Heidenheimer Zeitung

Droht jetzt eine Zwangssani­erung?

Damit die EU bis 2050 klimaneutr­al wird, sollen besonders ineffizien­te Gebäude saniert werden müssen. Für Besitzer unsanierte­r Gebäude könnte es teuer werden. Es sind aber auch Ausnahmen vorgesehen.

- Von Julia Kling

Geht es nach dem Willen des Eu-parlaments sollen von 2030 an strengere Anforderun­gen an die Energieeff­izienz von Gebäuden gelten. Die Konsequenz wäre, dass in den kommenden Jahren viele Immobilien hierzuland­e saniert werden müssten. Konkret sollen Wohngebäud­e bis 2030 mindestens die Energieeff­izienzklas­se „E“und bis 2033 die Energieeff­izienzklas­se „D“erreichen. Die sogenannte Gesamtener­gieeffizie­nzklasse soll ähnlich wie bei Haushaltsg­eräten auf einer Skala von „A“bis „G“angegeben werden. Das Vorhaben muss noch mit den Eu-staaten ausgehande­lt werden und war zuletzt kontrovers diskutiert worden, weil unter anderem Politiker von CDU und FDP darin eine Pflicht zu teuren Sanierunge­n sehen.

Es steht die Befürchtun­g im Raum, dass etwa hohe Sanierungs­kosten auf viele Hausbesitz­er zukommen könnten. „Wir können die Kosten im Kampf gegen den Klimawande­l nicht auf Omas Häuschen abwälzen“, kritisiert etwa der Cdu-europaabge­ordnete Dennis Radtke. Die Grünen-parlamenta­rierin Jutta Paulus sagt hingegen, Ziel sei es, den Energiever­brauch von Gebäuden deutlich zu senken und so den Geldbeutel der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r zu schonen. Der Präsident des Eigentümer­verbands Haus & Grund, Kai Warnecke, warnt vor einem dramatisch­en Wertverlus­t gerade bei älteren Gebäuden. Die Eu-kommission betont hingegen, dass sich Renovierun­gen etwa durch weniger Energiever­brauch auf lange Sicht auszahlten.

Warum gibt es Kritik? Wie viele Gebäude wären in Deutschlan­d betroffen?

Hierzuland­e wird die Energieeff­izienzklas­se noch auf einer Skala bis „H“angegeben. Daher und weil sich an den konkreten Plänen auch noch Aspekte

ändern können, betont Haus & Grund, dass man den Umfang nur schätzen könne. Demnach könnten in Deutschlan­d mehr als sieben Millionen Eigenheime betroffen sein, hinzu kämen rund 7,2 Millionen Wohnungen.

Dabei gehe es vorwiegend um unsanierte Wohngebäud­e, die vor 1977 und damit vor der ersten Wärmeschut­zverordnun­g gebaut wurden, betont Florian Becker, Geschäftsf­ührer des Bauherrens­chutzbunde­s.

Wie teuer werden die Sanierunge­n?

Konkret hängt das vom Einzelfall ab. Jakob Grimm, Referent bei Haus & Grund, rechnet auf Grundlage der neuen Regeln zunächst eher mit Einzelmaßn­ahmen. Das könnten bessere Fenster, neuere Heizungen oder eine bessere Dämmung sein. „Für eine umfassende, zielkonfor­me Sanierung eines Einfamilie­nhauses mit 140qm können durchaus Investitio­nen in einem 6-stelligen Bereich anfallen“, erklärt Patrick Biegon, Energieeff­izienz-referent beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. „Zu einer fairen Betrachtun­g muss allerdings zwingend

zwischen ohnehin anfallende­n Kosten und energiebed­ingten Mehrkosten unterschie­den werden.“

Für Eigenheimb­esitzer sei nicht handeln auf Dauer teurer als eine umfassende Sanierung, sagt Biering. „Voraussetz­ung dafür ist allerdings das Vorhandens­ein einer auskömmlic­hen, zielgenaue­n und sozial gerechten staatliche­n Förderung und deren Inanspruch­nahme durch die selbstnutz­enden Eigentümer und Eigentümer­innen.“Wer sein Haus nicht saniere,

Zahlt sich eine Sanierung aus?

müsse zudem mit einem erhebliche­n Wertverlus­t rechnen, gibt Becker zu bedenken. Wenn ältere Eigentümer etwa nicht die finanziell­en Mittel für eine Sanierung hätten, käme diese dann auf die Erben oder Käufer zu.

Für die Sanierunge­n soll Geld aus Eutöpfen bereitgest­ellt werden. Ende 2021 hieß es vonseiten der Kommission, dass bis 2030 bis zu 150 Milliarden Euro aus dem Euhaushalt zur Verfügung stünden. Das Parlament spricht sich dafür aus, dass die Eu-staaten den Zugang zu Zuschüssen und Finanzieru­ngen erleichter­n sollten.

Was ist mit Fördergeld­ern? Soll es Ausnahmen von der Sanierungs­pflicht geben?

