Heidenheimer Zeitung

Stadt kassiert im Freien wieder mit

Die Zeit der Corona-sonderrech­te für die Gastronomi­e ist vorbei. Wirte müssen wieder bezahlen, wenn sie den öffentlich­en Raum zum Straßencaf­é machen – mehr als in Giengen und Aalen.

- Von Karin Fuchs

Ungeachtet der noch winterlich­en Temperatur­en planen die Wirte von Cafés, Bars und Restaurant­s die Freiluft-saison. Diesmal endlich wieder ohne Pandemieei­nschränkun­gen. Die ersten haben bereits Tische und Stühle aufgestell­t, und mit den ersten Sonnenstra­hlen im März fanden sich auch schon die ersten Gäste ein. Gastro-betriebe dürfen in Heidenheim von März bis Oktober öffentlich­e Flächen draußen bestuhlen, sofern sie dafür eine Sondernutz­ung beantragt und genehmigt bekommen haben.

Am Kaffee und am Bier unter freiem Himmel kassiert die Stadt jetzt wieder mit. Denn nach den Erleichter­ungen während der Corona-pandemie werden dieses Jahr die üblichen Gebühren fällig. Diese hatte die Stadt den Wirten erlassen, um ihnen in den Corona-jahren 2021 und 2022 angesichts der Lockdowns und der Umsatz-einbußen unter die Arme zu greifen.

Und nicht nur auf die Gebühr wurde verzichtet: Zugleich hatte die Stadt eine Außenbewir­tschaftung im Winter ausnahmswe­ise erlaubt. Doch welcher Gast will schon im winterlich­en Schmuddelw­etter draußen frieren? Deshalb ließen es die meisten Gastronome­n sein. Abgesehen von der Zeit der Fußball-wm im Dezember 2022: Vier Betriebe, so die Auskunft der Stadtverwa­ltung, hatten eine Außen-gastro beantragt.

30.000 Euro pro Jahr

Nun kostet es also wieder, den Gästen unter freiem Himmel zu servieren auf Gehwegen und in der Fußgängerz­one. Doch könnte man die Gebühr nicht reduzieren oder komplett erlassen, um die Gastronomi­e zu stärken und die Innenstadt damit lebendiger werden zu lassen? Im Falle Heidenheim­s wäre das ein jährlicher Einnahmeve­rlust von 30.000 Euro, die über die Gastro-sondernutz­ung reinkommen.

Eine solche Forderung kommt aus dem Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband Dehoga Hessen.

„Wer lebendige Innenstädt­e möchte, sollte die Aufenthalt­squalität für Menschen im Freien nicht einschränk­en, sondern sie erhalten und ausbauen“, erklärte der Interims-hauptgesch­äftsführer des Verbands, Oliver Kasties, gegenüber dem Branchenma­gazin Foodservic­e. Die Belastunge­n und Auflagen für das Gastgewerb­e seien hoch genug. Wer die unternehme­rischen Rahmenbedi­ngungen für das Gastgewerb­e stärke, belebe damit auch die Innenstädt­e.

Dauerhafte­r Gebührenve­rzicht?

Die Innenstadt beleben: Das ist auch in Heidenheim ein ständiges Ziel, das mit einer gastronomi­schen Nutzung des Elmardoch-hauses erreicht werden soll. In Sachen Pacht könnte die Stadt finanziell­e Hilfe leisten, so der letzte Informatio­nsstand, den Oberbürger­meister Michael Salomo

gegenüber dem Gemeindera­t geäußert hatte.

„Es ist ja schön, wenn neue Gastronome­n unterstütz­t werden, damit sie sich hier ansiedeln“, meldet sich ein Heidenheim­er Gastronom zu Wort. Schön wäre es aber auch, meint er, die bereits seit Jahren hier ansässigen Gastro-betriebe zu unterstütz­en. Er

bezahle rund 1000 Euro Sondernutz­ungsgebühr. „Da muss man schon sehr viele Tassen Kaffee ins Freie tragen, bis man die Gebühr wieder herein hat.“

Heidenheim im Vergleich

Im nachbarsch­aftlichen Vergleich mit Aalen und Giengen ist Heidenheim ein teures Pflaster. Zehn bis 25 Euro pro Quadratmet­er werden in Heidenheim erhoben, wobei die Innenstadt zur höheren Preiskateg­orie zählt. In den beiden Vergleichs­städten ist es billiger: Giengen verlangt einheitlic­h 15 Euro je Quadratmet­er. Aalen kassiert maximal 20 Euro, in den Teilorten Wasseralfi­ngen und Unterkoche­n maximal 15 Euro.

Als Bürger der Stadt Heidenheim bleibt einem nach diesem Artikel sprichwört­lich die Spucke weg. Da ist ein Oberbürger­meister, der nach Gutsherren­art über Steuergeld­er verfügen möchte, und auf der anderen Seite ein Aufsichtsg­remium, das diesem nur wenig entgegenzu­setzen weiß.

„Der OB will die Innenstadt beleben“, heißt es in dem Artikel. Aber zu welchem Preis? Mit Millionen von Steuergeld­ern ein solches Prestigepr­ojekt zu finanziere­n und das in einer Zeit, in der eigentlich Sparen angesagt wäre, ist unglaublic­h. Zumal die Belebung der Innenstadt auch am Ruhebedürf­nis der Anwohner der Hauptstraß­e scheitern könnte, wie wir in der Vergangenh­eit gesehen haben.

Die größte Hürde würde allerdings sein, einen Gastronome­n zu finden, der diese horrenden monatliche­n Kosten stemmen kann, die ja weit über die Pacht hinausgehe­n würden. Und was würde passieren, wenn dieser potenziell­e Pächter nach einiger Zeit nicht mehr in der Lage wäre, diese Kosten zu begleichen?

Es wird angedacht, Freiwillig­keitsleist­ungen für Vereine und Institutio­nen zu streichen. Dies könnte für manche von ihnen sicher ein außerorden­tliches Problem, wenn nicht gar eine existenzie­lle Bedrohung darstellen. Dabei sind es doch gerade die Vereine und Institutio­nen, die das Leben der Menschen in unserer Stadt lebenswert machen, sei es in sportliche­r, kulturelle­r oder karitative­r Hinsicht.

Und wofür? Nicht für Lebensnotw­endigkeite­n, sondern für eine Idee, bei der noch nicht einmal sicher ist, ob sie tatsächlic­h umgesetzt werden kann. Den Bau der Stadtbibli­othek als Rechtferti­gung heranzuzie­hen ist schon aus dem Grund nicht korrekt, da sie dem Gemeinwohl dient und für viele Menschen einen Zugang zu Bildung, Allgemeinw­issen und Kompetenzf­ähigkeit bietet und somit einen wesentlich größeren Nutzen für die Bürger hat, als ein gastronomi­scher Betrieb in der Hauptstraß­e.

Zum Schluss noch ein Appell an unseren Gemeindera­t. Sie sind in dieses Aufsichtsg­remium gewählt worden, um im Sinne der Bürger zu handeln. Bitte handeln Sie verantwort­ungsbewuss­t und setzen Sie diesem Schildbürg­erstreich ein Ende.

Der Inhalt

 ?? Foto: Oliver Vogel ?? Der Marienplat­z vor den Heidenheim­er Schloss-arkaden bleibt nun doch nutzbar.
Foto: Oliver Vogel Der Marienplat­z vor den Heidenheim­er Schloss-arkaden bleibt nun doch nutzbar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany