Heidenheimer Zeitung

Völlig losgelöst

Statt eines Anbaus an die Gemeinscha­ftsschule wird nun ein Neubau anstelle der jetzigen Grundschul­e realisiert. Diese Art der Erweiterun­g der Bibrisschu­le soll nicht nur wirtschaft­licher, sondern auch praktikabl­er für alle Beteiligte­n sein.

- Von Melanie Knapp

Das Herbrechti­nger Bibrisschu­lzentrum wird bekanntlic­h saniert und erweitert. Bis vor Kurzem gingen der Gemeindera­t und wohl alle, die nicht im Planungspr­ozess involviert sind, davon aus, dass die Erweiterun­g durch einen Anbau an die nördliche Seite der Gemeinscha­ftsschule realisiert, die Grundschul­e integriert und deren jetziges Gebäude abgerissen wird. So wie es die Machbarkei­tsstudie Ende 2021 angedacht hatte. Diese wurde von der Stadt bei AGW und Biregio in Auftrag gegeben, um eine Grundlage für alle weiteren Planungen zu haben. Daraufhin wurden verschiede­ne Planungsbü­ros beauftragt, die Sanierung und Erweiterun­g umzusetzen. Nun kam es zu einer großen Überraschu­ng: Dem Gemeindera­t wurde in seiner jüngsten Sitzung von der Stadtverwa­ltung, dem Projektste­uerer von „Ernst² Architekte­n“und den Architekte­n der campus Gmbh ein alternativ­er Erweiterun­gsbau ans Herz gelegt.

Die sogenannte „Variante Süd“sieht einen zweigescho­ssigen Neubau anstelle der Grundschul­e vor, etwas abgerückt vom jetzigen Standort. Diese sei im Vergleich zur „Variante Nord“, die sich eng an die Vorgaben der Machbarkei­tsstudie hält, die wirtschaft­lichere und zugleich attraktive­re Lösung.

Wie kam es zur Abweichung? In der Ubv-sitzung am 16. März stellten die Planungsbü­ros ihre Ergebnisse der intensiven Grundlagen­ermittlung (Leistungsp­hase eins) ausführlic­h vor. Stark vereinfach­t lässt sich zusammenfa­ssen, dass die bestehende Elektrotec­hnik sowie die sanitär-, heizungsun­d lüftungste­chnischen Anlagen größtentei­ls erneuert werden müssen. Das wohl größte Kopfzerbre­chen bereitete jedoch die Statik der Gebäudetei­le

der Gemeinscha­ftsschule (Bauteile C und D): Es wurde festgestel­lt, dass der ursprüngli­ch geplante An- und Umbau mit Flachdach zu erhöhten Belastunge­n des Tragwerks führen würde, die nur mit einer aufwendige­n und kosteninte­nsiven Verstärkun­g der bestehende­n Gründung ausgeführt werden können. Grund genug für die Architekte­n nach einer wirtschaft­licheren Lösung zu suchen.

Zu Beginn der daraufhin gestartete­n Leistungsp­hase zwei (Vorplanung) haben sich die Stadtverwa­ltung, die Architekte­n und die Projektste­uerer nochmals mit den Schulen getroffen, um das Flächenlay­out, also die notwendige­n Räume, zu überprüfen. Dabei wurde bemerkt, dass das Raumprogra­mm in der Machbarkei­tsstudie die Räume der Schulsozia­larbeit und drei Lagerräume der Gemeinscha­ftsschule mit insgesamt 155 Quadratmet­ern nicht berücksich­tigt. „Aus welchem Grund auch immer“, so Projektste­uerer Thomas Kaltenmark, jedenfalls sei es gelungen, in Abstimmung

mit den Schulen das Raumprogra­mm so weit zu komprimier­en, dass die Fläche der Klassenzim­mer (Programmfl­äche) nun sogar unterschri­tten werde. Die gute Nachricht: Der Raumbedarf des Buigen-gymnasiums kann im Bestand abgebildet werden, demnach kann man auf den ursprüngli­ch angedachte­n „Lückenfüll­er“an der nördlichen Gebäudesei­te verzichten. Lediglich der Verwaltung­strakt muss zu einem späteren Zeitpunkt erweitert werden.

Vor- und Nachteile Variante Süd

Worin bestehen die Vor- und Nachteile der Variante Süd? Von Nachteil sei lediglich, dass das bestehende Grundschul­gebäude erst abgerissen werden müsse und nicht zunächst erhalten bleiben könne, und dass voraussich­tlich zwei Aufzüge verbaut werden müssen (einer außen an die Gemeinscha­ftsschule und einer im Neubau). In der Variante Nord sei hingegen nur ein Aufzug notwendig, der aber unter starken

baulichen Eingriffen werden müsste.

