Heidenheimer Zeitung

Mit der Brechstang­e

- Igor Steinle zur Verbotspol­itik der Bundesregi­erung leitartike­l@swp.de

Die Klimaziele der Bundesregi­erung sind enorm: Im Vergleich zu den vergangene­n zehn Jahren muss sich die Co2-minderung in den kommenden Jahren mehr als verdoppeln. Nach seiner Meinung gefragt, ob das in so kurzer Zeit zu schaffen ist, spricht Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) gerne davon, dass die Deutschen in der Energiekri­se gezeigt hätten, zu welchen Anstrengun­gen sie in der Lage sind. Das ist einerseits richtig. Anderersei­ts könnte man sich auch die Frage stellen, ob die Bürger nicht irgendwann überforder­t sind.

Verdruss könnte vor allem die bei Grünen und Teilen der SPD vorhandene Neigung befördern, die Klimaziele einerseits immer höher zu schrauben, anderseits aber die technologi­schen Möglichkei­ten einzuschrä­nken, mit denen diese erreicht werden können. In der aktuellen Debatte über das Verbrenner-aus oder Öl- und Gasheizung­en tritt diese Tendenz wieder deutlich zutage.

So sollen neue fossile Heizungen verboten werden, obwohl sie langfristi­g auch mit Wasserstof­f klimafreun­dlich betrieben werden könnten. Ähnlich verhält es sich mit dem Verkehr: Der Verbrenner soll weg, stattdesse­n werden alle Karten auf den Elektroant­rieb gesetzt. Einiges spricht zwar dafür, dass E-autos sich langfristi­g durchsetze­n werden. Gerade deswegen bleibt es aber ein Rätsel, warum der Verbrenner dann verboten werden muss.

Ebenso die Wärmepumpe: Sie ist ein wahres Wunderding, was ihre Effizienz angeht, weswegen sie in Neubauten boomt. Im Bestand stellt sie Eigentümer jedoch oft vor bauliche und finanziell­e Schwierigk­eiten. In beiden Fällen wäre ein schonender Übergang möglich, indem man der besseren Technologi­e Zeit gibt, sich durchzuset­zen. In Europa hat man sich jedoch für Elektrifiz­ierung mit der Brechstang­e entschiede­n.

Politiker, also Juristen, Lehrer und Verwaltung­sbeamte in Brüssel und Berlin, meinen genau zu wissen, welche Technologi­e in 30 Jahren die beste sein wird. Das ist absurd. Politik sollte Ziele vorgeben, nicht vorschreib­en, wie sie erreicht werden sollen. Der momentanen Denke folgend hätte man vor einiger Zeit Kühlschrän­ke anstelle des die Ozonschich­t schädigend­en

In den USA hat man verinnerli­cht, dass Planwirtsc­haft noch nie erfolgreic­h war.

FCKW verboten – der Politik von heute wäre es zuzutrauen. So wird sich Europa eines Tages womöglich zugutehalt­en, klimaneutr­al zu sein. Andernorts könnte man aber denselben Erfolg feiern, ohne dafür bestehende Infrastruk­turen zerstört zu haben.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) spricht zwar gerne von einem neuen Wirtschaft­swunder, das diese Politik auslösen wird. Und Habeck verweist auf den amerikanis­chen „Inflation Reduction Act“, dem man so Paroli biete. Doch die Amerikaner fördern saubere Technologi­en eben nicht, indem sie jetzt schon vorschreib­en, welcher

Pfad eingeschla­gen werden soll. Sie betreiben stattdesse­n kluge, unbürokrat­ische und vor allem technologi­eoffene Förderpoli­tik. Dort hat man verinnerli­cht, dass Planwirtsc­haft noch nie erfolgreic­h war. Eigentlich sollte man das hierzuland­e sogar noch besser wissen.

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