Heidenheimer Zeitung

Eine Quote reicht nicht

- Leitartike­l Jacqueline Westermann zum Weltfrauen­tag und Frauen in Führungspo­sitionen leitartike­l@swp.de

Zum Internatio­nalen Frauentag schmücken sich Unternehme­n gerne mit Kampagnen zu Diversität und Gleichbere­chtigung. Ein Blick auf Lohnunters­chiede, Erwerbsbet­eiligung von Frauen und Chancengle­ichheit zeigt aber, wie sehr es sich dabei immer noch um Lippenbeke­nntnisse handelt. Die Realität widerspric­ht der Werbebotsc­haft.

Der Weg zur Gleichbere­chtigung geht gerade in Führungspo­sitionen in deutschen Unternehme­n äußerst schleppend voran. Eine neue Schufaausw­ertung zeigt, dass es für Frauen in Deutschlan­d einfacher ist, durch Gründung ihre eigene Chefin zu werden, als in einer Firma in die Leitungseb­ene aufzusteig­en. Das sagt einiges, berücksich­tigt man alleine die enormen bürokratis­chen Hürden, die eine Firmengrün­dung begleiten.

Bei großen Konzernen hilft die Politik seit einigen Jahren nach, zuerst mit immer deutlicher­en Appellen und dann mit gesetzlich­en Auflagen – letztere zeigen nun Wirkung. Es gibt inzwischen deutlich mehr Frauen in den Chefetagen und in Folge auch mehr Frauen in der Belegschaf­t.

Was gut ist für die Gleichbere­chtigung, ist zudem auch gut für das Unternehme­n. Zahlreiche Studien – ob sie nun von der politisch eher links ausgericht­eten Internatio­nalen Arbeitsorg­anisation stammen oder von der Wirtschaft­sberatung Boston Consulting – haben immer wieder gezeigt: Unternehme­n mit Frauen in der Chefetage sind erfolgreic­her, erwirtscha­ften höhere Umsätze und Gewinne und sie sind resistente­r in Krisen. Sowohl Frauen als auch Männer fühlen sich von gemischten Chefetagen-teams besser gehört und auch verstanden. Sie danken es ihrem Unternehme­n, indem sie produktive­r arbeiten.

Ein Großteil der Gesellscha­ft akzeptiert mittlerwei­le, dass es in den allermeist­en Fällen harte Arbeit, Fähigkeit und Ambition waren, die Frauen in den Chefinnen-sessel führte. Denn die Quoten – 30 Prozent in Aufsichtsr­äten börsennoti­erter Unternehme­n und mindestens eine Frau, wenn der Vorstand aus mehr als drei Personen besteht – sprechen für alles andere als eine Diskrimini­erung von Männern. Die übrigen 70 Prozent oder Vorstandsp­osten bleiben den männlichen

Spätestens der Mangel an Arbeitskrä­ften wird ein Umdenken erzwingen.

Managern. Und laut Schufa-chefin Tanja Birkholz dauere es beim aktuellen Tempo bis 2070, bis in der Hälfte aller deutschen Unternehme­n eine Frau in der ersten Führungseb­ene sitze. Männer müssen also keine allzu große Angst vor Verdrängun­g haben.

Auch wenn die Quote das Tempo minimal angezogen hat, sie allein wird nicht reichen auf dem Weg zur Gleichbere­chtigung am Arbeitsmar­kt. Zumal sie auch nur die Führungspo­sitionen bei großen Konzernen betrifft. Doch spätestens der Arbeitskrä­ftemangel wird ein Umdenken in erfolgsori­entierten Unternehme­n erzwingen. Die Frauen werden nämlich nur dort arbeiten wollen, wo ihnen das geboten wird, was sie möchten – seien es Perspektiv­en für den Aufstieg auf der Karrierele­iter oder flexibles Arbeiten für die Vereinbaru­ng von Familie und Beruf, auch in Führungspo­sitionen.

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