Für die Variante Süd spreche unter anderem, dass vorerst wenig Eingriffe in den Bestandsge­bäuden der Gemeinscha­ftsschule notwendig seien und die Sanierung später erfolgen könne. Zudem seien die Geschosshö­hen in dieser Variante unabhängig vom Bestand: Der bestehende Bauteil D hat im Erdgeschos­s nicht die heute erforderli­che Mindesthöh­e eines Klassenzim­mers, im Anbau hätte man diese aufnehmen müssen. Außerdem seien keine aufwendige­n Gründungse­rtüchtigun­gen in den Bauteilen C und D notwendig und für den Erweiterun­gsbau geringere Störungen zu erwarten als bei einer direkten Andockung an die Bauteile C und D. Darüber hinaus komme die Kostengrup­pe Baukonstru­ktion und Bautechnik circa zwölf Prozent günstiger, weil eben die komplizier­te Andockung eines Anbaus wegfalle.

Die wohl drängendst­e Frage des Gemeindera­ts nach den Gesamtkost­en

installier­t

konnten und wollten sowohl die Planer als auch Dieter Frank, Fachbereic­hsleiter Bau in der Stadtverwa­ltung, noch nicht beantworte­n. „Es wäre absolut unprofessi­onell, in diesem frühen Stadium eine Zahl zu nennen. Wir steigen jetzt in eine erste Kostenschä­tzung und bauterminl­iche Planung ein“, so Projektste­uerer Kaltenmark.

Nach Ansicht von Stadtrat Hermann Mader (Freie Wähler) sei es richtig gewesen, den Standort des Erweiterun­gsbaus noch mal gründlich zu überdenken, aber jetzt müsse man „in die Puschen kommen“: „Lehrer und Schüler warten.“Auch seiner Fraktionsk­ollegin Petra Reiss gefällt die Variante Süd besser, besonders aus pädagogisc­her Sicht: „Dadurch ist eine klarere Trennung von jüngeren und älteren Schülern möglich“, so die Erzieherin.

In der Variante Süd ist der Bauteil D allein der Gemeinscha­ftsschule vorbehalte­n und der Neubau überwiegen­d der Grundschul­e – im ersten Stock werden noch

Räume der Gemeinscha­ftsschule angesiedel­t. Der Bauteil D ist mit dem Neubau durch einen Steg verbunden. Außerdem erhält jede Schulart ihren eigenen Schulhof. In der Variante Nord würde es einen großen Schulhof für alle geben und im Bauteil D mit Anbau würden sowohl Grundschul­e (Erdgeschos­s) als auch Gemeinscha­ftsschule (erstes und zweites Obergescho­ss) unterkomme­n, wenn auch mit separaten Zugängen.

Thilo Eckermann (SPD) zeigte sich froh, dass sich mit der Variante Süd das Statik-problem erledigt habe, welches ihm „als Laien Bauchschme­rzen bereitet“hätte. Robert Smejkal (CDU), der als Inhaber eines Handwerksb­etriebs durchaus Erfahrung auf dem Bau und speziell mit Schulsanie­rungen habe, konnte sich mit der neuen Variante nicht anfreunden, da seiner Meinung nach ein Neubau weniger nachhaltig sei, als ein bestehende­s Gebäude an- und umzubauen.

„Anfangs hat mir die Variante Süd auch nicht gefallen, doch inzwischen bin ich von ihr überzeugt“, so Bürgermeis­ter Daniel Vogt. Auch die Bibrisschu­le (Grund- und Gemeinscha­ftsschule) würde die Variante Süd bevorzugen, die vom Herbrechti­nger Gemeindera­t letztlich bei drei Enthaltung­en mehrheitli­ch beschlosse­n wurde.

 ?? Foto: Geyer-luftbild/grafik: Janine Mack ?? Das Bibrisschu­lzentrum besteht aus dem Buigen-gymnasium (Bauteil A in Gelb), der Grundschul­e (Bauteil G in Pink) und der Gemeinscha­ftsschule (Bauteile C und D in Rot und Orange). Die Verwaltung mit den Lehrerzimm­ern ist im Teil B (grün).
Foto: Geyer-luftbild/grafik: Janine Mack Das Bibrisschu­lzentrum besteht aus dem Buigen-gymnasium (Bauteil A in Gelb), der Grundschul­e (Bauteil G in Pink) und der Gemeinscha­ftsschule (Bauteile C und D in Rot und Orange). Die Verwaltung mit den Lehrerzimm­ern ist im Teil B (grün).
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