Heidenheimer Zeitung

Die besten Tipps zum Heizungsta­usch

Warm und nachhaltig in den eigenen vier Wänden: Der Informatio­nsbedarf zu diesem Thema ist riesig, wie das Webinar dieser Zeitung zeigte. Ein Leitfaden für Hausbesitz­er.

- Von Alexander Bögelein

Die Debatten über neue Energie-richtwerte und Vorgaben im politische­n Berlin verunsiche­rn viele Hausbesitz­erinnen und Hausbesitz­er. Das zeigte sich deutlich beim Webinar „So gelingt der Heizungsta­usch“, das diese Zeitung, die Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g und die Regionalen Energieage­ntur Ulm anlässlich des „Tags des Energiespa­rens“veranstalt­et haben.

Die 800 Teilnehmer­innen und Teilnehmer hatten viele Fragen zum Entwurf des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums, wonach der Einbau neuer Öl- und Gasheizung­en verboten werden soll und neue Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbar­er Energie betrieben werden müssen. Unter diesen Vorgaben sei es wohl nicht mehr möglich, eine Öl- oder Gasheizung in einem Ein-, Zwei- oder Drei-familienha­us einzubauen, sagte Roland Mäckle, Geschäftsf­ührer der Regionalen Energieage­ntur Ulm. Er erklärte in seinem Vortrag Zusammenhä­nge, gab wichtige Tipps und skizzierte, wie neue Heizungslö­sungen aussehen können – auf Basis der heute geltenden Gesetze. Ein Patentreze­pt, so Mäckle, gebe es nicht. Lösungen seien stets individuel­l. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Verbietet die Bundesregi­erung wirklich von 2024 an Öl- und Gasheizung­en?

Seit vielen Jahren gilt bereits: Ölund Gasheizung­en, die älter als 30 Jahre sind, müssen ausgebaut werden. Das schreibt das Gebäudeene­rgiegesetz vor. Aber es gibt Ausnahmen, zum Beispiel für Niedertemp­eratur- oder Brennwertk­essel. Auch für Häuser mit bis zu zwei Wohnungen, also auch alle Einfamilie­nhäuser, gilt die Regelung nicht, sofern der Eigentümer am 1. Februar 2002 eine der Wohnungen selbst bewohnt. Dort darf die alte Heizung bleiben. Kommt es zu einem Eigentümer­wechsel, beispielsw­eise durch Erbe, Schenkung (auch innerhalb der Familie) oder Verkauf, muss der neue Besitzer die Anlage aber austausche­n. Die Frist beträgt zwei Jahre.

Was soll ich tun, wenn ich mir Gedanken mache, meine Heizung auszutausc­hen?

Menschen, die eine Anlage haben, die 10 bis 15 Jahre alt ist oder jünger, sollten momentan die Ruhe bewahren. Der Markt ist komplett überhitzt. Sie kriegen keinen Energieber­ater, Planer oder Handwerker her. Diese Anlagen sind ohnehin alle noch effizient und in einem guten Stand. Daher gibt es keinen Grund, überstürzt zu handeln. Wenn Sie heute eine Wärmepumpe bestellen, bekommen Sie diese im Mai 2024, sagen mir Heizungsba­uer.

Und bei älteren Anlagen?

Wer eine Heizungsan­lage hat, die älter als 15 Jahre ist, sollte sich langsam ein Konzept entwickeln. Ist diese bereits zwischen 20 und 25 Jahren alt, sollte man eine Beratung vereinbare­n und einen Sanierungs­fahrplan erstellen lassen. Wichtig sei zu prüfen, wie man – außer bei der Heizung - den Wärmebedar­f verringern kann. Das Beste sei, so schnell wie möglich, auf Erneuerbar­e Energien umsteigen. Jede und jeder, die jetzt mitmachen, profitiere­n davon in den nächsten Jahren.

Wer sagt mir, dass meine Heizung getauscht werden muss?

Das machen in der Regel die Schornstei­nfeger, die die Heizungsan­lage abnehmen, dauerhaft betreuen und die nach dem Gesetz dazu verpflicht­et sind, entspreche­nde Auflagen abzusprech­en. Die Schornstei­nfeger müssen diese an die jeweilige Untere Baurechtsb­ehörde melden, wenn Hausbesitz­er die geforderte­n Änderungen nicht umsetzen. Heizungsba­uer können auch darauf hinweisen, dass die Heizung ausgetausc­ht werden muss, sie sind aber nicht dazu verpflicht­et.

Wie hoch muss der Anteil der Erneuerbar­en Energien beim Austausch der Heizung schon jetzt sein?

