Preisliche Annäherung
Verbraucher staunten, als mancherorts Bio-milch auf einmal günstiger zu haben war als konventionell hergestellte. Das war zwar eine kurzfristige Ausnahme, aber zugleich ein Beispiel für einen Trend: Seit Kriegsbeginn in der Ukraine und der hohen Inflation haben sich die Preise für Biound konventionelle Produkte angenähert. Der Bio-spitzenverband BÖLW hat den Effekt mit Daten der Agrarmarktinformations-gesellschaft (AMI) in einer Kurzstudie berechnet. Das Fazit: Bio wirke als Inflationsbremse.
Dabei wurden die Verbraucherpreise in den Monaten September bis November des Jahr 2022 mit dem Vorjahreszeitraum verglichen. Besonders stark war der Effekt demnach bei Möhren: Bei konventionellen Karotten stand ein Plus von 60 Prozent, bei Bio-möhren waren es 45 Prozent.
Für Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand des BÖLW, liegen die Gründe dafür in den kurzen Bio-wertschöpfungsketten, längerfristigen Lieferantenverträgen sowie im Verzicht auf synthetischen Stickstoffdünger. Dessen Herstellung ist sehr energieintensiv. „Durch die Stabilität der ÖkoWertschöpfungsketten blieben übrigens auch nach Kriegsausbruch in der Ukraine die Bio-regale gut versorgt – auch bei Waren wie Sonnenblumenöl oder Weizenmehl“, sagt Röhrig dieser Zeitung.
„Eine Inflationsbremse“
Hans-christoph Behr ist AMI-BEreichsleiter für ökologischen Landbau und Verbraucherforschung. Er unterstreicht im Gespräch: „Generell sind Biopreise meistens stabiler als die von konventionellen Lebensmitteln.“Ein wichtiger Faktor dabei seien die Vertragslaufzeiten. Unter der Annahme, dass das Verhalten der Verbraucher unverändert bleibe, „ist Bio eine Inflationsbremse, da hat der BÖLW recht“. Das habe aber auch mit der Berechnung der Inflation zu tun, in der es um die relative Preissteigerung geht, nicht um die absolute.
Die preisliche Annäherung hat aber auch eine Kehrseite für den Ökolandbau. „Bio ist während der Pandemie supergut nachgefragt gewesen. Dadurch ist auch die Umstellungswilligkeit der Landwirte größer geworden“, sagt Behr. Das Resultat: ein Flächenzuwachs für Ökolandbau von 3,6 Prozent im Jahr 2022. Ob das so bleibt, ist fraglich. „Ich vermute“, sagt Behr, „dass die Umstellungswilligkeit unter der preislichen Annäherung leidet“.