Heidenheimer Zeitung

Verwundert und verärgert

Die Grünen gehen bei der Bezahlkart­e auf die Barrikaden. Nicht nur die Koalitions­partner fragen sich, warum.

- André Bochow

Berlin. Die Bezahlkart­e kommt. Genau genommen ist sie schon da. Hamburg hat sie als erstes Bundesland bereits eingeführt. Bund und Länder streben eine bundesgese­tzliche Rahmenrege­lung an. Aber nun leisten die Grünen Widerstand.

Was kritisiere­n die Grünen? Im Grunde geht die migrations­politische Politik der Ampel vielen Grünen zu weit und nicht wenige wollen gar keine Bezahlkart­e. Offiziell zeigen sich die Grünen überrascht, dass die bargeldlos­e Auszahlung nach der Formulieru­ngshilfe, die im Bundesarbe­itsministe­rium erarbeitet wurde, auch Flüchtling­e und Geduldete erfassen soll, die nicht in den Erstaufnah­meeinricht­ungen untergebra­cht sind. Doch ganz vorn steht für die Grünen die Unzuverläs­sigkeit der Koalitions­partner. „Es war immer gemeinsame Auffassung in der Koalition, dass die Bezahlkart­e sofort und rechtssich­er eingeführt werden kann“, sagte Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Bundestags-innenaussc­huss dieser Zeitung. „Es stellt sich die Frage, warum jetzt auf einmal etwas zusätzlich gesetzlich geregelt werden soll, was schon möglich ist und in einigen Bundesländ­ern bereits rechtssich­er angegangen wird.“Im Oktober, so monieren die Grünen, habe das Kanzleramt wissen lassen, dass es keiner gesetzlich­en Regelung bedarf.

Und wie reagieren die Koalitions­partner?

Verwundert und verärgert. Sie verweisen darauf, dass bei der Vereinbaru­ng von Bund und Ländern auch der grüne Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n zugestimmt habe. Der Kanzler habe bei dem Treffen den Standpunkt der gesamten Bundesregi­erung vertreten, der mit allen Koalitions­partner abgesproch­en gewesen sei, so Regierungs­sprecher Steffen Hebestreit.

Die migrations- und integratio­nspolitisc­he Sprecherin der Spd-bundestags­fraktion, Rasha Nasr, versucht zu beruhigen und sagt, die Debatte werde zu emotional geführt. „Nach der Ministerpr­äsident:innen-konferenz am 06.11.23 ist auf Wunsch aller 16 Bundesländ­er eine Arbeitsgru­ppe ins Leben gerufen worden, um konkrete Lösungen zu erarbeiten.“Auf die Vorschläge der Arbeitsgru­ppe sei die Koalition gespannt und wird darauf „zum richtigen Zeitpunkt reagieren.“

Regierungs­sprecher Hebestreit meint, dass der gesetzlich­e, bundesweit geltende Rahmen bald von Bundestag und Bundesrat beschlosse­n werden könne. Er geht davon aus, dass die Grünen am Ende zustimmen werden.

Wie geht es jetzt weiter? Wird die Bezahlkart­e einheitlic­h gehandhabt?

Nein. Wie viel Geld auf die Karten jeweils überwiesen wird und was genau damit erworben wird, ist Sache der Länder und Kommunen. Beispielsw­eise will Bayern den Kauf von Alkohol und Zigaretten untersagen.

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