Verwundert und verärgert
Die Grünen gehen bei der Bezahlkarte auf die Barrikaden. Nicht nur die Koalitionspartner fragen sich, warum.
Berlin. Die Bezahlkarte kommt. Genau genommen ist sie schon da. Hamburg hat sie als erstes Bundesland bereits eingeführt. Bund und Länder streben eine bundesgesetzliche Rahmenregelung an. Aber nun leisten die Grünen Widerstand.
Was kritisieren die Grünen? Im Grunde geht die migrationspolitische Politik der Ampel vielen Grünen zu weit und nicht wenige wollen gar keine Bezahlkarte. Offiziell zeigen sich die Grünen überrascht, dass die bargeldlose Auszahlung nach der Formulierungshilfe, die im Bundesarbeitsministerium erarbeitet wurde, auch Flüchtlinge und Geduldete erfassen soll, die nicht in den Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht sind. Doch ganz vorn steht für die Grünen die Unzuverlässigkeit der Koalitionspartner. „Es war immer gemeinsame Auffassung in der Koalition, dass die Bezahlkarte sofort und rechtssicher eingeführt werden kann“, sagte Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Bundestags-innenausschuss dieser Zeitung. „Es stellt sich die Frage, warum jetzt auf einmal etwas zusätzlich gesetzlich geregelt werden soll, was schon möglich ist und in einigen Bundesländern bereits rechtssicher angegangen wird.“Im Oktober, so monieren die Grünen, habe das Kanzleramt wissen lassen, dass es keiner gesetzlichen Regelung bedarf.
Und wie reagieren die Koalitionspartner?
Verwundert und verärgert. Sie verweisen darauf, dass bei der Vereinbarung von Bund und Ländern auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann zugestimmt habe. Der Kanzler habe bei dem Treffen den Standpunkt der gesamten Bundesregierung vertreten, der mit allen Koalitionspartner abgesprochen gewesen sei, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Die migrations- und integrationspolitische Sprecherin der Spd-bundestagsfraktion, Rasha Nasr, versucht zu beruhigen und sagt, die Debatte werde zu emotional geführt. „Nach der Ministerpräsident:innen-konferenz am 06.11.23 ist auf Wunsch aller 16 Bundesländer eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen worden, um konkrete Lösungen zu erarbeiten.“Auf die Vorschläge der Arbeitsgruppe sei die Koalition gespannt und wird darauf „zum richtigen Zeitpunkt reagieren.“
Regierungssprecher Hebestreit meint, dass der gesetzliche, bundesweit geltende Rahmen bald von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden könne. Er geht davon aus, dass die Grünen am Ende zustimmen werden.
Wie geht es jetzt weiter? Wird die Bezahlkarte einheitlich gehandhabt?
Nein. Wie viel Geld auf die Karten jeweils überwiesen wird und was genau damit erworben wird, ist Sache der Länder und Kommunen. Beispielsweise will Bayern den Kauf von Alkohol und Zigaretten untersagen.