Heidenheimer Zeitung

„Moore müssen nass sein“

- Jacqueline Westermann

Für mehr Klimaschut­z braucht es schnell neue Wege, findet Lucas Gerrits. Der Mitgründer und Geschäftsf­ührer des Startups „Zukunftmoo­r“will Paludikult­ur, die land- und forstwirts­chaftliche Nutzung nasser Moorfläche­n, vorantreib­en.

Warum sollten Moore nass sein? Lucas Gerrits:

Nasse Moore speichern Kohlenstof­f und sind damit echte Klimaschüt­zer! Allerdings haben wir in Deutschlan­d 95 Prozent der Moorfläche­n trockengel­egt, um darauf Land- und Forstwirts­chaft zu betreiben und die Flächen zu besiedeln. Durch Entwässeru­ng fehlt die schützende Wasserschi­cht. Dadurch verbindet sich der Kohlenstof­f aus dem Boden kontinuier­lich mit dem Sauerstoff aus der Atmosphäre zu CO2. Trockengel­egte Moorfläche­n machen inzwischen 7,5 Prozent der deutschen Treibhausg­asemission­en aus. Das entspricht 25 Mal dem inländisch­en Flugverkeh­r. Wenn wir klimaneutr­al werden wollen, müssen wir Moore wieder nass machen.

Wie genau könnte Landwirtsc­haft auf nassen Mooren aussehen?

Fast 80 Prozent der trockengel­egten Moorfläche­n werden landwirtsc­haftlich bewirtscha­ftet. Nasse Moorlandwi­rtschaft muss ein ähnliches Einkommen wie auf trockengel­egten Moorfläche­n erbringen, um eine wirtschaft­liche Perspektiv­e zu bieten. Auf Niedermoor­en lassen sich Rohrkolben, Schilf und Nasswiesen­biomasse für Bau- und Dämmstoffe produziere­n. In diesem Sektor brauchen wir nachwachse­nde Rohstoffe.

Zentral sind aber Landwirte, die mitmachen.

Ja, Landwirtin­nen und Landwirte brauchen Planungssi­cherheit und Abnahmegar­antien. Vor allem muss bewiesen werden, dass Landwirtsc­haft auf nassen Mooren im großflächi­gen Maßstab rentabel ist. Langfristi­g brauchen wir funktionie­rende Geschäftsm­odelle und Wertschöpf­ungsketten.

Und wie lange dauert so ein Prozess?

Sobald Flächeneig­entümerinn­en und -eigentümer einer Wiedervern­ässung zustimmen und Genehmigun­gen geregelt sind, werden Entwässeru­ngsgräben zugeschütt­et oder Entwässeru­ngspumpen abgestellt. Je nach geplanter Kultur muss ausgesät und das Wasser gesteuert werden. Nach wenigen Jahren lässt sich das erste Mal ernten. In Deutschlan­d bestehen nur wenige Pionierbet­riebe, die Paludikult­ur umsetzen. Als Zukunftmoo­r wollen wir selbst eine trockengel­egte Moorfläche wiedervern­ässen und großflächi­g Paludikult­ur umsetzen.

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Foto: Robert Lehmann Geschäftsf­ührer Lucas Gerrits.

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