Falscher Ansatz
Die AFD legt in fast allen Umfragen und vor allem in den östlichen Bundesländern deutlich zu. Politiker und professionelle Politikbeobachter sind sich einig: Das hängt mit dem Streit in der Ampel-regierung über das Heizungsgesetz zusammen. Die Uneinigkeit der demokratischen Parteien befördere die Protesthaltung in der Wählerschaft und zwinge die stocksauren Heizungsbesitzer geradezu in die Arme der rechten Populisten. Aus diesem Grund müsse schnellstens Einigkeit hergestellt und das Gesetz beschlossen werden, so Grüne und SPD. Oder ein völlig neues, womöglich abgeschwächtes Gesetz her, so die FDP.
Diese Analyse scheint auf den ersten Blick einleuchtend. Tatsächlich sind viele Bürger so verunsichert und sauer über das angebliche Heizungsverbot selbst (und nicht nur über den Streit darüber), dass sie zumindest in Umfragen der Regierung mit der AFD drohen. Ob sie in diesem heiligen Heizungszorn in der Wahlkabine dann auch wirklich für die Rechten stimmen werden, wer weiß das schon.
Die Art und Weise, wie die Ampel die sogenannte Wärmewende aufgesetzt hat, führt nicht zum Erfolg, weil sie zu viele Menschen vor den Kopf stößt und ihre Fragen unbeantwortet lässt. Insbesondere Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzt zu sehr auf eine Überwältigungsstrategie, die nach dem Motto funktioniert, wir haben wegen des Klimawandels keine Zeit mehr und jetzt muss alles schnell beschlossen werden.
Angesichts von absehbaren Anschaffungsund Sanierungskosten im fünfstelligen Euro-bereich, werfen viele Haus- und Wohnungsbesitzer die Frage auf, ob Eile und Aufwand notwendig sind. Schließlich verursachten die Deutschen ja nur zwei
Prozent am jährlichen Ausstoß von Kohlendioxid, und es sei fraglich, ob die Bundesrepublik alleine den Klimawandel verhindern könne.
Keine Partei außer der AFD greift diesen berechtigten Punkt auf oder beschäftigt sich ernsthaft damit. Das ist ein schwerwiegender Fehler und ein Grund für die breite Ablehnung. Die Antwort darauf ist einerseits sehr einfach, andererseits aber auch sehr schwierig. Einfach: Wenn die Deutschen als viertgrößte Industrienation
Mit Lastenrad und Veganismus alleine überzeugen wir weder China noch die USA.
nicht beim Klimaschutz vorangehen, wird es auch kein anderer tun. Schwierig: Wenn wir den Kampf gegen den Klimawandel falsch aufziehen, unseren Wohlstand verringern, unsere industrielle Basis schwächen, die Bevölkerung spalten, wird ebenfalls keiner folgen. Mit Lastenrad und Veganismus alleine überzeugen wir weder China noch die USA. Immerhin, sogar bei den Grünen bricht sich diese Erkenntnis so langsam Bahn.
Als soziale Marktwirtschaft sollte Deutschland vor allem darauf setzen, den Markt und seine faszinierende Kraft dafür zu nutzen, eine ökologische Richtung einzuschlagen. Wie gut das funktionieren kann, haben Wirtschaft und Kapital in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder eindrucksvoll demonstriert, auch beim Umweltschutz. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, liefert die Marktwirtschaft. Dann haben die extremen Parteien das Nachsehen.