Heidenheimer Zeitung

Auf der Suche nach dem besten Klang

Marc Kikowatz aus Herbrechti­ngen ist nicht nur Metal-musiker, mit dem „Attic ’n’ Cave“hat er sich auch ein Tonstudio aufgebaut. Dort nimmt er aber nicht nur Rockmusik auf, sondern fühlt sich in vielerlei Stile ein.

- Von Jens Eber

Dass hier früher einmal ein Tanzlokal war, davon zeugt noch eine Theke in Retro-optik. Einen Ausschank und das betörende Lichtspiel einer Discokugel gibt eszwar nicht mehr, um Musik geht es heute aber immer noch, allerdings um jenen Schritt, der vor dem Tanzen kommt: das Aufnehmen. In einem Gewerbebau in Staufen hat der Herbrechti­nger Marc Kikowatz sein „Attic-’n’cave-studio“eingericht­et, hier sorgt er dafür, dass musikalisc­he Ideen das passende Klanggewan­d erhalten.

Der Name lässt sich grob mit „Dachboden-und-höhle-studio“übersetzen, es ist eines jener Wortspiele, die in der Metal-szene beliebt sind. Sein erstes Studio war in einem Keller untergebra­cht, das Gegenstück dazu ist sein Dachgescho­ss in Herbrechti­ngen. Dort mischt und veredelt er die Aufnahmen.

Platz hinterm Schlagzeug

Dass der 29-Jährige der Metalszene entspringt, ist keine Überraschu­ng: Lange Haare, langer Bart, und der Hz-fotograf muss ihm ein Lächeln förmlich abringen. Außerdem sorgt er hinterm Schlagzeug der Heidenheim­er Band „Demons Dream“für ein angemessen­es Gewitter. Umso freundlich­er und zugewandte­r ist er im Gespräch. Er betont, dass beileibe nicht nur Metal-bands bei ihm aufnehmen. „Ich höre selber auch alle Stile“, sagt Kikowatz, und so waren auch schon Deutsch-rapper oder Orchester in seinem Studio.

Aus dem leergeräum­ten, langgezoge­nen Raum ein Tonstudio zu machen, war der erste, große Schritt. Es dauerte Monate, bis er

nach eigenen Plänen Dutzende Akustikele­mente aus Holz und Dämmstoffe­n gebaut hatte, die dem Raum seinen Hall nehmen sollten. Aberhunder­te von unterschie­dlich großen Klötzchen hat er dafür mit seiner Freundin zugeschnit­ten, eine Zwischenwa­nd eingezogen und nach und nach auch die optimalen Standorte für Mikrophone ermittelt. Für Schlagzeug­aufnahmen etwa hat er schon einmal eines im Klo positionie­rt,

der natürliche Hall sei toll gewesen. Das Experiment­ieren scheint er zu genießen. „Es gibt kein richtig oder falsch – es muss einfach gut klingen“, sagt er.

Im Alltag dreht Kikowatz weniger an den Knöpfchen seines Mischpults als an Schrauben und Muttern: Der Herbrechti­nger ist gelernter Mechatroni­ker und arbeitet in einem Autohaus. Zur Studioarbe­it kam er nach und nach durch das eigene Musikmache­n

mit seiner Band, erste Aufnahmen fertigten sie im damaligen Proberaum im Keller der Schnaithei­mer Zigarrenfa­brik, damals klassische Acht-spur-aufnahmen. Heute vollendet er Aufnahmen mit hundert oder mehr Spuren.

Wichtig: Fingerspit­zengefühl

Um besser zu verstehen, wie man Musik aufnehmen und mischen kann, absolviert­e Kikowatz ein

Fernstudiu­m am Hofa-college, einer privaten Schule nahe Bruchsal. Da hatte er schon im Sinn, die Recording-dienstleis­tungen auch kommerziel­l anzubieten. „Da reicht es aber nicht, nur zu sagen, hallo, ich bin der Marc“, sagt er.

Wichtig ist ihm, nicht nur auf die akustische­n Wünsche seiner Kunden einzugehen. „Musiker sind so vielfältig wie alle Menschen“, sagt er, da brauche man viel Fingerspit­zengefühl. Gerade

Sängern, die noch nicht so routiniert in der Studioarbe­it seien, wolle er eine gewisse Wohlfühlat­mosphäre bieten. Nebenbei bekomme er bei seiner Arbeit Einblicke in viele musikalisc­he Genres. Viele davon habe er im Zuge der Produktion­en schätzen gelernt, sagt der 29-Jährige. „Ich will mich selber gar nicht eingrenzen und lerne Musik auch immer wieder ganz neu kennen.“

Sind die Aufnahmen in Staufen abgeschlos­sen, nimmt er die Aufnahmen mit nach Hause zum Mischen und Mastern, also zur finalen Feinabstim­mung vor der Veröffentl­ichung. Die Arbeit am Studiorech­ner ist allerdings nicht sein einziges Betätigung­sfeld. Kikowatz wird immer häufiger auch für Konzerte gebucht, um den Künstlern und ihrem Publikum guten Sound zu verschaffe­n. Und in den Zwischenph­asen probt er dann im Studio mit „Demons Dream“.

Das zweite Album seiner Band wurde zwar noch im alten Probekelle­r aufgenomme­n, mit der gewachsene­n Erfahrung in der Hinterhand liebäugelt er aber damit, das Schlagzeug nochmal neu einzuspiel­en. Ob dann auch der natürliche Hall der Studiotoil­ette zum Zuge kommt, verrät er freilich noch nicht.

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Foto: Markus Brandhuber Klangarbei­t am Rechner: Marc Kikowatz in seinem Regieraum.

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