Europa muss sich beweisen
Es dürften nicht besonders viele mitbekommen haben: Kurz vor Pfingsten hatte der Bundestag einem neuen Mandat für den Einsatz der Bundeswehr im Kosovo zugestimmt. Die 1999 begonnene Beteiligung an der Nato-mission Kfor ist der am längsten laufende deutsche Auslandseinsatz – und zugleich einer, der angesichts der zahlreichen anderen Kriegsschauplätze in der Welt ein bisschen in Vergessenheit geraten ist. Und wenn sich zuletzt jemand daran erinnerte, dann gerne mit der kritischen Frage: Warum genau sind wir eigentlich immer noch dort?
Die Antwort liefern die Bilder aus den vergangenen Tagen: Brennende Autos, wutverzerrte Gesichter, schwer verletzte Nato-soldaten. Mal wieder sind die politischen Spannungen zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit in dem fragilen und bitterarmen Land auf dem
Westbalkan in Gewalt umgeschlagen. Welches Potenzial solche Eruptionen haben, zeigt die umgehende Ausrufung der Armee-gefechtsbereitschaft im benachbarten Serbien.
Die Kfor wird also weiterhin gebraucht und mit ihr auch die Soldaten der Bundeswehr. Noch mehr gebraucht wird aber ein beherzt und geschlossen agierendes Europa. Es gilt, den Ausbruch eines weiteren Kriegs in der Eu-nachbarschaft zu verhindern, an dem Russlands Präsident Wladimir Putin vermutlich seine helle Freude hätte. Und es gilt, dem russischen und zunehmend auch chinesischen Einfluss in der Region etwas entgegenzusetzen. Das ist frustrierend, mühsam und teuer. Aber eines ist klar: Die USA werden wohl kaum noch einmal quer über den Atlantik zu Hilfe eilen, sollte der Balkan erneut in Flammen stehen. Europa muss sich dort beweisen.