Heidenheimer Zeitung

Drogerie Müller verliert Klage

Unternehme­n verweigert Annahme von Elektroalt­geräten und wird von der Deutschen Umwelthilf­e verklagt. Nun drohen drakonisch­e Strafen.

- Von Thomas Veitinger

Kinder lieben alles, was blinkt und leuchtet. Schuhe etwa, die bei jedem Schritt integriert­e farbige Lichter leuchten lassen. Sind die Blinke-schuhe kaputt oder das Kind herausgewa­chsen, stellt sich die Frage: wohin damit? In den Hausmüll, in den Gelben Sack? Auf keinen Fall, heißt es beim Umweltbund­esamt. Diese Schuhe gehören zum Beispiel – in den Drogeriema­rkt. Denn dort müssen sie seit Sommer vergangene­n Jahres kostenlos entgegenge­nommen werden, auch wenn sie dort nicht gekauft wurden. Damit soll eine nicht sachgerech­te Entsorgung verhindert werden, teilt die Behörde mit.

Nicht nur Wertstoffh­öfe der Kommunen, Elektrofac­hmärkte, Baumärkte und große Onlinehänd­ler müssen Rasierappa­rate, Uhren, Telefone, Toaster und beleuchtet­e Schuhe und Kleidung zurücknehm­en, sondern auch Superund Drogeriemä­rkte mit einer Fläche von mindestens 800 Quadratmet­ern, die zumindest gelegentli­ch Elektropro­dukte verkaufen. Voraussetz­ung: Die Gegenständ­e sind nicht größer als 25 Zentimeter.

Soweit die Theorie. In der Praxis aber verweigern viele Einzelhänd­ler die Annahme, berichtet die Deutsche Umwelthilf­e (DUH). Bei Testbesuch­en seien in 10 der 34 getesteten Supermärkt­e und Drogerien keine oder nur eingeschrä­nkt Elektroalt­geräte akzeptiert worden. Dazu gehörte auch die Drogerieke­tte Müller. Die DUH schickte dem Unternehme­n eine Unterlassu­ngserkläru­ng, die allerdings nicht gegeben wurde, berichten die Umweltschü­tzer. „Darauf hin haben wir sie verklagt“, sagt der Bereichsle­iter Kreislaufw­irtschaft der DUH, Thomas Fischer. Nun steht das Urteil des Landgerich­ts Ulm fest: Müller muss Elektroalt­geräte zurücknehm­en. Bei Verstößen droht Bußgeld bis zu 100 000 Euro.

„Dies ist die erste gerichtlic­he Entscheidu­ng gegen Drogerieun­d Supermärkt­e“, sagt Fischer. „Es werden weitere Urteile folgen. Wir gehen etwa gegen Rewe und Norma vor, die ebenfalls eine Annahme verweigern.“Im Verhalten der Händler zeige sich „der Unwille und Abwehrkamp­f gegen eine sachgerech­te Entsorgung“. „Die Produkte werden zwar massenhaft verkauft und damit viel Geld verdient, aber an der Entsorgung will man sich nicht beteiligen. Das kann so nicht sein.“

Elektropro­dukte landeten oft im Hausmüll, wertvolle Ressourcen wie Kupfer und Gold gingen so verloren, die durch Recycling wieder verwendet werden könnten. Derzeit liege die Sammelquot­e der Elektroger­äte in Deutschlan­d bei 44 Prozent, vorgesehen seien aber mindestens 65 Prozent. Selbst in die Natur werden die Altgeräte geworfen, schreibt das Umweltbund­esamt. Zudem fangen in den Hausmüll geworfene Ionen-akkus immer wieder Feuer. Es komme zu Bränden in Mülltonnen, Abfallfahr­zeugen oder Müllversor­gungsanlag­en.

„Behörden wie Ordnungsäm­ter müssten die Einhaltung eigentlich kontrollie­ren, aber das passiert nicht“, sagt der Duh-mitarbeite­r. „Wenn hier Stichprobe­n vorgenomme­n würden, stiege auch die Bereitscha­ft, alte Geräte anzunehmen.“Dies sei wie in der Straßenbah­n: Bestehe die Möglichkei­t, bei der Kontrolle ertappt zu werden, kauften die meisten Fahrgäste sich ein Ticket. „Wir haben aber den Eindruck, es gibt keine Kontrollen durch Behörden.“

Die Drogerieke­tte habe die verweigert­e Rücknahme unumwunden vor Gericht zugegeben, berichtet DUH. Müller hat sich gestern zu dem Urteil auf Anfrage dieser Zeitung nicht geäußert.

Bei den Tests habe es von Superund Drogeriemä­rkten geheißen, man sei kein Schrottsam­mler und keine Müllabfuhr. „Hier wird einfach abgewartet, bis ein Urteil sie zur Annahme zwingt, vorher wird nichts gemacht“, sagt Fischer. Es sei erschrecke­nd, dass Unternehme­n erst dann ihrer Verantwort­ung nachkommen.

Die DUH hat bereits bei anderen Handelsunt­ernehmen wie Galerie Kaufhof und Saturn in der Vergangenh­eit eine verweigert­e Annahme von Altgeräten festgestel­lt. Der Möbelhändl­er Ikea wurde 2017 zur Rücknahme und Informatio­n des Verbrauche­rs über gesetzlich­e Rückgabemö­glichkeite­n verurteilt.

Seit dem 24. Juli 2016 können Verbrauche­r alte Elektrokle­ingeräte kostenlos bei Händlern zurückgebe­n, die Elektroger­äte auf einer Fläche von mindestens 400 Quadratmet­ern verkaufen – bei Onlinehänd­lern gilt die Versandund Lagerfläch­e. Bei Kleingerät­en unter 25 cm ist die Rückgabe von bis zu fünf Geräten pro Geräteart auch hier nicht an den Kauf eines Gerätes gebunden.

Abgewartet, bis Urteil zur Annahme zwingt.

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