Gezerre um Heilpflanze Artemisia
Ist das Gewächs ein Lebensmittel oder ein Rohstoff? Der Zwist schien beigelegt, nun bricht er erneut auf.
Der Streit um den Vertrieb der Heilpflanze Artemisia schwelt weiter. Das Landratsamt des Rems-murr-kreises droht dem Hersteller Hans-martin Hirt in Winnenden mit 30 000 Euro Bußgeld, sollte er Produkte der Pflanze in Umlauf bringen. Die Parteien streiten darum, ob es sich um ein Lebensmittel oder um einen Rohstoff handelt.
Artemisia enthält 245 Wirkstoffe, die gegen Malaria und multiresistente Keime wirken, bei Krebserkrankungen helfen und die Immunabwehr stärken sollen. Der promovierte Apotheker Hirt hat in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine optimierte Version der Pflanze unter dem Namen „A 3“gezüchtet und zahlreiche Projekte weltweit organisiert.
2018 wurde die Pflanze in der Novel-food-verordnung der EU allerdings als „gefährlich“eingestuft, der Verkauf daraufhin vom Landratsamt verboten. Im Februar 2021 entschied der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof, die Behörde sei zum Einschreiten verpflichtet gewesen.
Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart schlossen die Parteien im vergangenen August einen Vergleich: Hirt bekam seine von den Behörden beschlagnahmten Pflanzen zurück unter der Auflage, sie nicht als Lebensmittel zu vertreiben. Artemisia wurde als „Pflanzenrohstoff “eingestuft. Inzwischen hat das Landratsamt allerdings ein Gutachten beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) in Karlsruhe eingeholt. Darin wird Artemisia erneut als Lebensmittel eingestuft. Für das Amt in Waiblingen ist der Verkauf der Produkte deshalb ein Verstoß gegen den Vergleich, die Androhung des Bußgeldes wurde erneuert.
Anwalt spricht von einem feindseligen Akt.
Der Anwalt Hirts, Eisenhart von Loeper, nennt das Vorgehen der Behörde einen „überraschenden, feindseligen Akt“. Beim Verkauf von Artemisia-produkten handele es sich um Rohstoffe – dafür seien weder das CVUA noch das Landratsamt zuständig. Auch der Hinweis auf der Internetseite, dass dieser Rohstoff in Bio-qualität hergestellt werde, mache ihn nicht zum Lebensmittel. Von Loeper setzte dem Amt eine Frist bis zum gestrigen Mittwoch, die Drohung zurückzunehmen.das Landratsamt teilte daraufhin in einem Brief mit, dass es für die Prüfung der vorgebrachten Argumente Zeit brauche. Vor einem Ergebnis würden jedoch keine weiteren Schritte gegen die Artemisia-verkäufer eingeleitet.