Gewerkschaft: Beschämend für den Bildungsstandort
Aus einer Studie der Bertelsmann-stiftung geht hervor: Pro Jahr verlassen rund 50 000 Jugendliche die Schule ohne Abschluss. Regional bestehen große Unterschiede.
Fast 50 000 junge Menschen verlassen pro Jahr die Schule ohne Abschluss, wie aus einer am Montag veröffentlichten Studie der Bertelsmann-stiftung hervorgeht. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) nannte die Zahl „beschämend für den Bildungsstandort Deutschland“, zumal „jede Person ohne Abschluss den Staat Hunderttausende“koste. Der VBE vertritt als Gewerkschaft nach eigenen Angaben mehr als 160 000 Pädagoginnen und Pädagogen.
2021 waren es 47 500 Schülerinnen und Schüler (6,2 Prozent), die ohne Schulabschluss blieben. Unverhältnismäßig hoch ist dabei der Ausländeranteil: Blieben von den Deutschen 4,6 Prozent ohne Hauptschulabschluss, waren es bei jungen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, knapp dreimal so viele (13,4 Prozent). Die Studienautoren um Bildungsforscher Klaus Klemm bedauerten, dass über den eigentlich „aussagekräftigeren Migrationshintergrund“– also über Deutsche aus Einwandererfamilien – keine Daten vorgelegen hätten.
Regional gibt es bei den Abgängen ohne Abschluss große Unterschiede. Am besten steht im bundesweiten Vergleich Bayern da (5,1 Prozent ohne Schulabschluss), gefolgt von Hessen (5,3 Prozent) und Baden-württemberg (5,8 Prozent). Die höchste Quote an jungen Menschen ohne Schulabschluss haben Bremen (10,0 Prozent), Sachsen-anhalt (9,6 Prozent) und Thüringen (8,3 Prozent). Länder wie Berlin (6,7 Prozent), Brandenburg (6,5 Prozent)
und das bei vielen Bildungsvergleichen sehr gut abschneidende Sachsen (8,2 Prozent) liegen im Mittelfeld.
„Eine beunruhigende Vergeudung“von Ressourcen sehen die Studienautoren in diesen seit Jahren etwa gleich hohen Zahlen. Dringend müsse gegengesteuert werden. Arbeits- und Fachkräfte seien schließlich sehr gesucht, und die Arbeitslosenquote bei ungelernten Personen sei fast sechsmal so hoch wie bei Menschen mit Berufsausbildung.
Empfehlung: Mehr fördern
Die Autoren empfehlen, leistungsschwache Schülerinnen und Schüler in Zukunft im Unterricht noch stärker als bisher zu fördern. „Konsequente, auch digital gestützte Lerndiagnostik“sei dabei ein erster Schritt, um Defizite auf dem Weg zum Erlangen eines Hauptschulabschlusses zu erkennen. Da die Hälfte der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss aus Förderschulen stammt, müsse zudem hier der Hebel angesetzt werden, etwa mit mehr gemeinsamem Unterricht in einem inklusiven Schulsystem.
Im Falle von Schülerinnen und Schülern, die trotz aller Hilfen keinen Abschluss erreichen, schlagen die Autoren einen Zusatz auf den Zeugnissen vor. Man könne die „während der Schulpflichtzeit erworbenen fachlichen und überfachlichen Kompetenzen“in einem Schlusszeugnis dokumentieren.