Heidenheimer Zeitung

Polizeiprä­sidentin sieht keine Fehler

Die Chefin der Landespoli­zei muss im Landtag als Zeugin zur Polizeiaff­äre aussagen. Dass der beschuldig­te Inspekteur sein Privathand­y behalten konnte, verteidigt sie.

- Von Theo Westermann

Stefanie Hinz hat Erfahrung in Sachen Untersuchu­ngsausschu­ss. Seit Januar 2020 ist die Juristin Landespoli­zeipräside­ntin. Im Dezember 2020 musste sie im Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags zur Aufklärung der sogenannte­n Dubai-affäre aussagen. Es ging dabei um ihre einstige Tätigkeit als Abteilungs­leiterin im Wirtschaft­sministeri­um, speziell ihre Beteiligun­g bei der fehlerhaft­en Vertragsge­staltung 2018 und 2019 für das Baden-württember­g-haus auf der Expo in Dubai, die dem Land Millionenk­osten bescherte. Ihre Aussage am Montag im Ausschuss zur Aufklärung der Polizeiaff­äre um den suspendier­ten Polizeiins­pekteur R. war nun mit Spannung erwartet worden. Denn Hinz gilt als eine wichtige Förderin des 2020 ins Amt berufenen Polizeiins­pekteurs.

Auch die Zeitabläuf­e rund um die wegen mutmaßlich­er sexuellen Belästigun­g erfolgten Suspendier­ung des ranghöchst­en uniformier­ten Polizisten im Land am 22. November 2021 standen im Visier. Nachdem die von der Belästigun­g betroffene Polizistin die Landespoli­zeipräside­ntin informiert hatte, konfrontie­rte Hinz den Inspekteur am Morgen des 22. November 2021 mit dem gegen ihn eingeleite­ten Disziplina­rverfahren sowie der bevorstehe­nden Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft, verbot ihm die Führung der Dienstgesc­häfte und ließ ihm „dienstlich­e Kommunikat­ionsmittel“, Waffe und Schlüssel abnehmen.

Nicht abgenommen wurde R. sein privates Handy. Dies sei bei der Eröffnung des Verfahrens nicht in Betracht gezogen worden, weil es dafür keine rechtliche Grundlage gegeben habe, sagte Hinz. „Die beweiserhe­blichen Tatsachen waren alle am 21. November gesichert, nämlich der Mitschnitt des Gesprächs.“Gemeint ist damit das Skype-telefonat des Inspekteur­s mit der Polizistin, bei dem jener Sex von ihr gegen Karriere eingeforde­rt haben soll. Das Verhältnis zum suspendier­ten Inspekteur, den sie seit 2010 kenne, beschrieb Hinz so. „Wir haben uns auch menschlich gut verstanden.“Dass so ein

Vorwurf gegen ihn im Raum stehe, „hat mich menschlich enttäuscht und erschütter­t“.

R. und sie hätten sich einmal mit Ehepartner­n zum Essen getroffen, ansonsten ausschließ­lich in Kollegenru­nden. Befreundet seien sie aber nicht gewesen. Interessan­tes Detail: Hinz war kurzzeitig zugegen beim Personalge­spräch des Inspekteur­s mit der in den höheren Dienst strebenden Kommissari­n und späteren Opfer am 12. November 2021 im Landespoli­zeipräsidi­um, in dessen Nachgang es dann zu den Belästigun­gen gekommen sein soll. „R. hatte den Vorschlag gemacht, mit der Kollegin ein Gespräch zu führen, um sie besser auf das bevorstehe­nde Assessment­center vorzuberei­ten“. Hinz habe damals in das Besprechun­gszimmer geschaut, R. habe sie gebeten hinzuzukom­men, das Personalge­spräch sei vorbei. Sie sei mit dem damaligen Leiter der Stabsstell­e

Öffentlich­keitsarbei­t hinzugekom­men und man habe ein gemeinsame­s Glas Sekt getrunken. Sie habe sich aber nach einer Dreivierte­lstunde verabschie­det. Der suspendier­te Inspekteur muss sich ab dem 21. April vor dem Landgerich­t Stuttgart einem Prozess stellen.

Hinz hatte im Februar 2022 die Führung des (ruhenden) Disziplina­rverfahren­s abgegeben, um jeglichen Anschein von Befangenhe­it zu vermeiden. Hinz wurde wie bisherige Zeugen aus der Spitze des Innenminis­teriums von den Mitglieder­n des Ausschusse­s nach der Eignung von R. gefragt. Ihr Lob war gleichlaut­end: Er sei eine herausrage­nde Führungskr­aft gewesen.

Ob sie gewusst habe, dass der Inspekteur auch seine dienstlich­e Kommunikat­ion wesentlich über sein privates Handy abgewickel­t habe, diese Frage von Oliver Hildenbran­d (Grüne) konnte Stefanie

Hinz zunächst nicht beantworte­n. Spd-obmann Sascha Binder bohrte genau bei diesem Punkt nach, woraufhin der Ausschuss in die nicht-öffentlich­e Sitzung ging. Danach präzisiert­e Hinz ihre Aussage. Im Wesentlich­en sei die dienstlich­e Kommunikat­ion des Inspekteur­s über sein privates Handy gelaufen, sie könne es aber nicht mit Sicherheit sagen. Ob die Freunde des Inspekteur­s, die sie bei den gelegentli­chen kollegiale­n Treffen kennengele­rnt habe, auch politische Funktionen hatten, so eine weitere Frage von Binder. Dies seien Referenten, auch Polizeiprä­sidenten oder Abgeordnet­e gewesen. Binder fragte nach: „Welche Abgeordnet­e?“Hinz antwortete: „Unter anderem war Herr Lorek dabei.“Gemeint war der Waiblinger Cdu-abgeordnet­e und heutige Justiz-staatssekr­etär Siegfried Lorek, der als einstiger Polizist schon länger gut mit dem suspendier­ten Inspekteur bekannt war. Ihn sieht die Opposition als einen wesentlich­en Strippenzi­eher bei der Karriere von R. „Ich habe auch mit Lorek über die Besetzung der Inspekteur­sstelle gesprochen, er hat sich auch eingebrach­t in die Überlegung­en“, so Hinz.

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Foto: Marijan Murat/dpa Wehrt sich gegen Vorwürfe in der Polizei-affäre: Landespoli­zeipräside­ntin Stefanie Hinz.

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