Ist das 49-Euro-ticket sozial?
Der Bundestag hat den Weg für das Deutschland-ticket freigemacht. Die Geldbeutel vieler Pendler werden wohl entlastet werden. Andere Menschen könnten Probleme haben, das Abo zu erhalten.
Monatelang gab es Streit zwischen Bund und Ländern, doch nun hat der Bundestag den Weg für das bundesweite 49-Euro-ticket freigemacht. Bund und Länder stellen jeweils zwischen 2023 und 2025 1,5 Milliarden Euro bereit, um Einnahmeausfälle bei den Verkehrsunternehmen auszugleichen. Damit sind die Finanzierungsfragen geklärt. Doch es bleiben Fragezeichen.
Das Deutschlandticket ist eine monatlich kündbare Abo-fahrkarte zum Preis von 49 Euro. So wie beim Vorgänger-modell 9-Euro-ticket können Fahrkartenbesitzer mit Bussen und Bahnen quer durchs Land fahren. Fernbusse und Fernbahnen sind davon ausgenommen. Die Bundesregierung sieht in dem Ticket einen Schritt in Richtung Digitalisierung des Landes, denn die Fahrkarte soll ausschließlich online erhältlich sein. Weil viele Verkehrsunternehmen aber keine Online-tickets oder Chipkarten anbieten, wird es eine Übergangsfrist geben, bei der auch Papiertickets gestattet sind.
Was ist das Deutschlandticket? Ist das Deutschlandticket die günstigste Fahrkarte?
Das kommt darauf an. Einige Länder bieten günstigere Fahrkarten für bestimmte Personengruppen an. In Baden-württemberg gibt es seit dem 1. März ein Jugendticket für 365 Euro im Jahr. In Bayern können Studenten und Auszubildende auf ein 29-Euro-ticket hoffen. Sogar innerhalb einzelner Bundesländer wird es verschiedene Regelungen geben für die Mitnahme von Hunden und Rädern. Damit verfehle das Deutschlandticket das Ziel, Ordnung in den Tarifdschungel in Deutschland zu bringen. Der Flickenteppich bleibe bestehen, kritisierte der Bundestagsabgeordnete Michael Donth (CDU) am Donnerstag.
Ein weiteres Ziel von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) war es, den öffentlichen Nahverkehr vielen schmackhaft zu machen, sodass der Umstieg vom Auto auf Bus
Ist das Ticket sozial?
und Bahn leichter fällt und das Deutschlandticket einen Beitrag für den Klimaschutz leisten kann. Das setzt voraus, dass das Ticket erschwinglich ist. Für viele Pendler, vor allem in Ballungsgebieten, ist das so. Doch Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten könnten vielerorts vom Abo ausgeschlossen sein.
Verkehrsunternehmen führen beim Abschluss eines Abonnements einen Bonitätscheck durch – eine übliche Praxis, wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) mitteilte. Dabei wird der Schufa-score überprüft. Dieser zeigt an, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Person ihre Schulden begleicht. Der monatliche Betrag des Deutschlandtickets wird meist per Lastschrift eingezogen. Wer zu viele Schulden hat, dem könnte der Kauf des 49-Euro-tickets verwehrt bleiben.
Die Verkehrsunternehmen im Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart wie die DB S-bahn und DB Regiobus führen die Bonitätsprüfung ebenso durch wie der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV). Wie viele Menschen dadurch von dem Deutschlandticket ausgeschlossen werden, können die Verbünde nicht abschätzen. Allerdings könnte es in München bald auch andere Zahlungsmethoden geben. So könnten Kunden das Ticket in Zukunft mit Kreditkarte oder per Apple Pay oder Google Pay erwerben. Dies würde aber größere technische Anpassungen erfordern, wodurch diese Zahlungsmittel bis Mai noch nicht zur Verfügung stünden.
Der größte Nahverkehrsverbund, die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), hingegen verzichtet auf eine Bonitätsprüfung. „Das Deutschlandticket ist bei der BVG
für alle Menschen zugänglich. Niemand muss befürchten, wegen eines negativen Schufa-eintrags dieses attraktive Abo nicht abschließen zu können“, teilte ein Sprecher mit.
Welche Probleme gibt es sonst noch? Zwar ist das Deutschlandticket auskömmlich finanziert, doch das heißt noch lange nicht, dass das Öpnv-angebot ausgebaut wird. Der Verkehrsverbund Rhein-ruhr (VRR) hat sogar bereits angekündigt, dass 2024 einzelne Linien in NRW ausgedünnt und dass das Zug-angebot um bis zu 25 Prozent verringert werden könnte. „Die Ampel gibt Milliarden aus. Diese Milliarden fehlen beim Bus- und Bahnausbau“, kritisierte der Bundestagsabgeordnete Henning Rehbaum (CDU) am Donnerstag. Nrw-verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) betonte, dass das Deutschlandticket nur der Beginn eines langen Weges hin zu einem attraktiven öffentlichen Verkehr sein werde. Nun müsse es darum gehen, Gelder etwa aus der Abschaffung klimaschädlicher Subventionen in Bus und Bahn zu investieren.