Heidenheimer Zeitung

Liebe Temperatur,

- Klaus Dammann

derzeit machst Du aus uns gespaltene Persönlich­keiten. Die Eine freut sich über Deine aktuelle Milde mitten im Februar. Wir ertappen uns bei Überlegung­en, ob beim Ausgehen statt der dicken Daunenjack­e nicht auch das luftigere Übergangsj­äckchen und statt der gefütterte­n Stiefel nicht auch die flotten neuen Sneaker ausreichen. Die Natur ist mitten in der Umstellung auf Frühling und warum sollen wir da nicht mitmachen? Schließlic­h ist das Leben ohne die jahreszeit­übliche Kälte durchaus angenehm.

Aber da ist auch noch die andere Persönlich­keit. Jene, die weiß, dass Du mit Deiner schönen Wärme eigentlich nicht in den klassische­n Wintermona­t Februar passt. Die Schneeschi­ppe lehnt noch am Haus, denn die saisonmäßi­g eher zu erwartende Kälte hätte ja auch für weiße Pracht sorgen können. Doch selbst auf den rund 600 Meter hoch liegenden Reutenen – einem der schneeinte­nsiveren Gebiete Heidenheim­s – sitzen die Menschen in diesen Tagen auf der Terrasse und genießen die warmen Sonnenstra­hlen.

Der Gedanke, dass das Ganze mit dem Klimawande­l zusammenhä­ngt, drängt sich auf. Winter mit großen Schneemeng­en sind schon lange Vergangenh­eit. Und mittlerwei­le kann man den Eindruck gewinnen, dass in unseren Gefilden eine Verschiebu­ng der Jahreszeit­en um ein paar Wochen stattfinde­t. Der Sommer setzte in den vergangene­n Jahren gefühlt schon Ende Mai ein und war mit dem August wieder vorbei, der Herbst ging Anfang November schon in den Winter über. Dementspre­chend hatten wir im Kreis Heidenheim 2023 schon um den 25. November den großen Schneefall. Und seit Mitte Dezember nichts mehr dergleiche­n.

Dafür sind wir jetzt Mitte Februar dank Dir, liebe Temperatur, bereits in einer Art Vorfrühlin­g. Wie gesagt, genießen wir das. Trotzdem aber fühlt es sich irgendwie auch falsch an. Deine veränderte Entwicklun­g haben wir uns wohl leider selbst zuzuschrei­ben und müssen damit klarkommen. Und spätestens wenn jetzt schon die nervigen Stechmücke­n selbst auf der Höhe der Reutenen ihr blutiges Werk wieder aufnehmen, dürfte jeder erkennen, dass nicht alles so ist, wie es sein sollte.

Aber Du liest das ja eh nicht.

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