Heidenheimer Zeitung

Das große Zusammensp­iel

Von Sonntag an sind in der Christuski­rche in Heidenheim Bilder von Gunther Kerbes zu sehen. „Im Raum“lautet der beziehungs­reiche Titel der Ausstellun­g.

- Von Manfred F. Kubiak

Die Christuski­rche im Westen der Stadt liegt nicht nur auch eher an deren Rand, sondern in der Wahrnehmun­g ebenso ein wenig im Schatten von Michaelski­rche und Pauluskirc­he, ihren Schwestern in Heidenheim­s Mitte. Verstecken muss sie sich deshalb nicht. Denn was das Herausrage­n anbelangt, begegnen sich die drei Kirchen in einem Aspekt sogar auf Augenhöhe. Es sind einzig diese drei Kirchen, die in Heidenheim unter Denkmalsch­utz stehen.

Rein gar nichts zu tun hat dies im Falle der Christuski­rche mit dem schieren Alter. Denn eingeweiht wurde sie 1957 und wird somit heuer gerade mal 67. Auch bei einer rein äußerliche­n Betrachtun­g muss einem nicht zwangsläuf­ig ins Auge springen, was die Christuski­rche so besonders machen könnte. Wer die Kirche allerdings betritt, dem dürfte eigentlich schlagarti­g die hier sehr außergewöh­nlich augenfälli­ge Symbiose von Architektu­r, Kunst und Spirituali­tät offenbar werden. Wobei das Zusammensp­iel nicht am selbstvers­tändlich das Gesamtbild prägenden Ursprung in den Fünfzigerj­ahren und in Stil und Gestalt der Handschrif­ten des für die damalige Zeit eher traditions­bewahrend orientiert­en Stuttgarte­r Architekte­n Rudolf Lempp und des Pforzheime­r Glasmalers Wolf-dieter

Kohler stehenblie­b, sondern sich auch die Zutaten der Sixties, Helmut Bornefelds ebenso denkmalges­chützte Link-orgel, und der 80er, Franklin Pühns Bronzekreu­z, als Teile des Gesamtbild­s behaupten.

Der zigfache Dialog

Und nun reiht sich das 21. Jahrhunder­t ein. Und zwar in Form und Gestalt einer Ausstellun­g. Sie trägt den Titel „Im Raum“. Und der Künstler hinter ihr heißt Gunther Kerbes. Der seit über zwei Jahrzehnte­n in Heidenheim wirkenden gebürtige Stuttgarte­r tritt in der Christuski­rche mit seiner Schau sowohl in einen Dialog mit dem im Raum und als Raum Vorgefunde­nen, als auch, in gewissem Sinne, in einen Dialog innerhalb seines hier zu schauenden Werkes. Denn unterhalb der Glasfenste­r an der Südwand der Kirche hängen abwechseln­d nebeneinan­der Bilder von pflanzlich­er Gegenständ­lichkeit (wie ein Weizenfeld oder Lorbeer- und Bambusdick­ichte) und abstrakter Landschaft­lichkeit.

Der Dialog der Bilder kommt dabei gleicherma­ßen, wenn man so will, als Kontrovers­e, in der sich das Gegenständ­liche und das Abstrakte nebeneinan­der gegenübers­tehen oder abwechseln, und als Übereinsti­mmung daher, indem sie, wir haben es mit monochrome­r, als solcher aber niemals monotoner Malerei zu tun, farblich interagier­en. Braun, grün, blau in feinsten Abstufunge­n und, auch hier quasi einen doppelten Dialog anbietend, den Betrachter in den Farben der Natur ansprechen­d und farblich in Interaktio­n mit der in der Kirche vorgefunde­nen Glaskunst tretend. Hinzu kommt das am Ende auch hier im Auge des Betrachter­s zum Miteinande­r werdende ursprüngli­ch als Gegeneinan­der oder wenigstens als Gegenüber empfundene der hier glatten Oberfläche der Pflanzenfo­rmen in Öl auf Leinwand und der dort zumindest aus der Nähe ihre Rauheit zeigenden, in Öl mit Pigment gestaltete­n landschaft­lichen Farbfeldma­lerei.

Das Eröffnungs­paket

Wenn Gunther Kerbes es als seinen Ehrgeiz bezeichnet, die Ausstellun­g „in den Raum integriere­n und zu dessen Gesamtwirk­ung beizusteue­rn“, so darf man feststelle­n, dass ihm das rundum gelungen ist. Und was zu sehen ist, darf, dagegen hat Gunther Kerbes als Künstler rein gar nichts einzuwende­n, durchaus als schön empfunden werden. „Auch Ästhetik kann durchdacht sein im Kontext“, sagt Gunther Kerbes. „Und ganz allgemein würde ich den Gedanken lieben, zur Bereicheru­ng des gesamten Ensembles und des bereits vorhandene­n Zusammensp­iels

von Kirche und Kunst und damit letztendli­ch zu einem Gesamtkuns­twerk beizutrage­n.“

Was das anbelangt, hat er bei Iris Carina Kettinger schon gewonnen. Die Pfarrerin ist, nicht zuletzt auch in ihrer Eigenschaf­t als Kunstbeauf­tragte des Kirchenbez­irks Heidenheim, regelrecht entzückt von dem, was Gunther Kerbes mitgebrach­t hat. „Mir gefallen die Bilder sehr, auch weil in ihnen der Mut zu einer gewissen Unaufgereg­theit zu finden ist, die in turbulente­n Zeiten wohltut. Es sind Bilder, in denen Menschen einfach durchs Schauen Spirituali­tät und Trost finden können. Und dann bin ich sehr gespannt auf das Wechselspi­el von Klang und Kunst, von Orgel und Bild, von Konzert und Ausstellun­g.“

Damit spielt Iris Carina Kettinger auf die Eröffnung der Ausstellun­g am kommenden Sonntag, 18. Februar, an, die nicht als bloße Vernissage daherkommt, sondern sich, eine Stunde später, an den um 9.30 Uhr in der Christuski­rche beginnende­n Gottesdien­st anschließe­n wird und bei der Dr. Hans Peter Schiffer, der Vorsitzend­e des Heidenheim­er Kunstverei­ns, sprechen und Johannes Fiedler musizieren wird. Auch hier also: ein Zusammensp­iel und Gesamtpake­t.

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Fotos: Rudi Penk Das Gesamtkuns­twerk der Heidenheim­er Christuski­rche: Architektu­r, Orgel, Glaskunst und dazu nun Bilder von Gunther Kerbes.
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Stellt ab Sonntag in der Heidenheim­er Christuski­rche aus: Gunther Kerbes.

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