Mollig warm und trotzdem leerer
Thermen im Land verzeichnen nach der Corona-phase Besucherrückgang. Vor allem ältere Gäste bleiben weg.
Die Heilbäder in Baden-württemberg erholen sich nur langsam von der Corona-delle. Verbandsgeschäftsführer Arne Mellert schätzt, dass 2022 bis zu einem Drittel weniger Gäste kamen als im Vor-corona-jahr 2019. An der Wassertemperatur lag es wohl nicht: Im Gegensatz zu einigen Hallenbädern war es in den Thermen trotz Energiesparmaßnahmen immer mollig warm.
Vor der Pandemie besuchten nach Angaben des Heilbäderverbandes im Schnitt pro Monat 720 000 Besucher die 35 Thermen im Land, jährlich waren das mehr als 8,6 Millionen Gäste. Je nach Bad betrugen die Einnahmeausfälle dem baden-württembergischen Finanzministerium zufolge zwischen 3 und 28 Prozent im Vergleich zu 2019. Im Besitz des Landes sind die „Caracalla Therme“und das „Friedrichsbad“in Baden-baden, das „Palais Thermal“und die „Vital Therme“in Bad Wildbad sowie die „Cassiopeia Therme“in Badenweiler. Die Besucherzahlen dort sind laut Ministerium „mittlerweile fast auf dem Niveau vor Corona“.
Energiesparen in Heilbädern ist eine Gratwanderung. Teils schlossen Einrichtungen Saunen oder einzelne Becken. Die gewohnte Wassertemperatur änderten sie möglichst nicht. Laut Heilbäderverband liegt sie zwischen 32 und 34 Grad. Sie sei höchstens um ein Prozent gesenkt worden – was noch immer schön warm sei, wie Mellert betont. „Wir haben gelernt, dass man das Wasser in den Becken keinesfalls kälter machen sollte. Dies vertragen unsere Gesundheitsgäste nicht, und unsere Komfort-wellnessgäste wollen dies ebenfalls nicht haben“, sagt Rolf Rubsamen, Geschäftsführer
der „Vita Classica Therme“in Bad Krozingen.
Von Thermalwasser spricht man, wenn Heilwasser aus einer Quelle mit einer konstanten Temperatur von mehr als 20 Grad tritt. Mancherorts sprudelt es auch mit bis zu 60 Grad aus dem Boden. Das Wasser muss deshalb entweder erwärmt oder abgekühlt werden. Schon das kostet viel Geld. Heilbäder können die steigenden Kosten nicht in voller Höhe weitergeben, denn als Folge von Corona sei die finanzielle Situation in manchen Häusern nach angespannt, sagt Mellert. Vor allem viele ältere Gäste seien nach der Pandemie nicht zurückgekehrt.
In den kommunalen Hallenbädern hat sich das Besucherniveau in der laufenden Saison bei 10 bis 20 Prozent unter dem Vor-corona-niveau eingependelt. „Grundsätzlich ist der Betrieb von kommunalen Bädern überwiegend ein Verlustgeschäft auch in normalen Zeiten“, betont eine Sprecherin des Verbandes Kommunaler Unternehmen. Deshalb gebe es Handlungsbedarf seitens der Politik, den Betrieb von Bädern langfristig durch eine solide Finanzbasis abzusichern.