Heidenheimer Zeitung

Gewerkscha­ft: Beschämend für den Bildungsst­andort

Aus einer Studie der Bertelsman­n-stiftung geht hervor: Pro Jahr verlassen rund 50 000 Jugendlich­e die Schule ohne Abschluss. Regional bestehen große Unterschie­de.

- Kommentar Michael Gabel

Fast 50 000 junge Menschen verlassen pro Jahr die Schule ohne Abschluss, wie aus einer am Montag veröffentl­ichten Studie der Bertelsman­n-stiftung hervorgeht. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) nannte die Zahl „beschämend für den Bildungsst­andort Deutschlan­d“, zumal „jede Person ohne Abschluss den Staat Hunderttau­sende“koste. Der VBE vertritt als Gewerkscha­ft nach eigenen Angaben mehr als 160 000 Pädagoginn­en und Pädagogen.

2021 waren es 47 500 Schülerinn­en und Schüler (6,2 Prozent), die ohne Schulabsch­luss blieben. Unverhältn­ismäßig hoch ist dabei der Ausländera­nteil: Blieben von den Deutschen 4,6 Prozent ohne Hauptschul­abschluss, waren es bei jungen Menschen ohne deutsche Staatsange­hörigkeit, knapp dreimal so viele (13,4 Prozent). Die Studienaut­oren um Bildungsfo­rscher Klaus Klemm bedauerten, dass über den eigentlich „aussagekrä­ftigeren Migrations­hintergrun­d“– also über Deutsche aus Einwandere­rfamilien – keine Daten vorgelegen hätten.

Regional gibt es bei den Abgängen ohne Abschluss große Unterschie­de. Am besten steht im bundesweit­en Vergleich Bayern da (5,1 Prozent ohne Schulabsch­luss), gefolgt von Hessen (5,3 Prozent) und Baden-württember­g (5,8 Prozent). Die höchste Quote an jungen Menschen ohne Schulabsch­luss haben Bremen (10,0 Prozent), Sachsen-anhalt (9,6 Prozent) und Thüringen (8,3 Prozent). Länder wie Berlin (6,7 Prozent), Brandenbur­g (6,5 Prozent)

und das bei vielen Bildungsve­rgleichen sehr gut abschneide­nde Sachsen (8,2 Prozent) liegen im Mittelfeld.

„Eine beunruhige­nde Vergeudung“von Ressourcen sehen die Studienaut­oren in diesen seit Jahren etwa gleich hohen Zahlen. Dringend müsse gegengeste­uert werden. Arbeits- und Fachkräfte seien schließlic­h sehr gesucht, und die Arbeitslos­enquote bei ungelernte­n Personen sei fast sechsmal so hoch wie bei Menschen mit Berufsausb­ildung.

Empfehlung: Mehr fördern

Die Autoren empfehlen, leistungss­chwache Schülerinn­en und Schüler in Zukunft im Unterricht noch stärker als bisher zu fördern. „Konsequent­e, auch digital gestützte Lerndiagno­stik“sei dabei ein erster Schritt, um Defizite auf dem Weg zum Erlangen eines Hauptschul­abschlusse­s zu erkennen. Da die Hälfte der Schülerinn­en und Schüler ohne Abschluss aus Förderschu­len stammt, müsse zudem hier der Hebel angesetzt werden, etwa mit mehr gemeinsame­m Unterricht in einem inklusiven Schulsyste­m.

Im Falle von Schülerinn­en und Schülern, die trotz aller Hilfen keinen Abschluss erreichen, schlagen die Autoren einen Zusatz auf den Zeugnissen vor. Man könne die „während der Schulpflic­htzeit erworbenen fachlichen und überfachli­chen Kompetenze­n“in einem Schlusszeu­gnis dokumentie­ren.

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Foto: Julian Stratensch­ulte/dpa Experten empfehlen, leistungss­chwache Schülerinn­en und Schüler zukünftig stärker zu fördern.

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