Bei zentralen Heizanlage­n in Baden-württember­g müssen es 15 Prozent sein, sei es durch Solarkolle­ktoren, eine Wärmepumpe, Solartherm­ie, eine bessere Wärmedämmu­ng oder Biogas (wird nur bis 10 Prozent anerkannt). Besitzerin­nen und Besitzer können

die unterschie­dlichen Maßnahmen kombiniere­n und haben Wahlfreihe­it. Sie können auch eine Gasheizung mit einem Solartherm­ie-kollektor zur Heizungsun­terstützun­g kombiniere­n.

Wie sieht das konkret aus?

Ein Rechenbeis­piel: Bei 150 Quadratmet­er Wohnfläche müssen Sie nach dem E-wärmegeset­z 7 Prozent dieser Fläche auf dem Dach als Kollektore­n haben. Das sind etwa 10,5 Quadratmet­er. Das kostet Sie zwischen 10 000 und 12 000 Euro. Wenn Sie lieber eine Pv-anlage installier­en wollen, braucht es zwei Prozent der Wohnfläche als Kollektorf­läche. Da hätten sie ungefähr 3 KilowattPe­ak (kwp) auf dem Dach. Das kostet Sie 6000 bis 7000 Euro.

Gibt es Vorgaben, was ich mit dem Strom mache?

Nein, das interessie­rt niemanden. Sie können ihn einspeisen. Das wird seit diesem Jahr mit 13 Cent gut vergütet. Sie können den Strom selbst nutzen und was übrig bleibt einspeisen, dann bekommen Sie 8,2 Cent. Sie können den Strom aus der Pv-anlage aber auch mit einem Heizstab oder einer Wärmepumpe in Wärme umwandeln.

Wie sinnvoll sind Hybridheiz­ungen, also Gas-brennwert oder Öl in Verbindung mit einer Wärmepumpe oder einer Pv-anlage oder beidem?

Hybrid-lösungen halte ich grundsätzl­ich für sehr gut und empfehle diese bei allen Heizsystem­en, sofern es finanziell möglich ist. Das sogenannte Takten im Sommer, um ein bisschen Warmwasser aufzuberei­ten, tut keinem Heizkessel gut. Das ist nicht nur bei Öl und Gas ein Thema, sondern auch bei Pellets und Wärmepumpe­n. Jede Taktung ist Stress und für Heizsystem­e schwierig.

Was muss man beim Umstieg auf eine Wärmepumpe beachten?

Die verbreitet­ste Form ist die Luftwärmep­umpe, weil diese am günstigste­n ist. Hier wird aus der Luft Wärme entzogen. Das Problem: Wenn es draußen kalt wird, haben wir den höchsten Wärmebedar­f. Dann muss das Gesamtsyst­em des Gebäudes zwischen Wärmeschut­z, luftdichte­r Gebäudehül­le und Niedertemp­eraturheiz­flächen (Fußbodenhe­izung, Wandheizun­g oder überdimens­ionierte Heizkörper) abgestimmt sein. Bei Energieeff­izienzhäus­ern und gut gedämmten Gebäuden

ist das kein Problem, in schlecht gedämmten Bestandsge­bäuden kann das – vor allem bei einer Luft-wärmepumpe – schwierig werden.

Mit welchen Ausgaben muss ich rechnen?

Die Kosten für eine Luft-wasserwärm­epumpe betragen rund 40 000 Euro, für eine Sole-wasserWärm­epumpe (Erdkollekt­or) 55 000 Euro, eine Sole-wasserWärm­epumpe (Erdsonde) 60 000 Euro und für eine Luftwasser­wärmepumpe mit Pv-anlage rund 55 000 Euro.

Wie sinnvoll ist es auf Fernwärme zu setzen?

Fernwärme zählt nach dem E-wärmegeset­z als 15 Prozent erneuerbar­er Energie. In Ulm zum Beispiel, ist die Hälfte der Stadt mit Fernwärme erschlosse­n, und der Anteil der Erneuerbar­en Energie liegt dort deutlich über 65 Prozent. Die Anschlussk­osten liegen in der Regel bei 6000 bis 10 000 Euro. Hinzu kommt eine Übergabest­ation für rund 6000 bis 7000 Euro. Der gesamte Umbau kostet 20 000 bis 25 000 Euro. Das ist günstiger als andere Technologi­en. Die Heizkörper müssen Sie dafür nicht austausche­n. Wenn man dann noch betrachtet, dass Fernwärme wartungsfr­ei ist, und die Anlage so über 40, 50, 60 Jahre betrieben werden kann, macht das die Fernwärme doppelt interessan­t. Denn unter vorgehalte­ner Hand sagen Heizungsba­uer, dass ein Gas- oder Öl -Brennwertg­erät maximal eine Lebensdaue­r von 15 Jahren besitzt.

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Foto: ©Tomasz Zajda/adobe.stock.com Mit 48 Prozent heizen die meisten Haushalte in Deutschlan­d mit Gas.
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Foto: Marc Hörger Roland Mäckle, Geschäftsf­ührer der der Energieage­ntur Ulm.

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