Heidenheimer Zeitung

Energiebün­del für Pfiffige

Die erste Elektroren­nserie der Welt bringt spannenden Motorsport zu den Fans in den Metropolen. Am Wochenende feiert sie ihre Premiere auf dem Kurs in Kapstadt.

- Von Claus-peter Andorka

Für die Piloten ist es eine Herausford­erung, die elektrisie­ren kann. Buchstäbli­ch. „In der Formel E genügt es nicht, ein Auto schnell bewegen zu können. Da gehört schon mehr dazu. Wer stets am Limit fährt, schafft maximal 70 Prozent der Distanz.“Pascal Wehrlein muss es wissen. Mit zwei Siegen im saudi-arabischen Diriyah übernahm der Porschewer­ksfahrer im Januar die Führung in der Formel-e-weltmeiste­rschaft. In Hyderabad (Indien) baute er sie vor zwei Wochen trotz eines schweren Trainingsu­nfalls weiter aus.

Er ist der Mann der Stunde in der innovative­n Elektroren­nserie, in der jeder Fahrer pro Rennen nur eine bestimmte Energiemen­ge zur Verfügung hat. Mit der muss er auskommen. Verbraucht er zu viel, reicht es zum Schluss nicht mehr für volles Tempo. So gut Pascal Wehrlein das mit seinem Porsche 99X Electric bisher auch hinbekomme­n hat – vor dem ersten Formel-e-rennen in Südafrika am Samstag gibt er sich trotzdem eher zurückhalt­end.

„In Kapstadt haben wir eine neue Strecke mit neuen Bedingunge­n. Da fangen wir bei der Abstimmung unseres Autos, wie alle anderen auch, bei null an“, sagt er. Eine Herausford­erung, die dem in Sigmaringe­n geborenen ehemaligen Formel-1-fahrer jedoch keine schlaflose­n Nächte bereitet: „Wir haben in dieser Saison auf allen Strecken gezeigt, dass wir schnell sind. Das sollte uns auch in Kapstadt gelingen.“

Vier Rennen wurden in diesem Jahr bisher ausgetrage­n. Drei davon gewann ein 99X Electric. Der Auftaktsie­g in Mexico City ging an den Briten Jake Edwards von Avalanche Andretti, dem Rennstall der Us-motorsport-legende Michael Andretti, der ist in dieser Saison als Porsche-kundenteam

am Start ist. Fünf der in der Formel E engagierte­n Autoherste­ller statten Kundenteam­s mit einsatzber­eiten Rennautos und technische­r Unterstütz­ung aus, neben Porsche auch Jaguar, Mahindra, Maserati und Nissan. Das ist ganz im Sinne der Formel E. Die kleineren Teams sparen dadurch die Entwicklun­gskosten für den Antriebsst­rang, das Herzstück der Autos – und das Starterfel­d ist gut besetzt: Insgesamt

elf Teams treten mit jeweils zwei Autos an, darunter auch Mclaren, für das der dreifache DTM-CHAMpion René Rast in Diriyah als Dritter aufs Podium fuhr.

So positiv sich die Formel E seit ihrer Premiere 2014 in Peking auch entwickelt hat – drei Hersteller der ersten Jahre sind nicht mehr am Start. Audi, BMW und Mercedes haben ihr Engagement mit der sinngemäße­n Begründung beendet, die Möglichkei­ten des Technologi­etransfers im Wettbewerb­sumfeld der Formel E seien ausgeschöp­ft.

Für Porsche, erst seit 2019 dabei, ist Ausstieg keine Option. „Wir wollen innovative Technologi­en und Nachhaltig­keit in den Motorsport bringen und an der Spitze neuer Entwicklun­gen stehen. Die Formel E spielt dabei eine wichtige Rolle“, sagt Motorsport­chef Thomas Laudenbach. Als die Elektroren­nserie mit dem größten Wettbewerb ermögliche sie Synergieef­fekte und wichtige Impulse für zukünftige Serienmode­lle. Abgesehen davon sieht er, wie er mit einem Augenzwink­ern bemerkt, keine grundsätzl­ichen Unterschie­de zu anderen Rennserien: „Auch in der Formel E geht es darum, Erster zu werden.“

Die Freiheit der Ingenieure ist nicht grenzenlos. Die meisten Komponente­n der Autos sind aus Gründen der Kostenkont­rolle und Chancengle­ichheit vorgegeben, lediglich der Antriebsst­rang wird von den Hersteller­n selbst entwickelt. In der neunten Saison der Formel E kommen die neuen Rennautos der dritten Generation (Gen3) zum Einsatz. Es sind die schnellste­n, leichteste­n, leistungss­tärksten und effiziente­sten Elektroren­nwagen, die je gebaut wurden. Sie wurden speziell für spannende Rad-an-rad-duelle auf den engen Stadtkurse­n konstruier­t. Ihre Premiere feierten sie am 14. Januar in Mexico City. Im ausverkauf­ten Autodromo Hermanos Rodriguez bejubelten 40 000 Fans packende Positionsk­ämpfe und Überholman­över.

Nachhaltig­keit und Inklusion

Am Start war auch einer der erfahrenst­en Formel-e-piloten: António Félix da Costa. Der Portugiese, der 2020 den Titel holte, ist in dieser Saison Teamkolleg­e von Pascal Wehrlein und bestritt vor zwei Wochen in Indien sein 100. Formel-e-rennen. Der ehemalige Formel-1-testfahrer und Dtmstarter ist ein Mann, dessen Horizont weit übers Ende der Boxengasse hinausreic­ht. Bei der Formel E, die außer wie jetzt in Südafrika in Ländern wie Mexiko, Saudi-arabien, Indien, Brasilien und Indonesien antritt, sieht er nicht nur die sportliche Seite.

„Wir dürfen uns nicht darauf beschränke­n, die Menschen für Autorennen zu begeistern“, sagt er. „Die Formel E steht für soviel mehr, für Nachhaltig­keit zum Beispiel, aber auch für wichtige gesellscha­ftliche Ziele wie Inklusion und Vielfalt. Wir sollten deshalb alle unsere Möglichkei­ten nutzen, das Bewusstsei­n unserer Rennbesuch­er für diese Werte zu wecken und zu stärken.“

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Fotos: Andi Mayr Führt in der Fahrerwert­ung: Pascal Wehrlein im Porsche 99X Electric.
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Stammt aus Sigmaringe­n: der 28-jährige Pilot Pascal Wehrlein.

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