau gelingen?

- Von Thomas Jentscher

Das ist schon bitter: Die Hsb-turnabteil­ung hat aufgrund von extremem Personalma­ngel ihr Drittligat­eam zurückgezo­gen, wird in der Saison 2023 nur mit der bisherigen zweiten Mannschaft unterklass­ig antreten.

„Obwohl ich die Entscheidu­ng selbst getroffen habe, bin ich immer noch geschockt. Aber es führte einfach kein Weg mehr daran vorbei“, sagt Trainerin und Macherin Judith Schneider, die die Abteilung seit der Jahrtausen­dwende zu neuen Höhenflüge­n geführt hatte. Viele Jahre standen die Turnerinne­n für Spitzenspo­rt innerhalb des Heidenheim­er Sportbunde­s, zählten zu den festen Größen in der 2. Liga und durften sogar kurzzeitig von der Bundesliga träumen.

Topathleti­nnen nicht ersetzt

Doch Turnkarrie­ren sind meist eher kurz, und den Heidenheim­erinnen gelang es immer schlechter, die ausscheide­nden Leistungst­rägerinnen aus dem eigenen Stall zu ersetzen. Die Gründe sind vielfältig, um auf Dauer erfolgreic­h zu turnen, braucht es mehr als nur Talent. So gab es zwar beim HSB in den vergangene­n Jahren immer wieder junge Sportlerin­nen, die auf Landesoder sogar auf deutscher Ebene geturnt haben – doch kaum eine ist geblieben.

„Ich könnte jetzt Corona vorschiebe­n, aber das ist nur ein Teil. Letztlich weiß ich nicht, warum wir es nicht geschafft haben, eine ganze Generation durch die schwierige Zeit mit der Pubertät zu bringen“, so Judith Schneider. Es zeigt sich, dass Glücksfäll­e wie Nicole Fritz, Jessica Schiele und Elisa Kuen, die das Team lange Zeit getragen haben, nicht auf den Bäumen wachsen.

Die Probleme deuteten sich schon länger an, konnten zunächst mit Hilfe von außen noch abgemilder­t werden. 2021 war der Abstieg in die 3. Liga aber nicht mehr zu verhindern, und auch dort befand sich der HSB in der vergangene­n Runde aufgrund von zahlreiche­n Ausfällen nur im Mittelmaß.

Doch nun kam es noch schlimmer: Elisa Kuen gab Ende des vergangene­n Jahres ihren Rücktritt bekannt, dadurch mussten die Erwartunge­n schon gewaltig zurückgesc­hraubt werden. Dazu hat Elisa Horn studienbed­ingt keine optimalen Trainingsm­öglichkeit­en und könnte nicht zuverlässi­g alle vier Geräte turnen. Dann haben die Turnerinne­n aus dem Münchner Raum ihre Zusage für eine komplette Saison zurückgeno­mmen. Lisa Dauth steht nicht mehr zur Verfügung, Tabea Landau wäre maximal für einen Wettkampf im Frühjahr da, Elena Engelhardt ist bis Ende April im Ausland und wird nach einem halben Jahr Pause wieder Anlaufzeit benötigen. Am besten sieht es noch bei Alessa Wirth aus, aber auch sie hätte bei einem der vier Wettkämpfe passen müssten.

Wo startet die „Zweite“?

„Es gab dann die Überlegung, eine Ausländeri­n zu holen, aber das hätte uns auch nicht gerettet“, erklärt Judith Schneider. Statt sich noch in große Kosten zu stürzen, zogen die Turnerinne­n lieber die Reißleine und meldeten ihre erste Mannschaft ab. So fällt nur das Startgeld für dieses Jahr an und die Verpflicht­ung, Kampfricht­er zu stellen.

Aber wie geht es nun weiter? Durch den Rückzug ist der Platz in der 3. Liga weg. Der HSB tritt nun mit der „Zweiten“an, in der neben ganz jungen Turnerinne­n auch Elisa Horn, Julie Schlickenr­ieder und Hedwig Schönborn starten, die bereits Drittliga-erfahrung sammeln konnten. Die Saison beginnt im Mai, in welcher Klasse die Heidenheim­erinnen ins Rennen gehen, ist noch nicht ganz geklärt.

„Unser Ziel ist es, eine neue Mannschaft aufzubauen, aber das wird dauern“, erklärt Judith Schneider, die trotz allem weiterhin motiviert ist. Der Ansturm von jungen Sportlerin­nen und Sportlern auf die Turnabteil­ung ist ja groß. So betreuen Schneider, ihre Töchter Annika Krenz und Jule Renner, Ramona Rose und Janina Lang sowie Marcel Niess bei den Jungs rund 150 Kinder und Jugendlich­e.

Weg in die Regionalli­ga ist offen

Einen Vorteil gibt es: Da der Übergang von den Ligen des Schwäbisch­en Turnerbund­es zu denen der Deutschen Turnliga offen ist, kann ein Team unabhängig von der Klasse Aufstiegsk­ämpfe zur Regionalli­ga bestreiten. „Für dieses Jahr kommt das aber definitiv zu früh“, sagt Judith Schneider. Sie hofft auf die Talente der Jahrgänge 2010-14, die in zwei bis drei Jahren so weit sein könnten. Der Trainerin ist aber auch klar, dass Prognosen schwierig sind. „Das Potenzial haben wir sicher, ebenso die Trainerinn­en und die Halle. Aber es gehört halt mehr dazu, die Mädchen müssen ihr ganzes Herzblut ins Turnen stecken und auch die Eltern müssen mitziehen.“

 ?? Foto: Rudi Penk ?? An Nachwuchs mangelt es den Hsb-turnerinne­n keinesfall­s, die Halle ist beim Training weiter gut gefüllt. Der Weg zurück zu sportliche­n Erfolgen ist dennoch nicht einfach.
Foto: Rudi Penk An Nachwuchs mangelt es den Hsb-turnerinne­n keinesfall­s, die Halle ist beim Training weiter gut gefüllt. Der Weg zurück zu sportliche­n Erfolgen ist dennoch nicht einfach.

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