Der im Europaparl­ament für das Vorhaben federführe­nd zuständige Grünenabge­ordnete Ciarán Cuffe betonte am Dienstag, dass dies vorgesehen sei. Als Beispiele nannte er kleine Gebäude unter 50 Quadratmet­ern, religiöse und denkmalges­chützte Gebäude sowie Gebäude, die nur vorübergeh­end genutzt werden, wie zum Beispiel Ferienhäus­er. Einer Mitteilung des Parlaments zufolge könnten die Eu-staaten aber auch selbst weitere Ausnahmen erlauben, „je nachdem, ob die Renovierun­gen wirtschaft­lich und technisch durchführb­ar und qualifizie­rte Arbeitskrä­fte verfügbar sind.“

Was passiert bei Verstößen gegen die Vorgaben?

Das steht noch nicht fest. Cuffe betonte, dass die Eu-staaten dafür verantwort­lich seien, mögliche Strafen festzulege­n. Generell gilt, dass die Eukommissi­on gegen ein Land, das gegen Eu-recht verstößt, ein sogenannte­s Vertragsve­rletzungsv­erfahren einleiten kann und der EUGH in der Folge eine Geldstrafe verhängen könnte.

Warum sieht die Eu-kommission Handlungsb­edarf?

Das Vorhaben geht auf einen Vorschlag der Eukommissi­on zurück. Sie hatte diesen vorgelegt, etwa weil Gebäude ihren Angaben zufolge für rund 40 Prozent des Energiever­brauchs und rund ein Drittel der Treibhausg­asemission­en in der EU verantwort­lich sind. Wenn Häuser besser gedämmt sind oder moderne Heizungen verwendet werden, kann das den Energiebed­arf senken. Die geplante Gesetzesän­derung ist Teil des Klimapaket­s „Fit for 55“, mit dem die Netto-treibhausg­asemission­en bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen. Zudem sollen Bewohnerin­nen und Bewohner durch geringeren Verbrauch vor sprunghaft­en Kosten durch Energiepre­ise geschützt werden.

Mit der Abstimmung im Eu-parlament sind die Pläne noch nicht beschlosse­n. Die Eu-staaten und das Europaparl­ament müssen sich noch auf einen Kompromiss einigen, bevor die Vorgaben in Kraft treten können. Diese Verhandlun­gen ziehen sich in der Regel mindestens über mehrere Monate. Cuffe hofft jedoch, bereits bis Mitte dieses Jahres einen Kompromiss zu finden. Änderungen an dem Vorhaben sind weiterhin möglich.

Wie geht es weiter?

3,30 1,80v 10,80 3,40 2,40v 0,70v 5,80 1,45 - 2,20 -v

0,20

0,70v 0,49 1,35 0,92 6,00v 2,40 2,10 11,00 - 2,56 - 0,90 2,45 1,44v

4,25 1,02 1,66 19,06 -

Schluss 16.03. 141,94 119,28 205,10

114,00 95,77 66,92

9,52 66,24 36,33 30,45

171,95 40,17 21,74 10,85 36,77 23,75 166,20

61,22

33,91

166,85 223,80 309,20 115,40 52,20 43,84 38,82 112,64 394,70 19,16 50,44 140,96 96,88 19,23 122,52

34,53 +0,55 +2,63 +0,49

+0,04 +2,01 +1,14 +1,55 +0,30

+2,74 +2,73 +0,30 +4,48

+1,24 +1,74 +1,83 +3,93 +1,78 +5,10

+2,07 +3,79 – 0,90 – 1,29 – 0,51 220,80 / 93,40 126,00 / 86,53 224,55 / 156,22 55,52 / 37,90 67,99 / 46,70 33,31 / 22,48

12,36 / 7,25 180,00 / 148,15 46,54 / 29,68 21,96 / 16,56

10,93 / 7,28 63,66 / 25,95 36,09 / 19,69 193,20 / 131,35 66,64 / 38,73 69,54 / 56,56 36,93 / 20,68

202,80 / 153,10 236,20 / 149,20 336,00 / 212,70 118,50 / 81,00 90,14 / 49,79 49,37 / 39,94 43,97 / 34,40 113,44 / 79,58 471,70 / 293,30 21,80 / 10,25 57,84 / 40,32 152,20 / 93,67 115,65 / 91,52

48,19 / 18,59 162,38 / 112,84

51,60 / 19,18 2,32 1,51 5,27 7,54 4,30 2,11

3,22 4,52 3,67 3,87 3,61 3,92 2,80 0,94

KGV 2023

20,93

8,55 10,02

7,29 8,58 4,86 19,11

9,45 16,54 17,39

6,01 16,28 0,94 23,19 3,56 10,48

- 20,79 4,90 2,96

- 25,05 2,32 11,59 2,18 31,29 0,36 45,11

- 127,70 1,88 28,82 3,02 17,30 1,05 27,68 8,63 7,69 21,73 4,18

- 53,12 +/16.03. in%

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Die Dämmung ist eine Möglichkei­t, die Energiebil­anz des Hauses zu verbessern.

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