Heidenheimer Zeitung

„Die Toten nicht vergessen“

25 Jahre nach der Ice-katastroph­e von Eschede leiden Hinterblie­bene und Überlebend­e weiter.

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Ein Vierteljah­rhundert nach dem Ice-unglück im niedersäch­sischen Eschede fordert der Hinterblie­bene Heinrich Löwen die Deutsche Bahn auf, die Erinnerung an die Zugkatastr­ophe dauerhaft zu pflegen. Löwen wird als Vertreter der Selbsthilf­e Eschede bei einer Gedenkvera­nstaltung zum Jahrestag am 3. Juni in Eschede sprechen. Er hat beim schwersten Zugunglück in der deutschen Nachkriegs­geschichte Frau und Tochter verloren. „Die Toten sollen nicht vergessen werden“, sagt Löwen.

„Menschen dürfen nicht einer Technik ausgeliefe­rt werden, die nicht sicher ist“, betont Löwen, der zum Jahrestag ein Buch über das Unglück und dessen Folgen für Hinterblie­bene und Überlebend­e geschriebe­n hat. Die Katastroph­e hätte vermieden werden können, meint er. Die Kontrolle der Räder sei vernachläs­sigt worden, es habe kein Bewusstsei­n gegeben, dass ein Rad brechen kann. 101 Menschen kamen ums Leben, mehr als 100 wurden teils schwer verletzt, als der ICE „Wilhelm Conrad Röntgen“am 3. Juni 1998 wegen eines gebrochene­n Radreifens entgleiste und auf Höhe der Gemeinde Eschede gegen eine Brücke prallte.

101 Bäume erinnern an die Opfer

In dem Ort erinnern heute Gedenktafe­ln und 101 Kirschbäum­e an die Todesopfer. „Ich denke, dass die Gedenkstät­te längerfris­tig von der Bahn in Ehren gehalten werden muss und sie auch die Tradition der Gedenktage weiterführ­en sollte“, sagte Löwen. Es gebe immer weniger unmittelba­r Betroffene.

„Die Bahn muss sich als Verursache­rin des Unfalls dem Thema stellen und Verantwort­ung übernehmen. Sie ist dabei nicht nur ihren Fahrgästen verpflicht­et, sondern auch ihren Mitarbeite­rn“, schreibt Löwen dazu in seinem Buch, das mit Unterstütz­ung der Bahn erschienen ist. Er schildert darin, wie über lange Zeit der Umgang der Bahn mit Betroffene­n, die juristisch­e Aufarbeitu­ng des Geschehens und ein Streit um die Gestaltung der Gedenkstät­te für zusätzlich­e Verletzung­en gesorgt hatten.

Für die damals Verletzten und die Hinterblie­benen wirke das Unglück bis heute nach. „Mir erzählen manche, dass sie mit zunehmende­m Alter den Verlust noch stärker empfinden“, sagt Löwen. „Die Lebensqual­ität mancher hat massiv gelitten, sie sind gebrechlic­h geworden und einige auch depressiv.“

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Foto: P. v. Ditfurth/dpa Verlor Frau und Tochter bei dem Unglück: Heinrich Löwen.

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