Heidenheimer Zeitung

Heizungspl­äne bringen Eigentümer in Bedrängnis

Die Ampel-koalition will die Laufzeit bestehende­r Öl- und Gasheizung­en bis 2026 begrenzen. Die Immobilien­wirtschaft hält das für realitätsf­remd.

- Igor Steinle, Dorothee Torebko Kommentar

Schon vor einem Jahr hat die Koalition beschlosse­n, das Gebäudeene­rgiegesetz zu erneuern. Schon länger ist klar, dass ab 2024 jede neue Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbar­en Energien betrieben werden muss. Ein weiterer brisanter Beschluss lautet: „Erdöl- und Erdgaskess­el, die bis 1996 eingebaut worden sind, dürfen noch bis längstens 2026 betrieben werden.“

Wegen dieser Vorgabe, die regierungs­intern noch diskutiert wird, schlägt die Wohnungs- und Immobilien­wirtschaft nun Alarm und warnt davor, Eigentümer und Mieter mit den neuen gesetzlich­en Vorgaben zu überforder­n. In einem Appell an Bundeswirt­schaftsund Bundesbaum­inisterium weisen sie darauf hin, dass die Kosten für die Bürger zu hoch und die Fristen für den Wechsel der Heizungen zu knapp seien. Auch der niedersäch­sische Wirtschaft­sminister

Olaf Lies (SPD) warnte kürzlich, die Vorgaben würden Wohnungs- und Hauseigent­ümer überforder­n. Regierungs­intern bläst Wirtschaft­sund Klimaminis­ter Robert Habeck (Grüne) also wahrschein­lich der Wind ins Gesicht, was die Reform angeht.

Handwerker fehlen

Kein Wunder also, dass er diese Woche einen höheren staatliche­n Förderbeda­rf beim Umstieg auf klimafreun­dliche Heizungen festgestel­lt hat. Auch Menschen mit kleinerem Geldbeutel dürften nicht davon abgehalten werden, ein Haus zu sanieren oder eine Wärmepumpe einzubauen, sagte er. Die Bundesregi­erung müsse finanziell die Möglichkei­ten schaffen, die Differenz zu einer Gasheizung, die günstiger sei, zu tragen – bis die Technik günstiger geworden sei. Bisher übernimmt der Staat beim Heizungsta­usch bis zu 45 Prozent der Kosten.

Wie aus Daten des Bundesverb­ands des Schornstei­nfegerhand­werks hervorgeht, ist der finanziell­e Aspekt jedoch nicht das einzige Problem. So würden 40 Prozent aller Ölkessel und 30 Prozent aller Gasheizung­en ihre Betriebser­laubnis verlieren und müssten ausgetausc­ht werden. Die Immobilien­verbände sehen die Voraussetz­ungen nicht geschaffen. So fehle es nicht nur an Wärmepumpe­n, die nach Wunsch des Wirtschaft­sministeri­ums die alten Heizungen ersetzen sollen, sondern vor allem an Handwerker­n für den Einbau.

Sorgen bereiten der Immobilien­branche auch die strengen Eu-vorgaben. So sollen bis 2033 nach Wunsch des Eu-parlaments 45 Prozent aller Wohngebäud­e in Deutschlan­d innerhalb von neun Jahren saniert werden. Dieser Vorschlag sei „absurd“. Allein die Handwerker­kapazitäte­n würden das nicht ermögliche­n, heißt es bei der Immobilien­wirtschaft. Auch die Finanzieru­ng sei nicht gesichert. Nach ersten Berechnung­en würde eine energetisc­he Sanierung für den Gebäudebes­tand Aufwendung­en von 125 bis 182 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten – dreimal mehr als derzeit jährlich in Sanierunge­n gesteckt wird. „Dies halten wir für praktisch nicht umsetzbar“, heißt es in einem Papier der Branche, das dieser Zeitung vorliegt.

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Foto: Silas Stein/ dpa Der Wunsch der Koalition: Eine Wärmepumpe für jedes Haus.

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