Liebe Temperatur,
derzeit machst Du aus uns gespaltene Persönlichkeiten. Die Eine freut sich über Deine aktuelle Milde mitten im Februar. Wir ertappen uns bei Überlegungen, ob beim Ausgehen statt der dicken Daunenjacke nicht auch das luftigere Übergangsjäckchen und statt der gefütterten Stiefel nicht auch die flotten neuen Sneaker ausreichen. Die Natur ist mitten in der Umstellung auf Frühling und warum sollen wir da nicht mitmachen? Schließlich ist das Leben ohne die jahreszeitübliche Kälte durchaus angenehm.
Aber da ist auch noch die andere Persönlichkeit. Jene, die weiß, dass Du mit Deiner schönen Wärme eigentlich nicht in den klassischen Wintermonat Februar passt. Die Schneeschippe lehnt noch am Haus, denn die saisonmäßig eher zu erwartende Kälte hätte ja auch für weiße Pracht sorgen können. Doch selbst auf den rund 600 Meter hoch liegenden Reutenen – einem der schneeintensiveren Gebiete Heidenheims – sitzen die Menschen in diesen Tagen auf der Terrasse und genießen die warmen Sonnenstrahlen.
Der Gedanke, dass das Ganze mit dem Klimawandel zusammenhängt, drängt sich auf. Winter mit großen Schneemengen sind schon lange Vergangenheit. Und mittlerweile kann man den Eindruck gewinnen, dass in unseren Gefilden eine Verschiebung der Jahreszeiten um ein paar Wochen stattfindet. Der Sommer setzte in den vergangenen Jahren gefühlt schon Ende Mai ein und war mit dem August wieder vorbei, der Herbst ging Anfang November schon in den Winter über. Dementsprechend hatten wir im Kreis Heidenheim 2023 schon um den 25. November den großen Schneefall. Und seit Mitte Dezember nichts mehr dergleichen.
Dafür sind wir jetzt Mitte Februar dank Dir, liebe Temperatur, bereits in einer Art Vorfrühling. Wie gesagt, genießen wir das. Trotzdem aber fühlt es sich irgendwie auch falsch an. Deine veränderte Entwicklung haben wir uns wohl leider selbst zuzuschreiben und müssen damit klarkommen. Und spätestens wenn jetzt schon die nervigen Stechmücken selbst auf der Höhe der Reutenen ihr blutiges Werk wieder aufnehmen, dürfte jeder erkennen, dass nicht alles so ist, wie es sein sollte.
Aber Du liest das ja eh nicht.